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Scharfenstein bei Kiedrich

Geschichte:

Der Bau der Burg wurde entweder von den Mainzer Erzbischöfen oder von den Herren von Bolanden begonnen. Nach dendrochronologischen Daten geschah dies wohl zwischen 1160 und 1180. Im Jahre 1191/95 benennt sich ein Mainzer Domherr nach der Burg ("Waltherus de Scharpenstein"). 1215 wird Scharfenstein erstmals urkundlich unter den Burgen des Mainzer Erzstifts (Erzb. Siegfried II. „apud castellum nostrum Scharpenstein“) aufgeführt. Im 13. Jh. diente sie mehrfach als erzbischöfliche Residenz. Von 1302-1309 wurde die Anlage an König Albrecht ausgeliefert, der Gottfried von Brunnecke als Verwalter einsetzte. Ab 1191 nannte sich eine später vielfach verzweigte Familie nach der Burg, deren Burgmannenschaft ab dem 15. Jh. erbliches Lehen wurde. Sie bekleidete hohe geistliche und weltliche Ämter im weiten Umkreis und starb erst 1718 im Mannesstamm aus. Die Burg war offenbar bereits im 17. Jh. Ruine. Der Turm wurde 1686 durch einen Sturm beschädigt. (H. J. H.; J.F.)

Bauentwicklung:

Die Baugeschichte der Burg ist nicht abschließend geklärt. Der Bergfried könnte vorübergehend allein gestanden haben. Nach Roser entstand die Kernburg jedoch in einem Zug, wobei der Turm allerdings drei Bauphasen aufweist. Ankerholz aus dem oberen Rand des Sockelgeschosses wurde ca. 1140 gefällt, aber wohl erst deutlich später (20-30 Jahre ?) verbaut. Hingegen stammt das im 1. Obergeschoss verwendete Holz aus der Zeit um etwa 1221, das Holz des Obergeschosses hat ein Dendrotatum nach 1260. Die von Kutsch ergrabenen Gebäudereste im Südabschnitt werden ohne Nachweis auf Ende des 12. Jhs. datiert. Roser datiert auch die Ringmauer in diese Zeit. Anlässlich der Belagerung von 1301 wurde die Burg vermutlich beschädigt, da das Erzstift "600 Mark reinen Silbers" in Reparaturen investieren musste. Ab 1340/45 Bedeutungsverlust durch den Bau der Burg in Eltville. 1347 bis 1354 im Besitz der Domherren. Im 16. Jh. noch bewohnt, allerdings enden alle Keramikfunde zu dieser Zeit. Im 30-jährigen Krieg nur noch der Turm als Warte genutzt, 1686 als ruinierter, verwilderter Hausplatz beschrieben. 1880 noch weite Partien der Ringmauer erhalten, Steinmaterial von der Burg in Weinbergmauern und dem Bassenheimer Hof verbaut. 1890/91 wurde ein Gutachten über den baulichen Zustand des Turmes eingefordert und anschließend Reparaturen angemahnt, die die Gemeinde durchführen ließ. Die obersten Mauerlagen und die Decke des Turmes wurden 1957 ergänzt und als Aussichtsplattform zugänglich gemacht, sind aber nunmehr erneut schadhaft. (H. J. H.)

Baubeschreibung:

Die Burg nahm einen nach drei Seiten steil abfallenden Sporn ein. Vom Hang im Norden ist dieser durch einen doppelten, bis 10 m breiten Halsgraben getrennt. Den ovalen Burgbereich sicherte eine ca. 80 m lange, parallel geführte Ringmauer, die an den südlichen bzw. nördlichen Schmalseiten halbrund bzw. polygonal verbunden war. Der nördliche Plateaubereich ist kreisförmig abgeteilt und leicht erhöht; darin, am nördlichen Ende der Ringmauer steht gegen den Halsgraben ein runder, vierstöckiger, ca. 28 m hoher, bewohnbarer Bergfried von 9 m Durchmesser. Über einem verliesartigen Sockelgeschoss hat er einen Hocheingang in 7,20 m Höhe. Im Innern des 1. Obergeschosses befinden sich Kamin, Wandschrank und 2 Lichtschlitze sowie Verputzreste. Der Zugang zu Burg erfolgt entlang des östlichen Bergfriedfelsens. An der westlichen Südspitze befand sich ein teilweise unterkellerter Steinbau, davor ein Brunnen. Nur Teile der unteren Ringmauer sind erhalten, von der Innenbebauung sind keine Reste sichtbar. Die Innenfläche wurde im 20. Jh. zweimal planiert. Über eine Vorburg ist nichts bekannt, allerdings gibt es Mauerreste vor den Halsgräben, die zu einem Wehrturm gehören sollen. (H. J. H.; R. F.)

Arch-Untersuchung/Funde:

1950 und 1987 Grabungen durch F. Kutsch, der Reste von Wohngebäuden im Süden und einen Brunnen (?) freilegte. Keramikfunde und "gotische Fensterzier" . Die Grabungsergebnisse sind nicht veröffentlicht, das Fundmaterial nicht greifbar. Skizzen und handschriftliche Notizen der Grabung von 1987 im Landesmuseum Wiesbaden.