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Vichtenstein

Geschichte:

Des Gebiet von Vichtenstein gehörte im 11. Jahrhundert den bedeutenden Grafen von Formbach, die eine eigene Vichtensteiner Linie gründeten. 1116 nannte sich erstmals ein Graf Dietrich nach Vichtenstein, 1125 verkaufte er die Stammburg Formbach und wählte Vichtenstein als neuen Herrschaftsmittelpunkt. Bereits 1145 starb die Linie jedoch aus, das Erbe fiel an die bayrischen Grafen von Hall und Wasserburg, die sich teilweise auch Grafen von Vichtenstein nannten, woraus wohl zu schließen ist, dass zumindest einige hier residierten. Gleichzeitig sind Ministerialen nachweisbar, die als Burggrafen den Besitz verwalteten. 1218 schloss Graf Konrad in einer eigenen Kaiserurkunde vor einem Kreuzzug nach Ägypten mit Bischof Ulrich von Passau einen Pfandvertrag, der diesem im Fall des Todes von Konrad die Herrschaft Vichtenstein zusicherte. Trotz seiner gesunden Rückkehr kam es zum langjährigen Streit, der 1227 mit dem Erwerb durch Passau gipfelte, jedoch erst nach weiteren Zahlungen 1245 endete. Schon 1227 ließ der Bischof den Burgturm besetzen, womit dieser erstmals explizit belegt wird. Nach dieser stürmischen Zeit ist die Passauer Burghut urkundlich bekannt, die neben den Burgpflegern, die im Turm wohnten, einen Pfeilschützen, einen Pförtner und sechs Wächter umfasste. In der Folge wurde Vichtenstein als Passauer Verwaltungszentrum für den umliegenden Besitz eingerichtet. Im 14. Jahrhundert wurde die Herrschaft mehrfach verpfändet, unter anderem kam sie in die Abhängigkeit der Grafen von Schaunberg. Nach langer Zeit unbedeutender Pfleger wurde 1782 der Landgerichtsbezirk Vichtenstein an Österreich abgetreten, es folgte die Eingliederung ins Bistum Linz, schließlich fiel 1803 nach der Säkularisierung des Passauer Fürstbistums die Herrschaft Vichtenstein samt den 109 zugehörigen Dörfern an Österreich. 1862 verkaufte die Nationalbank den Besitz an den Fabrikaten Laurenz Fölser, 1864 folgte Graf Falkenhagen, 1868 Graf von Pachta, in dessen Familie die Burg bis 1938 blieb.
(P.S.)

Bauentwicklung:

Bedeutende Baureste der seit dem frühen 12. Jh. urk. erschließbaren Dynastenburg der Gfn. v. Formbach haben sich im Untergeschoss des donauseitigen Trakts erhalten. Der 1227 genannte Turm dürfte mit dem bis heute erhaltenen Bergfried zu identifizieren sein. Im 14. und 15. Jh. wurde die Burg in bischöflich-Passauischem Besitz bzw. von div. Pächtern in mehreren Phasen ausgebaut, wobei aufgrund des weitgehenden Verputzes keine exakten Unterscheidungen möglich sind. Auch die schlossartigen Ausbauten der Zeit um 1500 sowie die im 18. Jh. getätigten barocken Adaptierungen der Burgkapelle des 14. Jhs. können nach derzeitigem Kenntnisstand keiner Besitzerfamilie gesichert zugewiesen werden.

Baubeschreibung:

