Geschichte:
Die Errichtung der Burg erfolgte aufgrund von Kriegszügen der Anhänger Kaisers Ottos IV., die ab 1208 das Gebiet des Erzbistums Mainz verheerten. Otto war mit dem Kirchenbann belegt worden, den Erzbischof Siegfried II. von Eppstein vollziehen sollte. Siegfried wollte mit der Ehrenfels ein Bollwerk gegen diese Einfälle am nördlichen Rand des Rheingaus errichten.
Der Bauselbst erfolgte durch Philipp von Bolanden zwischen 1208 und 1220 mit seinen Mitteln und mit Hilfe von den Leuten des Erzbischofs. Nach Philipps Tod 1222 wird seine Witwe durch königliche Entscheidung zur Herausgabe der Burg an das Erzbistum Mainz gezwungen, wobei Ehrenfels erstmals erwähnt wird. Das Erzbistum versuchte, dort eine Zollstelle zu etablieren. Zöllner sind 1239 belegbar, jedoch blieb die Angelegenheit bis 1270 strittig. Seit Ende des 13. Jhs. war die Burg oft Aufenthaltsort der Erzbischöfe, u.a. wurde 1374 der Domschatz hierher in Sicherheit gebracht. 1419 wurde Konrad III. hier zum Erzbischof gewählt. Zwischen 1301 und 1307/08 stand die Burg unter Verwaltung durch Gottfried von Brauneck im Auftrag des Reiches, nachdem die Burg durch König Albrecht von Habsburg im "Zollkrieg" gegen die rheinischen Kurfürsten erobert und besetzt worden war. 1337 wurde sie dem Domkapitel verpfändet, an das Ehrenfels schrittweise überging und in der Folge durch dessen Amtsleute verwaltet wurde. 1353 war sie an Kuno von Falkenstein verpfändet, 1356 wurde sie vom Erzbistum gewaltsam besetzt und diente danach als Nebenresidenz. 1392 verpflichtet sich Erzbischof Konrad II., die Eigentumsrechte des Domkapitels an Burg Ehrenfels anzuerkennen. Ihm verblieben die Einkünfte aus Zoll und den anderen Abgaben, andererseits war er zum Unterhalt der Burg verpflichtet und konnte sie mit eigenen Burgmannen besetzen. Bis 1626 gingen schließlich auch die Zolleinnahmen vollständig an das Domkapitel über. Im Dreißigjährigen Krieg wechselte der Besitz über die Burg ab 1631 mehrfach zwischen schwedischen und kaiserlichen Truppen. Ein vom Erzbischof deshalb 1636 ausgegebener Befehl zur Zerstörung der Burg, um fortan ihre Nutzung als Stützpunkt für Plünderungszüge zu verhindern, wurde nicht ausgeführt. 1688/89 wurde Ehrenfels von französischen Truppen besetzt und bei deren Abzug niedergebrannt. 1803 wurde sie mit der Säkularisierung zum nassauischen Dominialgut, kam 1866 an Preußen und 1945 an das Land Hessen. (H. J. H./S. E.)
Bauentwicklung:
Die heutige Burg wurde zwischen 1208 und 1220 erbaut. Möglicherweise befand sich an gleicher Stelle ein Vorgängerbau. Keramikfunde wohl des 12. Jahrhunderts, die auch älter sein könnten, und bauliche Details bestärken eine solche Vermutung. In den Jahren 1357/58 erfolgten Umbaumaßnahmen und eine Erweiterung nach Osten. Die baulichen Aktivitäten waren erforderlich, da die Burg zeitweise als Residenz der Erzbischöfe diente. Im Zuge dieser Veränderungen wurden die Turmobergeschosse neu gestaltet und die Schildmauer mit einem doppelten Wehrgang versehen. Vor der Ostmauer der Kernburg entstand neben dem Torzwinger ein neuer Wohnbau mit Vorhof. 1401 ist eine Burgkapelle nachgewiesen. Ungeachtet einer Belagerung 1637 überstand die Burg den Dreißigjährigen Krieg mit nur geringen Schäden. 1689 zerstörten die Truppen Ludwigs XIV. Ehrenfels. 1775 wurde die Zollstation angebrochen, nachdem der Zoll nach Bingen verlegt worden war. Um 1800 war noch das zweite Tor mit Zugbrücke und zwei Türmen vorhanden. Ab 1830 trug man Teile der Vorburg ab und schüttete den Halsgraben zu. Dennoch hatten sich bis 1840 noch Bewohner auf der Burg eingerichtet. 1852 stürzten bis dahin erhaltene Mauerteile des Palas ein, 1936 drohten Teile der westlichen Wehrmauer in das Tal zu stürzen, wurden jedoch gesichert. 1945 erlitt die Ruine Schäden durch Artilleriebeschuss vom anderen Rheinufer, da amerikanische Truppen hier ein Widerstandsnest vermuteten. Weitere Außenanlagen sind durch die Flurbereinigung und die Anlage neuer Weinberge verunklart. Seit 1986 erfolgten Erhaltungsmaßnahmen, begleitet von bauhistorischen Untersuchungen. (H. J. H.; R. F.;S.E.)
