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Nideggen

Geschichte:

Zwar bescheinigen die historischen Quellen erst für das Jahr 1190 die Existenz der Burg Nideggen, doch lag der Baubeginn der späteren Residenz der Grafen bzw. Herzöge von Jülich sicherlich weit vor diesem Datum. Nach dem Tode von Graf Adalbert von Maubach-Nörvenich 1177 erbte seine Tochter Alveradis das Allodialgut ihres Vaters, auf dem ihr Ehemann Graf Wilhelm II. von Jülich wohl kurz darauf die Burg Nideggen errichten ließ. Die Anlage diente vor allem zunächst einmal der Verteidigung seiner Besitztümer gegen Ansprüche des staufischen Kaisers Friedrich I. , der 1171 auf dem nur 2 km gegenüberliegenden Burgberg die Befestigungsanlagen der Reichsburg Berenstein erneuerte. Die Urkunde von 1190 weist Nideggen als Lehen und Offenhaus der Kölner Erzbischöfe aus, ohne deren Unterstützung Wilhelm II. gegen die Macht des deutschen Königs sicher weit unterlegen gewesen wäre. Als Berenstein 1198 dem Erzbischof von Köln in die Hände fiel und geschleift wurde, verwendete man deren Steine zum Weiterbau von Burg Nideggen. Nach den Tod Wilhelms II. 1207 übernahm sein Neffe Wilhelm III. die Herrschaft über Burg Nideggen. Unter Wilhelm IV. (1219-1278) verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Grafen von Jülich und dem Kölner Erzbischof erheblich, bis es zum offenen Konflikt kam, wobei Erzbischof Konrad von Hochstaden 1242 auf Burg Nideggen für mehrere Wochen in Haft gehalten wurde. Auf dem Höhepunkt der kriegerischen Auseinandersetzungen saß Erzbischof Engelbert II. von Falkenburg zwischen 1267 und 1271 für drei Jahre im Verließ auf Burg Nideggen in Gefangenschaft. Etwa 1283 begann die planmäßige Anlage einer befestigten Siedlung östlich der Burg, der Graf Gerhard VII. von Jülich 1313 die Stadtrechte verlieh. Seine Blütezeit erlebte Burg Nideggen unter Wilhelm V. von Jülich (1328-1361), der 1336 zum Marktgrafen und 1356 zum Herzog Wilhelm I. erhoben wurde. Es folgte der Ausbau zur prächtigen, repräsentitiven Residenz. Nachdem Herzog Wilhelm I. von Geldern aus dem Hause Jülich 1393 die Herrschaft über das Herzogtum Jülich durch Erbschaft zufiel, verlor Burg Nideggen seine Rolle als bevorzugte Residenz, übte aber nun die Funktion des Verwaltungssitzes eines Jülichschen Amtes aus, bevor Herzog Gerhard von Berg (1437-1475) das Haus noch einmal zu seinem bevorzugten Aufenthaltsort wählte. Nach seiner Zerstörung im Geldrischen Krieg 1542 wurden die Burganlagen nicht wieder hergestellt und dienten nur noch als Sitz des Kellners. Weitere Beschädigungen folgten im 17. und 18. Jahrhundert. Die verfallenen Gebäude wurden nach dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen 1794 als Steinbruch verkauft. 1888 übernahm der Kreis Düren die Ruine, der zwischen 1901 und 1906 Sicherungs- und Wiederherstellungsarbeiten einleitete. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg folgten ein erneuter Wiederaufbau und eine teilweise Rekonstruktion der Gebäude. (Hans-Jürgen Greggersen)

Bauentwicklung:

Die Gründung der Burg Nideggen lag in der Zeit zwischen 1177 und 1190, wobei allgemein der frühere Zeitpunkt als wahrscheinlich angenommen wird. Die Ursprungsanlage umfasste wahrscheinlich den Wohnturm, dessen mittlere Geschosse jedoch erst 1194 aus dem Abbruchmaterial der Reichsburg Berenstein nach deren Zerstörung, errichtet wurden, die wohl von drei Türmen besetzte Ringmauer, den Torbau und den davorliegenden Zwinger. Nach 1336 erfolgte der umfangreiche Ausbau der Anlage, neben der Erneuerung der beiden Wohnturmobergeschosse fügte Herzog Wilhelm I. an der Südseite des Hofes einen zweischiffigen Palas an, der zu den seinerzeit größten profanen Hallenbauten des Reiches zählte. Nach der Zerstörung der Burg 1542 wurde nur noch der östliche Bereich des früheren Palas wiederhergestellt. Weitere schwere Beschädigungen folgten im 17. und 18. Jahrhundert, bevor 1794 die Anlage zur Ausbeutung als Steinbruch verkauft wurde. Erst 1901 setzten umfangreiche Sicherungs- und Wiederherstellungsarbeiten unter der Leitung von L. Arntz ein, bei denen unter anderem die Obergeschosse des Wohnturms und das in den Burghof führende Haupttor rekonstruiert wurden. Nach erneuten schweren Beschädigungen während des Zweiten Weltkriegs folgte ein weiterer Wiederaufbau, bei dem man die Anlage durch einen Winkelbau in der Nordwestecke des Hofes ergänzte und den Torweg in den Zwinger mit einem Fachwerkhaus überbaute. (Hans-Jürgen Greggersen)

