EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Kaiserebersdorf

Geschichte:

Die erste Schriftquelle, die sich eindeutig auf die Gegend von (Kaiser-) Ebersdorf bezieht, den Ortsnamen aber nicht nennt, stammt aus dem Jahre 1162. Kaiser Friedrich I. Barbarossa schenkte einem Konrad "qui dicitur de Prato" ein Allod (freien Grundbesitz) "quod vulgo dicitur Pratvm", das von der Schwechat und der Donau bei Mannswörth eingegrenzt wurde, auf dem die spätere Burg entstand.
Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nennt sich eine Ministerialenfamilie nach Ebersdorf, die aus dem Ministerialengeschlecht von Himberg hervorging. Konrad von Ebersdorf vermacht in einem Testament aus dem Jahr 1269 seinen Söhnen Markwart, Reinprecht und Kalhoch seine Burg Ebersdorf und seinen Besitz in Ebersdorf. Der Bestand einer Burg in Ebersdorf ist somit für diese Zeit gesichert. Die Burg bleibt bis 1499 Herrschaftsmittelpunkt der Herren von Ebersdorf. In diesem Jahr müssen die Ebersdorfer die Burg den Habsburgern überlassen, die sie cirka 50 Jahre danach zu einer landesfürstlichen Jagdresidenz ausbauen. Während der zweiten Türkenbelagerung im Jahre 1683 wurde das Schloss stark in Mitleidenschaft gezogen. In den Jahren 1687-89 fanden daher umfangreiche Renovierungs- und Ausbauarbeiten am Schloss statt. 136 000 Gulden wurden zu "Widererheb- vnnd erbauung" des Schlosses in Ebersdorf ausgegeben. Kaiserin Maria Theresia entschied, das Schloss Ebersdorf als Residenz aufzugeben. 1745 wurde es zu einem Arbeitshaus für Arme und Bettler umgewidmet. 1773 wurde es Artilleriekaserne und 1868 Infanteriekaserne. Von 1883 bis 1918 war es k. u. k. Monturdepot, ab 1921 Jugendstrafanstalt. Seit 1975 befindet sich im Schloss die Justizanstalt Wien-Simmering.
(H.K.)

Bauentwicklung:

Die ältesten dokumentierten Bauteile (Palas, Bering) stammen aus dem 13./14. Jh. und lassen sich dem Ministerialengeschlecht der Ebersdorfer zuordnen. Den urkundlich um die M. d. 16. Jhs. fassbaren Ausbauten durch die Habsburger zur Jagdresidenz sind in Einwölbungen sowie Aufstockungen des sog. Uhrtrakts und im Neubau des Zöglingstrakts fassbar. Nach den Zerstörungen im Verlauf der 2. Türkenbelagerung Wiens 1683 erfolgen 1687-89 die Errichtung von Schlosskapelle, Kanzleitrakt und Südtrakt.

Baubeschreibung:

Die aus mehreren Gebäuden bestehende Anlage ist das Produkt einer Jahrhunderte andauernden Bautätigkeit. Die Burg wurde immer wieder erweitert, verändert und repariert und - mit größerem Wohnkomfort versehen - zum Schloss ausgebaut.
Reste der ehemals vorhandenen Befestigung und möglicherweise eines Vorgängerbaus kamen bei Ausgrabungen der Stadtarchäologie Wien in den Jahren 1994/95 zutage. Die ausgegrabene Befestigung im nördlichen Teil des Schlossareals bestand aus einem mit Mauern eingefassten inneren Wassergraben, einem Zwinger, einer mit Türmen versehenen Umfassungsmauer, einer Palisade und einem äußeren Wassergraben, der ehemals vom Schwechat-Fluss gespeist wurde. Die Befestigung wurde im wesentlichen ins 14. Jh. datiert (Phase II). Ältere Bereiche der Umfassungsmauer konnten anhand der Mauerwerksstrukturen an der West- und an der Ostseite festgestellt werden, sie stammten wohl noch aus dem 13. Jh. Die Türme der Umfassungsmauer dürften in der ersten Hälfte des 16. Jh. aufgegeben worden sein. Bemerkenswert war der Rest einer Quadermauerecke, die ab dem 14. Jh. die nordöstliche Ecke der inneren Wassergrabenfuttermauer bildete. Ihre äußere Schale bestand aus Quadern, der Kern aus Bruchsteinmauerwerk. Dieses Mauerwerk lässt sich anhand von Mauerwerksvergleichen ins 13. Jh. datieren und könnte von einem Vorgängerbau stammen. Vereinzelte Buckelquader befanden sich in der äußeren Futtermauer des inneren Wassergrabens, die hier neben Quadern mit Steinmetzzeichen offenbar spoliert verwendet wurden und von einem Vorgängerbau stammen könnten.
Der älteste, heute noch bestehender Bau ist der sog. Uhrtrakt, ein Vierflügelbau, der den Komplex nach Norden hin abschließt und über Jahrhunderte das Zentrum der Anlage bildete. Die N-Mauer des Nordflügels besteht im Erdgeschossbereich aus Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung. Ein wohl ehemals an dieser Stelle befindlicher Wohnbau war im Erdgeschoss mit in regelmäßigen Abständen versetzten hochrechteckigen Lichtscharten aus gefastem Werkstein belichtet und könnte demnach aus dem 14. Jh. stammen. Ins 15. Jh. bzw. in die erste Hälfte des 16. Jh. wurden die Palisade und eine weitere Mauer im Westen, die der Umfassungsmauer vorgelagert waren sowie Binnenmauern im Uhrtrakt datiert.
Um die Mitte des 16. Jh. wurde die Anlage ausgebaut: Der Uhrtrakt wurde aufgestockt, bekam Gewölbe (z.B. Kreuzgratgewölbe mit angeputzten Graten, Wappen mit Bindenschild und Herzogshut), die heute noch im Erdgeschoss zu sehen sind. Der sog. Zöglingstrakt und der nördliche Verbindungstrakt zwischen Uhrtrakt und Zöglingstrakt entstanden. Nach der zweiten Türkenbelagerung in den Jahren 1687-89 entstanden der Kanzleitrakt, der Südtrakt und die Schlosskapelle, eine einheitliche barocke Fassadengliederung sowie eine neue, vorgelagerte Umfassungsmauer, die im Ausgrabungsbereich nördlich des Schlosses zutage trat.
(H.K.)

Arch-Untersuchung/Funde:

Baubegleitende archäologische Untersuchungen durch die Stadtarchäologie Wien 1994/95