Baubeschreibung:
Die Burg war dreiseitig sturmfrei und nur vom ansteigenden Nordhang angreifbar. Gegen den Hang sicherte sie ein ca. 9 Meter tief in den Felsen geschlagener Halsgraben. Im Norden – an den Halsgraben anschließend – erhebt sich eine imposante, 4,6 m starke und 20 m hohe Schildmauer. Sie ist an beiden Seiten von unregelmäßig runden, wenig vorragenden Türmen flankiert, die mit später zugefügten, achteckigen Aufsätzen bis 33 m hoch aufragen und deren Unterbau möglicherweise noch aus dem frühen 13. Jahrhundert stammt. Die Schildmauer ist in zwei Ebenen begehbar, innenliegend verläuft ein erster Wehrgang mit Schlitzscharten (mit Schwalbenschwanzenden) nach außen, die zweite, obere Ebene bildet ein beidseitig mit Zinnen versehener Wehrgang.
Dahinter befindet sich eine trapezförmige Kernburg, deren Außenmauern drei Geschosse hoch erhalten sind. Im Schutz der Schildmauer liegt ein enger Hof, in dem direkt an der Schildmauer eine aufwendig konstruierte Filterzisterne ergraben wurde, die aus schräg gestellten Schieferplatten sowie Ton und Kiesellagen mit innerem (1,7 m Dm) und äußerem Zisternenring sowie zwei Einlaufbecken bestand. An der westlichen Innenhofmauer lag ein Wirtschaftsgebäude mit Resten zweier Keller, an der südlichen Rheinseite gegenüber der Schildmauer befand sich wohl der dreistöckige Palas mit einer Innenfläche von ca. 17 x 6,5 m und einem Südbalkon. Von der Innenausstattung sind Fußbodenfliesen, eine Kaminstelle und Bemalung überliefert.
Der Zugang erfolgte von Osten durch die Ringmauer, davor lag ein langgestreckter Torzwinger. Der Weg von Rüdesheim verlief ursprünglich tiefer als der heutige und war durch zwei Gräben unterbrochen. Am inneren Graben liegt ein von zwei Türmen flankiertes Tor mit Zugbrücke. Vor der Ostmauer steht ein späterer Bau mit abgerundeter Ecke und Vorhof, der als Wohnbau und Kapelle diente. Zur Rheinseite erstreckt sich ein Zwinger mit rundem Eckturm. Unterhalb der Burg lagen die 1775 abgebrochenen Gebäude der ehemaligen Zollstätte bestehend aus einem Lagerhaus am Rheinufer und der vermutlichen Wohnung des Zollschreibers. Ebenfalls dazu gehört der bekannte sog. „Mäuseturm“ auf einer heute zu Bingen gehörenden Rheininsel. (H. J. H.; Ergänzungen R. F.)
Arch-Untersuchung/Funde:
Ausgrabungen ab 1988, dabei Fußbodenkacheln um 1400 aus Kloster Eberbach gefunden. Fotogrammetrische Aufnahmen und Ergebnisse der restauratorischen Untersuchungen im Archiv des Staatsbauamtes Wiesbaden