Baubeschreibung:

Die noch bestehenden Reste der Burg Nideggen liegen auf der Kuppe eines Bergsporns, dessen Hänge nach drei Seiten steil in das Tal der Rur abfallen. Die Nordseite der Burganlage wurde durch einen heute verschütteten Halsgraben begrenzt, der über eine Zugbrücke passierbar war. Von der Stadt aus gelangt man von Osten durch das so genannte Nytstor aus dem 13. Jahrhundert, das den äußeren Verteidigungsanlagen der Burg angehörte, zunächst zu der heutigen Pfarrkirche Sankt Johann Baptist. Die im späten 12. Jahrhundert errichtete Emporenbasilika diente im 13. Jahrhundert den Grafen von Jülich als Grablege. Nach Süden wird der Weg durch eine Wehrmauer zum Tal begrenzt. Durch ein Tor gelangt man in den äußeren Burghof, dem ursprünglich ein Zwinger vorgelagert war, der wohl im 18. Jahrhundert vom Fachwerkbau des Pförtnerhauses ersetzt wurde. Während die Südseite zum Tal von einer abknickenden Mauer eingefasst wird, erhebt sich auf der Nordseite der mächtige Wohnturm. Von diesem leitet eine hohe Mauer mit Wehrgang zum Torbau weiter. Bögen und die tonnengewölbte Durchfahrt des Torbaus errichtete man Anfang des 20. Jahrhunderts. in einer Rekonstruktion neu. Die beiden Tore der Ein- und Ausfahrt liegen nicht auf einer gemeinsamen Achse, sondern sind gegeneinander versetzt. Zu den ältesten Bauten der Anlage zählt der mächtige Wohnturm in der Südostecke des längsrechteckigen inneren Burghofes. Während die beiden unteren seiner fünf Geschosse in weiten Bereichen noch dem 12. Jahrhundert angehören, erneuerte man im 13. und vor allem 14. Jahrhundert die Oberen Etagen. Durchgehend alle Geschosse sind mit zwei Räumen ausgestattet. Im unteren Geschoss befindet sich neben dem tonnengewölbten Verließ die Kapelle, die durch die in Seitenmauern eingetiefte Rundbogennischen und ein Kreuzgratgewölbe architektonisch besonders herausgehoben ist. Neben dem westlichen Zugang führt eine in der Wand liegende Wendeltreppe in das erste Obergeschoss. Eine einfache Balkendecke überspannt den Raum oberhalb der Kapelle, der anschließende Raum wird dagegen von zwei Jochen eines gotischen Rippengewölbes geschlossen. Er ist der einzige gewölbte Obergeschossraum. Zum nächst höheren Geschoss gelangt man über einen an der südlichen Außenwand vorkragenden Treppenturm. Die Treppen in die beiden obersten Geschosse liegen wieder innerhalb der mächtigen Mauer, nun jedoch in einem geraden Verlauf. Außer den schmalen, trichterförmigen Schlitzfenstern beherbergen die Mauerlaibungen der Obergeschosse kleine Abortnischen. Gedeckt wird der Turm durch ein hohes, abgeschlepptes Walmdach. Die gesamte Südseite nahm einst der riesige, zweigeschossige Bau des ab 1336 entstandenen Palas ein. Eine Pfeilerreihe teilte die hohen, übereinanderliegenden Hallen in Längsrichtung. Ein Keller bildete die Substruktion für die beiden aufgehenden Geschosse. Die zum südlichen Tal abfallende Seite des Palas wurde an ihren beiden Ecken jeweils von einem polygonalen Turm begrenzt. Außer dem Keller bestehen heute alleine noch Teile der Südwand mit den großen Kreuzstockfenstern, Bereiche der Ostwand mit Treppenlauf, kleinen Anräumen und Nischen, sowie das Untergeschoss des oktogonalen Südwestturmes mit einem mehrteiligen Rippengewölbe. Die Nordseite des untergegangenen Palas ist heute durch den Verlauf seiner Grundmauern gekennzeichnet. Von dort gelangt man auch über eine gewölbten Treppengang in den Keller. Inmitten des langgestreckten Hofes ist ein rekonstruierter Zugbrunnen angelegt. Die Nordwestecke des Hofes nimmt seit Mitte des 20. Jhs. ein zweigeschossiger Winkelbau ein, in dem ein Restaurant untergebracht ist. Bis auf Bereiche des Wohnturms sind nahezu Mauern in Rotsandstein ausgeführt. (Hans-Jürgen Greggersen)