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Westerwinkel

Geschichte:

Der Ortsname Westerwinkel taucht in der schriftlichen Überlieferung erstmals um 1100 im Zusammenhang mit der Gründung einer Eigenkirche des münsterischen Domkapitels auf. Während die Herren von Westerwinkel in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts als Inhaber eines Lehens der u. a. auf der Burg Nienbrügge bei Hamm begüterten Grafen von Altena-Isenburg in Erscheinung treten. Diese Lehensbindung der Grafen von Altena-Isenburg wird in den Schriftquellen erstmals im Rahmen des Isenberger Erbfolgestreits genannt. Bei zu ihrem Aussterben 1385 verblieb die Burg Westerwinkel als isenbergischer bzw. später limburgischer Lehensbesitz in der Verfügungsgewalt der wohl edelfreien Familie von Westerwinkel. Durch die Eheschließung einer Erbtochter der von Westerwinkel gelangte die Burg, die in der Eheberedung als „Hof to Westerwinkel“ bezeichnet wird, an Gerd von Bögge. 1400 wurde Everhard von Heiden mit Westerwinkel belehnt und 1429 erfolgte die Verpfändung der Besitzungen und Rechte an Heinrich von Ascheberg zu Ichterloh. 1430 finden wir Hermann von Merveldt als Lehnsinhaber von Westerwinkel. Zu den bedeutenden Vertretern der aus dem Raum Dülmen stammenden Familie zählte u. a. Hermann von Merveldt (1399-1450), der 1434 das Marschallamt des Hochstifts Münster innehatte und darüber hinaus dem Fürstbischof als Droste von Stromberg diente. 1498 erfolgte der Verkauf des Adelssitzes an die von Ascheberg und 1515 begegnet Johann von Raesfeld zu Ostendorp als Herr zu Westerwinkel. 1522 wechselt die Burg in den Besitz des Rotger von Diepenbrok zur Lake. Durch die Eheschließung des Hermann von Merveldt mit Ursula von Diepenbrok gelangte Westerwinkel 1555 erneut in den Besitz der Herren von Merveldt, die bereits in der vorhergehenden Generation in Diensten des Hochstifts Münster Bedeutung erlangt hatten. Hermanns Vater Dirk, Inhaber des Drostenamtes Wolbeck, fiel 1534/35 eine Schlüsselrolle bei der Eroberung des von den Wiedertäufern besetzten Stadt Münster durch den Fürstbischof Franz von Waldeck zu. Dietrich Hermann von Merveldt (1598-1658), der ebenfalls als Droste zu Wolbeck amtierte, stieg in fürstbischöflichen Diensten zum Rat und Oberstmarschall sowie 1635 zum Kanzler des Hochstifts Münster auf. Er stiftete 1653 die Hauskapelle zu Westerwinkel. Unter Theodor Hermann v. Merveldt (1624-1688), der u. a. als Bauherr zu Westerwinkel in Erscheinung trat, wurde der Besitz 1667 aus dem Lehnsverband herausgelöst. 1668 wurden die von Merveldt von Kaiser Leopold I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben und 1726 stiegen sie in den Reichsgrafenstand auf. Der barocke Ausbau des Schlosses dokumentiert eindrucksvoll Bedeutung und Selbstverständnis der im 17. Jahrhundert aufstrebenden westfälischen Adelsfamilie von Merveldt, in deren Besitz sich Westerwinkel bis zum heutigen Tage befindet. (Stefan Eismann, Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Zur baulichen Entwicklung und Anlagegestalt der mittelalterlichen Vorgängeranlage des Schlosses Westerwinkel sind bislang keine gesicherten Angaben möglich. Der noch existierende Schlossbau datiert in die Zeit des Barock. Unter Theodor Hermann von Merveldt (1624-1688) entstand in den Jahren 1663 bis 1668 die Vierflügelanlage der Hauptburg sowie ein Teil der weitläufigen Vorburg. Die Fortsetzung des Ausbaus – insbesondere der Vorburg – zog sich offenbar bis zum Ende des 17. Jahrhunderts hin. Die Jahreszahl 1696 in dem dreigeschossigen Turm der Vorburg dokumentiert offenbar den Abschluss der barocken Baumaßnahmen des 17. Jahrhunderts. Auf der großen rechteckigen Garteninsel befindet sich ein Pavillon aus Backstein mit der Jahreszahl 1718. Zu den Bauten des 19. Jahrhunderts gehören das eingeschossige Verwalterhaus von 1825 sowie die südöstlich des Schlosses gelegene Orangerie, die um 1860/70 entstanden ist. Ferner gehörte zum Ensemble des Schlosses ein neubarockes eingeschossiges Gärtnerhaus von 1924. An der Südseite des Schlosses befindet sich seit 1799 eine Terrasse mit Zugang zum gärtnerisch umgestalteten Ringwall. Die monumentalen Hauben der Pavillontürme der Hauptburg wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts in vereinfachten Formen erneuert. (Stefan Eismann, Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Das etwa einen Kilometer westlich von Herbern gelegene Schloss Westerwinkel präsentiert sich dem Besucher als eine mehrteilige, aus Vor- und Hauptburg bestehende Anlage, umgeben von breiten Wassergräben. Der Gesamtgraben umgibt das Areal der Garteninsel sowie die Vorburg und die durch einen eigenen Graben gesicherte Hauptburg. Beachtung verdienen nicht nur das Gebäudeensemble von Haupt- und Vorburg, sondern auch das beeindruckende Wall-Graben-System, das am Ende des 18. Jahrhunderts gärtnerisch umgestaltet wurde. Die Gesamtanlage wird in der Literatur dem in fürstbischöflich-münsterischen Diensten stehenden Ingenieur-Architekten Peter Pictorius d. Ä. (1626-1685) zugeschrieben. Die Anlagegestalt der vierflügeligen Hauptburg mit vortretenden Pavillontürmen verrät deutlich das Vorbild des von Sebastiano Serlio errichteten Renaissanceschlosses Ancy le Franc in Burgund. Der Zugang zur Vorburg erfolgt über eine zweibogige steinerne Brücke bzw. eine Zugbrücke und das zweigeschossige Torhaus, das seitlich von einem breit ausladenden Pavillonbau flankiert wird. Im rechten Winkel schließen sich an diesen Baukörper eingeschossige Flügelbauten an, deren Mittelachse durch einen dreigeschossigen Turm mit der Jahreszahl 1696 akzentuiert wird. Das Fehlen eines Pendants zu dem breitgelagerten Pavillonbau der Vorburg lässt vermuten, dass die Gesamtanlage der Ökonomiebauten offenbar unvollendet geblieben ist. Die vierflügelige Hauptburg besticht durch ihre klaren Formen und die sparsame Gliederung der Fassade, die im Wesentlichen durch Steinkreuzfenster, Gesimse und die Eckquaderung der Pavillontürme gegliedert wird. Über einem Kellergeschoss steigen zwei Stockwerke auf, die von einem Satteldach bekrönt werden. Im Innenhof befindet sich das reich verzierte und mit einem Wappen versehene Portal mit einer zweiläufigen Freitreppe. Die Gesamtansicht des Schlosses wird von den markanten Hauben der Pavillontürme bestimmt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die zum Teil mit barocken Möbeln und eindrucksvollen Gobelins ausgestatteten Innenräumen des bis heute privat genutzten Schlosses. (Stefan Eismann, Jens Friedhoff)

Arch-Untersuchung/Funde:

Keine.