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Inzlingen

Geschichte:

Der Baubeginn des Schlosses wird bisher spekulativ um 1500 oder im 16. Jh. vermutet. Ob an dieser Stelle schon früher eine Burg stand, ist unklar, doch sind weder bauliche Zeugnisse noch schriftliche Erwähnungen bekannt. Das Schloss war lange Zeit Landsitz der Familie Reich von Reichenstein. Die Reich scheinen ursprünglich wohlhabende Bürger von Basel gewesen zu sein und wurden mit der oberen Burg Birseck (Schweiz) belehnt, die sie in Reichenstein umbenannten. Angehörige der Familie waren Bürgermeister von Basel und stellten um 1286-96 mit Peter von Reichenstein sogar einen Basler Bischof. Im Jahre 1294 fasste die Familie rechts des Rheines Fuß, indem Matthias von Reichenstein das Schloss Brombach (bei Lörrach) vom Basler Bischof, seinem Bruder, zum Lehen bekam. Im Jahre 1394 erhielt Heinrich von Reichenstein von Markgraf Rudolf von Hachberg-Rötteln die Hohe Gerichtsbarkeit über Inzlingen als Lehen, wobei die Urkunde keine Burg erwähnt. Bisher unpubliziert, fällt ihre Erstnennung bereits ins Jahr 1470, als bei einer Stiftung durch Heinrich Reich von Reichenstein ein Schloss oder Wasserhaus erwähnt wird. Um 1548 wurden von den Reichensteinern Ökonomiegebäude errichtet. Weitere Baumaßnahmen am Schloss sind bauinschriftlich für 1563 und 1566 belegt. Möglicherweise wurde das Schloss 1678 geplündert und beschädigt. Unter Dominikus Ignaz von Reichenstein erhielt das Schloss im späten 17./frühen 18. Jh. einen barocken Schweifgiebel über dem Tor und eine Außenbemalung. Im frühen 18. Jh. erfolgte auch eine barocke Innenausstattung, um 1750 eine im Stil des Rokoko. Im Rahmen des wirtschaftlichen und politischen Niedergangs wurde 1819 das vom 16. bis zum 18. Jh. mehrfach baulich umgestaltete Schloss verkauft, anschließend als Industriebetrieb (Seidenband-Weberei), Mietshaus und Landwirtschaft genutzt. Erste Bemühungen um die Bausubstanz erfolgten 1936 mit der Restaurierung der barocken Außenbemalung sowie 1940/41 des Dachstuhls und der Stuckdecken.
Das Schloss wurde 1969 von der Gemeinde erworben und bis 1978 als Rathaus revitalisiert. (H.W.)

Bauentwicklung:

Aufgrund der Bauform wird vom Verfasser eine Datierung der Burg in die Zeit um 1400 vorgeschlagen (vgl. Bischoffingen, Kirchhofen, Talvogtei Kirchzarten, Waldsteg). Diese Bauzeit würde auch gut mit dem Zeitpunkt (1394) übereinstimmen, zu dem Heinrich von Reichenstein die Hohe Gerichtsbarkeit über Inzlingen erhielt. Der Rundturm wäre in diesem Fall eine spätere Zutat. Außer einer Planaufnahme wurden bei den Sanierungsarbeiten keine genaueren baugeschichtlichen Untersuchungen durchgeführt. Es sollen sich dennoch zwei Hauptbauphasen abgezeichnet haben: Der älteste, vor 1511 zu datierende Ansitz habe einen rechts des Eingangs gelegenen Wohnbau sowie den Rundturm umfasst; nach Süden habe ein niedriger Stall angeschlossen, der wohl erst im 18. Jh. mit Fachwerk aufgestockt wurde, links des Eingangs eine nicht unterkellerte Scheune gestanden. Der zweiten Phase um 1563-66 sollen der gesamte unterkellerte SO-Trakt und der - ebenfalls unterkellerte - anschließende Bereich des NO-Traktes angehören. Aus der Scheune wäre demnach die vornehme Stube geworden. Dieser nicht überzeugenden Bauabfolge zufolge wäre der hintere Bereich des Baukomplexes allerdings offen und unüberbaut gewesen. Auch wäre eine Scheune sinnvoller im hinteren Teil des Hofes - oder besser noch: außerhalb der Burg - untergebracht gewesen. Sollte sich jedoch die vom Verfasser oben vorgeschlagene Datierung der Burg um 1400 bestätigen, wäre Inzlingen eine der letzten Neugründungen einer Wasserburg weit und breit. Im Umfeld vieler Städte wie Basel, Freiburg i.Br. und Neuenburg am Rhein ist analog zu Rothenburg o.T. oder vor allem Nürnberg zu beobachten, dass reiche Stadtpatrizier wie die Reich von Reichenstein in jener Zeit gerne Burgen als Herrensitze erwarben oder selbst neue Herrensitze erbauten. Sie übernahmen dabei auch Titel und Rechte, traten als Dorfherren oder große Gutsbesitzer auf und nannten sich meist nach ihren Burgen. (H.W.)

Baubeschreibung:

Eine neue Holzbrücke führt von Nordwesten in das Schloss, das ursprünglich über eine Zugbrücke erreicht wurde (Löcher der Zugbrückenseile in situ). Der geschweifte barocke Giebel über dem Tor wurde gemeinsam mit der Fassadenbemalung 1973 rekonstruiert. Die enge, inschriftlich 1563 datierte Tordurchfahrt führt in einen fast quadratischen Innenhof mit einem 1972 installierten Laufbrunnen. Neben dem Tordurchgang liegt im Erdgeschoss der durch eine Fenstersäule ins Jahr 1566 datierte Reichensteiner Saal, dessen bauzeitliche Balkendecke eine rekonstruierte Fassung von 1715/20 trägt. Den hofseitigen Vorraum schmückt eine qualitätvolle Freskoausmalung mit Landschaftsszenen aus der Mitte des 18. Jhs. Der anschließende Wappensaal ist im Stil des Rokoko (Mitte 18. Jh.) gehalten. Im Obergeschoss über dem Reichensteiner Saal erstreckt sich der sog. Rittersaal oder "Saal der vier Jahreszeiten" aus der Mitte des 18. Jhs., der heute der Gemeinde als Trauzimmer dient. Sein Stuck zeigt die vier Schlösser der Familie Reich (Reichenstein, Landskron, Brombach und Inzlingen), die vier Jahreszeiten und als Mittelbild das Wappen der Familie Reichenstein-Jestetten. Weitere Räume mit Kaminen des 16. und 18. Jhs. und Supraporten auf Leinwand (18. Jh.) verteilen sich über das gesamte Schloss. (H.W.)

Arch-Untersuchung/Funde:

Wenige mittelalterliche und neuzeitliche Keramikscherben als Lesefunde außerhalb des Teiches.