Die komplexe, malerisch auf einem abgesetzten Hang über dem breiten Donautal gelegene Anlage hat trotz teilweise schlossartiger Überformung ihren mittelalterlichen Burgcharakter bewahrt. Auf dem ovalen, durch einen künstlichen Graben vom ansteigenden Hang getrennten Hügelsporn liegt zentral ein erhöhtes, großteils unbebautes Felsplateau, das ringförmig vom ansteigenden Burgweg bzw. vom Burghof mit den Wohnbauten umschlossen wird.
Die ältesten erhaltenen Bauten befinden sich jedoch nicht auf dem Felsen, sondern im Keller des nördlichen Wohntraktes. Hier zeichnet sich auf trapezförmigem Grundriss ein maximal 12 x 30 m großer Baukörper ab, dessen kleinformatiges quaderhaftes Mauerwerk in homogenen Einzellagen wohl dem 12. Jh. zuzuordnen ist. Gegen Westen hat sich ein primäres romanisches Rundbogenportal erhalten. Nach Südosten sind spärliche Reste einer gleichartigen Ringmauer erkennbar, die zum Felsplateau führen. Am nördlichen Wohnbau findet sich ein sekundär eingebautes, halbkreisförmiges Tympanon mit der Büste eines bartlosen Mannes, das vielleicht als Türsturz der ehemaligen romanischen Kapelle gedient hat. Insgesamt lässt sich rekonstruieren, dass die Burg im Hochmittelalter wohl zunächst auf dem ovalen Felsplateau von etwa 25 m Durchmesser gegründet wurde, wovon sich jedoch keine sichtbaren Reste erhalten haben. Noch im 12. Jh. wurde sie dreieckig nach Norden erweitert und hier ein geräumiger Palas angelegt. Im 13. Jh. entstand auf dem Felsen der heute dominante Bergfried. Sein grob lagig gesetztes Bruchsteinmauerwerk wird an den Ecken von nur an der Kante quaderhaft zugerichteten Buckelquadern aus ortsfremden Granit gerahmt, in der Mauerfläche deuten durchgehende Mörtelbänder bereits auf Ansätze einer Kompartimentstruktur. Der rundbogige Hocheinstieg besaß einst zwei Schubriegel, über Mauertreppen gelangt man in die Obergeschoße, während die unteren Niveaus durch eine seitliche Leiternische erreichbar waren. Sie sind heute durch einen rezenten Hofdurchbruch zugänglich. Sowohl das Mauerwerk, als auch die Verwendung von Buckelquadern werden allgemein erst um die Mitte des 13. Jhs. üblich, dennoch taucht der Turm bereits 1227 urkundlich auf. Da der Burgbesitzer damals erst aus einem 1218 gestarteten Kreuzzug zurückkam, muss der Turm entweder entsprechend älter sein, oder aber er wurde kurz zuvor von den Passauer Bischöfen als Pfandinhaber der Herrschaft errichtet, selbst in diesem Fall wirkt das Mauerwerk erstaunlich fortschrittlich. Der obere Teil des Turms entstammt aufgrund der kleinteiligen Struktur jedenfalls einer Aufstockung der Zeit um 1300, nach Resten eines Balkenkranzes sowie einer Rundbogentür gab es unter einem Rundbogenfenstergeschoß einst einen umlaufenden Holzwehrgang. Im 14. und 15. Jh. wurde die Burg in mehreren Phasen ausgebaut, wobei aufgrund des weitgehenden Verputzes keine exakten Unterscheidungen möglich sind. Man ummantelte den älteren Palas, ersetzte weitgehend die älteren Ringmauern, errichtete einen neuen Osttrakt und erweiterte die wohl ältere Burgkapelle mit einem weit vorspringenden kreuzrippengewölbten Polygonalchor. In einer historischen Abbildung bei Cori sind noch Ruinen eines großen Wohnbaus erkennbar, der den Platz zwischen Kapelle und Turm belegte. Ab dem ausgehenden 15. Jh. wurde der heutige hakenförmige Schlossbau errichtet, der mit spätgotischen Fenstern und Schlüssellochscharten sowie einem geräumigen Stiegenhaus, zwei Turmvorbauten und einem bemerkenswerten Abortturm bereits neuesten Ansprüchen an den Wohnkomfort entsprach. Gleichzeitig entstand im Süden der Burg ein großes Torhaus mit Spitzbogenportal und Zugbrücke, von dem beidseitig Zwingermauern um die Burg führten. Das heutige Aussehen der Kapelle mit Glockentürmchen sowie die meisten Fenster entstammen dem 18. Jh. In jüngster Zeit wurden neben dem Torbau in Leichtbauweise kleine Zubauten errichtet, die das stimmige Ambiente der Burg jedoch kaum stören.
(P.S.)