EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Zülpich

Geschichte:

Die Anfänge der späteren Landesburg Zülpich gehen bis in römische Zeit zurück, als an der dortigen Stelle in der damaligen Ortschaft Tolbiacum ein "castrum" gestanden hat, von dem Reste eines Befestigungsturms aus dem 4. Jahrhundert ergraben wurden. Sowohl Merowinger als auch Franken nutzten die Anlage als Königspfalz, bevor sie 881 von den Normannen zerstört wurde. Im 10. Jahrhundert richteten sich die Pfalzgrafen in der erneuerten Anlage ein, die jedoch im 11. Jahrhundert von den Kölner Erzbischöfen verdrängt wurden. Da die Nachfolger der Pfalzgrafen - zunächst die von ihnen belehnten Grafen von Are, ab 1176 die Grafen von Hengebach und Jülich - in Zülpich noch über umfangreiche Rechte, sowie Ländereien und Einkünfte verfügten, kam es immer wieder zu oft gewaltsam ausgetragenen Konflikten. Ab 1279 veranlasste Erzbischof Siegfried von Westerburg den Bau einer Landesburg an der Stelle der Pfalz, doch nach seiner Niederlage in der Schlacht von Worringen, 1288, besetzte Graf Walram von Jülich die Stadt und erhielt 1299 die Burg als Pfand, die er kurz darauf schleifen ließ. An deren Stelle errichtete der nunmehrige Markgraf von Jülich um 1350 eine neue Burganlage, die wiederum Erzbischof Kuno von Falkenstein 1367 zerstörte, nachdem er das Pfand eingelöst hatte. Der von ihm begonnene Neubau (nach 1367) der erzbischöflichen Landesburg wurde von seinem Nachfolger Friedrich von Saarwerden schließlich vollendet. Burg Zülpich sollte nicht, wie zeitweise die Landesburg Lechenich, den Erzbischöfen als Residenz dienen, sondern war spätestens ab 1278 der Sitz eines Amtmannes. Im territorialen Konflikt zwischen den Jülichern und den Erzbischöfen von Köln spielte die Burg keine weitere Rolle mehr und blieb somit zunächst von Zerstörungen verschont. Erst 1689 erlitt sie durch französische Truppen so großen Schaden, dass sie nicht wieder aufgerichtet wurde. 1741 überließ der Erzbischof dem kurfürstlichen Schultheiß Joseph Eberhard Wachendorf die Ruine als Geschenk, der sie darauf als Wohnsitz herrichtete. Durch die Ehe mit Katharina Wachendorf kam die Anlage 1847 an den Spirituosenhersteller Heinrich Xaver Singer, der die Gebäude für die Produktion von Branntwein nutzte. Zu Beginn der 1980er Jahre wurden die Produktionsanlagen samt Burg an die May-Werke verkauft. Nachdem der Produktionsbetrieb Anfang der 80er Jahre eingestellt wurde und die Anlage allmählich wieder verfiel, übernahmen 2003 private Investoren das Bauwerk. (Hans-Jürgen Greggersen)

Bauentwicklung:

