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Gangelt

Geschichte:

Der 828 erstmals historisch überlieferte Ort (näheres zur früh- und hochmittelalterlichen Geschichte siehe Gangelt I) wird 1301 als Stadt (oppidum) bezeichnet. Höchstwahrscheinlich besaß Gangelt schon vor dem 13. Jahrhundert eine Holz-Erde-Befestigung, die vermutlich noch in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erweitert wurde: Eine Urkunde von 1315 nennt die "Sittarder Pforten". Ob diese Befestigung Mauern aufwies, ist unklar, historische Belege für einen Stadtmauerbau gibt es erst im 15. Jahrhundert.
Die landesherrliche Burg wird zum ersten Mal 1364 erwähnt. Zum Ende des 14. Jahrhunderts, spätestens aber 1438, war die Burg im Besitz der Familie von Horrig. 1482 gehörte sie Hermann von Randerath und gelangte durch Heirat von dessen Tochter 1505 an Goddart von Hanxler. Im Jahr 1511 wird die 1484 abgebrannte Burg neu errichtet und diente den Herren von Hanxler als Sitz. Nach dem Aussterben dieses Geschlechtes ging sie 1709 an die Grafen von Schaesberg und kam 1882 an den Gutsbesitzer Franz Fischenich aus Gangelt. (Markus Westphal)

Bauentwicklung:

Die Burg schützte die südöstliche Ecke der Gangelter Stadtbefestigung und wurde wohl um oder kurz vor 1300 erbaut. Es handelte sich um eine zweiteilige Anlage mit Haupt- und Vorburg, denn im Jahr 1418 werden "Borch" und "achter gelegener Borchhoiff" genannt. Beim großen Stadtbrand 1484 brannte sie nieder, im Jahr 1511 erfolgte der Neuaufbau. Schon rund dreißig Jahre später, während der Jülicher Fehde 1542/43, wurde die Burg wieder zerstört. Von 1553 bis 1555 errichtete man die Burg neu. Dabei gab es Erweiterungen und es entstand eine zweiteilige Anlage mit Wirtschaftsgebäuden in der Vorburg. Hier standen eine Scheune, jeweils ein Pferde-, Kuh- und Schweinestall sowie zwei Schafställe, wie Schriftquellen für die Jahre 1614 und 1701 berichten. Nach diesen gab es zudem in der Burg ein "Haus mit Saal, Stuben, Küche, Keller und Spinden, …, Gemachen oben und unten, wie diesselben binnen und bei dem Turm gelegen waren". Im Jahr 1791 wurde sie wegen Baufälligkeit niedergelegt, nur der Burgturm und ein Wirtschaftsgebäude blieben erhalten. Teile der Burg lagen vor der Stadtmauer, einige Grundmauern der Wohngebäude sind noch im Wiesenboden vorhanden. Außerhalb der Burgmauern befanden sich zudem Wiesen, Weiher und Baumgärten. Ein Wassergraben umschloss die Burg halbkreisförmig und blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges sichtbar. Danach ist dieser Graben aber weitgehend mit Bauschutt eingeebnet worden. Das auf einem Foto von 1925 noch sichtbare Wirtschaftsgebäude existiert heute nicht mehr. In den 1980er Jahren erfolgte für Wohnzwecke eine umfangreiche Restaurierung und ein Ausbau des Turmes.
In fast allen Veröffentlichungen zur Burg (Ausnahme: Städteatlas Gangelt 1976) wird davon ausgegangen, dass der Turm als Stadttor gedient hat. Dies ist nach meinen Recherchen sehr zweifelhaft. Genauso denkbar ist eine Funktion als Zugang zur Burg, das heißt, der Turm könnte durchaus im direkten Zusammenhang mit der Burg um 1300 errichtet worden sein. Dafür spricht auch der Bericht des zeitgenössischen Historikers Jakob Kritzraedt von 1641. Er beschreibt genau, welche Ziele man durch die Stadttore erreichen kann. Beim Burgtor vermerkt er: "Nur für die Burg bestimmt." Historische Karten vom Anfang des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zeigen ein Straßennetz, das allein auf die drei Stadttore im Nordosten, Südwesten und Westen ausgerichtet ist. Ein schmaler Weg führte zwar auf die Südostecke zu, passierte die Stadtmauer aber einige Meter nördlich der Burg. So beschrieb es Kritzraedt auch für die Zeit vor 1542, als die "Burgpfort neben (!) der Burg" lag; 1555 wird dieser Zugang als Bongartzportz bezeichnet. (Markus Westphal)

Baubeschreibung:

Erhalten ist der aus Ziegeln mit geringer Hausteinverwendung errichtete, fünfgeschossige Burgturm auf rechteckiger Grundfläche von rund neun mal acht Metern. Die um 1900 noch sichtbare Kelleröffnung der Außenseite ist nachträglich durch das Sockelgesims eingebrochen. Das Erdgeschoss weist eine nach beiden Seiten spitzbogige Öffnung mit Tonnengewölbe auf. Innen an dem anstoßenden Mauerstück ist im 15.-16. Jahrhundert eine kleine Tür eingebrochen worden. Ost- und Südseite zeigen noch die Kalkleisten von hier anstoßenden steilen, bis zum letzten Geschoss reichenden Satteldächern. Sie gehören zu dem rechtwinkelig auf den Turm stoßenden Flügel der Burg, der außerhalb der Stadtmauer lag. An der Ostseite sind die Anschlussleisten von zwei verschiedenen Dachkonstruktionen erhalten. Die Obergeschosse des Turmes gehören dem Burgbau des 15. Jahrhunderts an. Die beiden freiliegenden Seiten weisen einfache Fenster auf. An der Ostseite - zum Obergeschoss des einen Burgflügels – befindet sich eine große flachbogige Nische, darüber eine einfache Tür zum Dachgeschoss. Die Südseite stand mit dem anstoßenden Burgflügel nicht in Verbindung. Das fünfte Geschoss, auf einem Klötzchenfries auskragend, hat nur in der Mitte jeder Seite ein kleines Fenster. Noch im 19. Jahrhundert besaß der Turm ein Dach. Im Turminneren gibt es im ersten Obergeschoss einen gewundenen Gang zum Wehrgang der Stadtmauer und in der Nordecke führt die Treppe hinauf in das zweite Obergeschoss. In diesen beiden Geschossen gab es Kamine. Bis hierhin hatten die Mauern eine Stärke von 1,5 bis zwei Metern. Bemerkenswert ist das letzte Geschoss mit dünner Mauerstärke und zwei Verstärkungspfeilern an jeder Seite. Der Turm war wohl ein Wohnturm und kein Bergfried. Seine Höhe beträgt heute geschätzt 22 - 23 Meter. (Markus Westphal)