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Wachtendonk

Geschichte:

Die am südlichen Rand des Städtchens Wachtendonk gegründete Burg wird 1326 als Lehen der Grafen von Geldern erstmals erwähnt. Damals handelte es sich um eine eigenständige Herrlichkeit der Herren von Wachtendonk, die ihre Unabhängigkeit durch ein geschicktes Lavieren zwischen den beiden benachbarten Territorien Geldern und Kurköln eine lange Zeit bewahren konnten. 1407 änderte Herzog Reinald von Geldern diesen Zustand mit Waffengewalt, in dem er Wachtendonk eroberte und zu einem geldrischen Amt umwandelte. Wachtendonk wurde zur geldrischen Landesburg. Aus dem Jahr 1407 stammt auch die erste Überlieferung eines Turmes auf der Burg. Im Verlauf des 15. Jh. wechselte der rechtliche Status Wachtendonks zwischen Amt und eigenständiger, aber lehnsabhängiger Herrlichkeit mehrfach. Zudem wurde Wachtendonk zweimal an das Herzogtum Kleve verpfändet. So sollte 1441 der klevische Amtmann Heinrich von Wittenhorst die Burg mit 14 wehrhaften Männern und 4 großen Hunden verstärken. Ein Burginventar aus dem Jahr 1463 gibt Einblicke in das Leben und Wohnen auf der spätmittelalterlichen Burg. Erwähnt werden für die Hauptburg zahlreiche Feuer- und Fernwaffen, ein Wehrgang, die große Kammer mit der hier befindlichen Kapelle, der Saal, die Küche, die Kellerei, eine Stube, ein Turm, das Brauhaus sowie das Burgtor mit darüber liegenden Räumen. Baunachrichten liegen für die Jahre 1436-38 sowie 1469/70 vor. 1503 belagerte Otto Schenk von Nideggen Burg und Stadt Wachtendonk, die damals klevisch waren. Es gelang ihm, die Stadt für das Herzogtum Geldern zurückzuerobern. Die Burg folgte 1504 nach. Als Drost und Amtmann von Wachtendonk ließ Otto Schenk 1517 die Burg wiederherstellen. Sein prächtiger Grabstein ist heute noch in der Pfarrkirche St. Michael zu sehen. Im niederländischen Befreiungskrieg wurde die Burg schwer beschädigt und 1603 schließlich abgebrochen. Noch im gleichen Jahr umgab man die Stadt mit Erdwällen und Bastionen, die jedoch schon 1608 wieder geschleift werden mussten. (J. Wroblewski)

Bauentwicklung:

Die am Fluss Niers aus Backstein erbaute Burg setzt sich aus der im Grundriss fast quadratischen Hauptburg (34 x 32 m) und der im Aussehen relativ unbekannten Vorburg zusammen. Die Baugestalt der Hauptburg greift ein im ausgehenden Mittelalter im niederrheinischen Burgenbau übliches Schema auf: zwei rechtwinklig zueinander angeordnete Gebäudeflügel im Süden und Osten, mit hofseitig in der Ecke platziertem Treppenturm. Die beiden offenen Seiten des Quadrats waren mit einer Wehrmauer geschützt, in deren Verlauf auf der Westseite ein Rundturm eingefügt war. Auf der Nordseite stand das vorgeschobene Torhaus mit repräsentativem Doppelturmtor. Ein derartiger Gebäudekomplex ist oft das Ergebnis einer längeren baulichen Genese. Selten entstand ein solcher Baukörper in einem "Guss". Die Ausgrabungen bestätigten, dass auch die Burg zu Wachtendonk in Etappen gewachsen ist.
Als älteste Bauteile gelten der Stumpf des Rundturmes auf der Westseite, mit einem Durchmesser von 10,4 m und 3 m starken Mauern, sowie das südlich anbindende Burghaus. Die unter dem Rundturm gefundene Keramik stammt aus der Erbauungszeit des Turmes. Sie datiert ins frühe 15. Jh.. Mit ihr ist ein ungefährer Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung der ersten Bauphase gegeben. In einer zweiten Kampagne, die über stratifiziertes Keramikmaterial in die 2. Hälfte des 15. Jh. datiert und vielleicht mit den für 1469/70 belegten Baunachrichten im Kontext steht, wurden das Torgebäude und ein südöstlicher Anbau an das Burghaus errichtet. Die Belagerung von 1503/04 und die daraus resultierende Wiederherstellung 1517 ließ sich ebenfalls archäologisch nachweisen. Damals wurde der Rundturm auf alten Grundmauern neu errichtet und mit den noch sichtbaren Artilleriescharten ausgestattet. Das Burghaus erweiterte man um einen Ostflügel zur Winkelanlage.
In die 1. Hälfte des 16. Jh. gehören auch die im Vorfeld der Hauptburg nachgewiesenen frühneuzeitlichen Befestigungswerke. Damals wurde die Burg entlang der West- und Ostflanke mit Erdwällen verstärkt. Den westlichen Wall betonte man mit einer Bastion aus Holz und Erde. Ihr gegenüber lag auf der Ostseite eine runde Bastei aus Sandsteinquadern.
Die Befunde sich u.a. aufschlussreich für die Frühzeit der neuzeitlichen Festungsbaukunst am Niederrhein. Insbesondere die zeitgleiche Anwendung einer runden Bastei sowie eines spitz zulaufenden Bastionskörpers sind hier bemerkenswert.
Die ausgegrabene Bausubstanz der Burg geht nicht über das 15. Jh. hinaus, obwohl ein älterer Vorgängerbau urkundlich für das 14. Jh. nachgewiesen ist. Keramikmaterial aus den untersten Schichten spricht jedoch für eine Nutzung des Areals in dieser Zeit. (J. Wroblewski)

Baubeschreibung:

Der heutige Zustand der Burg wird geprägt von mehr oder weniger massiven Aufmauerungen der Ausgrabungsreste von 1967-78. Ihre Erörterung ist im Bereich Bauentwicklung ausführlich beschrieben. Optisch markantester Bauteil ist der Stumpf des Rundturmes. Die frei zugängliche Ruine musste wegen Bauschäden wiederholt nachsaniert werden. (Jens Wroblewski)

Arch-Untersuchung/Funde:

Von 1967-78 wurde die Hauptburg schrittweise ausgegraben und der Grundriss durch Aufmauern der Befunde wieder kenntlich gemacht. Die erfassten Bauphasen decken das 15.-16. Jh. ab. Weiter wurden im Vorfeld frühneuzeitliche Festungswerke aufgedeckt. Das Aussehen der Vorburg blieb ungeklärt. Von der Burganlage des 14. Jh. wurden keine Befunde angetroffen. (J.W.)