Über die zahlreichen früheren Bauten, die der erzbischöflichen Landesburg seit römischer Zeit vorausgingen, ist wenig bekannt. Neben den ergrabenen Resten eines römischen Turms wurden bislang keine baulichen Überbleibsel der vom frühen Mittelalter bis ins 14. Jahrhundert genutzten Anlagen entdeckt. Die Ursprünge der bestehenden Anlage gehen auf einen Neubau des ausgehenden 14. Jahrhunderts zurück. Nach zweimaliger Zerstörung der von Erzbischof Siegfried von Westerburg an der Stelle einer Pfalz nach 1279 gegründeten Landesburg, 1289 und 1367, entstand die heute noch als Ruine erhaltene Kastellburg. Die spätmittelalterliche Anlage wurde 1689 von französischen Truppen zerstört. 1761 erfolgte eine Umgestaltung vor allem des Nordturms und des ehemaligen Hauptgebäudes zu einer barocken Wohnanlage. Die Umnutzung zu einer Branntweinbrennerei brachte nach 1847 vor allem für die Hofgebäude einschneidende Veränderungen mit sich. Diese mussten wiederum nach massiven Zerstörungen 1944 in den 50er Jahren komplett neu errichtet werden, die beschädigten Außenmauern und Türme stellte man in vereinfachten Formen wieder her. (Hans-Jürgen Greggersen; Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Die im Südwesten der Zülpicher Stadtmauer als Landesburg integrierte Anlage des ausgehenden 14. Jahrhunderts ist vor allem im Bestand ihrer Umfassungsmauern mit den vier markanten Ecktürmen erhalten. Stadtrandlage und Anlagetyp (Kastellburg) erlauben Rückschlüsse auf die enge typologische Verwandtschaft mit den erzbischöflichen Burgen in Brühl und Lechenich, wobei Lechenich zusätzlich über einen mächtigen Wohnturm der Vorgängeranlage verfügt.
Während die Feldseite der rechteckigen Anlage in Zülpich über einem natürlichen Abhang aufsteigt, waren die drei in die Stadt hineinragenden Burgmauern einst von Gräben umgeben, von denen heute keine Spuren mehr erkennbar sind. Die Umfassungsmauern sind bis auf wenige Sandsteinbereiche eines wohl älteren Baues in massiver Backsteinbauweise errichtet, die erhaltenen hohen Quersprossenfenster und die Gliederungselemente, wie Friese und Gesimse bestehen aus Werkstein, bzw. wurden im 20. Jahrhundert in Kunststein ergänzt. Sowohl im Osten wie im Westen der Anlage haben sich die runden Ecktürme in ihrer ganzen Höhe bis zur zinnenumgebenen Wehrplattform erhalten, die über einem Spitzbogenfries auskragt. Der ebenfalls runde Südturm schließt dagegen auf halber Höhe in einer flachen Betondecke ab. In der Nordecke erhebt sich der Stumpf des einzigen quadratischen Turms diagonal zum Grundriss der Gesamtanlage. Daneben sind seine Mauern erheblich dicker als die Umfassungsmauern der Burg. Möglicherweise diente dieser Turm ursprünglich als Bergfried. Am Süd- und Westturm sowie an der Südwestfassade haben sich mehrere vorkragende Aborterker erhalten. Der Innenhof ist über ein Spitzbogenportal in der Südfassade zu erreichen. Eine rechteckig umlaufende Nische diente der Aufnahme der einstigen Zugbrücke. Sämtliche Gebäude innerhalb der Umfassungsmauern sind modernen Ursprungs und entstanden bis auf wenige Bereiche des 19. Jahrhunderts in den Jahren nach 1955. Selbst die Türme wurden vollständig entkernt. Im Norden schließen noch die ehemaligen Produktionsanlagen der Brennerei aus dem 19. Jahrhundert an die Außenmauern der Burg an. (Hans-Jürgen Greggersen und Jens Friedhoff)
Im Zuge der Entwicklung eines Erhaltungs- und Nutzungskonzepts des Ostturms fand jüngst eine Bauanalyse des Turmes statt. Beachtung verdient die zum Teil erhaltene originale Bauausstattung des Ostturmes sowie seine bauzeitliche Aufteilung in fünf Geschosse. Der bauzeitliche Zugang befand sich an der Westseite und führte durch ein spitzbogiges Sandsteinportal mit gefasten Gewänden ins Turminnere. Im ersten Obergeschoss haben sich geringe Reste eines gotischen Kreuzgewölbes erhalten. Besondere Aufmerksamkeit verdient der im zweiten Obergeschoss noch erkennbare monumentale Wandkamin mit halbrund gemauerter Kaminrückenwand und der ehemals in den Raum hineinragenden Kaminhaube. Die Zinnen des Turmes wurden 1956 in großen Teilen erneuert. Erhalten blieben hingegen im unteren Mauerwerk zwei aus der Entstehungszeit des Turmes stammende Rauchauslasse in Form von spitzbogigen Nischen, die den Kaminanlagen des ersten und zweiten Turmgeschosses zuzuordnen sind. (Jens Friedhoff)