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Hülchrath

Geschichte:

1120 wird Hülchrath als "castellum vetustussimum et munitissimum" erwähnt. Es war vermutlich der Sitz der legendären Grafen des Gillgaus. Der große Besitz reichte von Büttgen bis zur Stadtgrenze von Köln. 1175 war das Geschlecht derer von Hülchrath in der männlichen Linie ausgestorben. Durch Heirat wechselte der Besitz zu den Grafen von Sayn, von Sponheim und von Kleve. 1206 wird Hülchrath als Allodialbesitz der Grafen von Sayn erwähnt. Unter den Nachfolgern entwickelte sich Hülchrath zu einem Verwaltungsmittelpunkt.
1314 kaufte der Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg die Grafschaft für 30.000 Gulden und schuf damit ein großes zusammenhängendes Gebiet zwischen Neuss und Köln. Es erfolgte der Ausbau zur kurkölnischen Landesburg als Verteidigung gegen das Herzogtum Jülich, das seit 1307 Grevenbroich besaß. 1499 wurde Hülchrath nach einer Belagerung von den Jülichern verwüstet. 1583 ergab sich Hülchrath im Truchsessischen Krieg den Truppen Herzog Friedrichs von Sachsen, der die Gräben trockengelegt und in die Mauern Breschen geschossen hatte. Die Übergabe ist auf einem Stich von Braun und Hogenberg dargestellt. Der Ort Hülchrath wurde zerstört und beim Wiederaufbau nach 1608 mit Bastionen, Wällen und Gräben versehen. Hülchrath wurde zum Schloss ausgebaut. Das Schloss wurde im Dreißigjährigen Krieg erneut belagert und 1642 durch Truppen von Hessen-Weimar eingenommen und erlitt schwere Schäden; später wurde es von kaiserlichen Truppen zurückerobert. Schließlich wurde die Burg 1676 im französisch-niederländischen Krieg durch Truppen des Fürstbischofs von Osnabrück eingenommen. Die Befestigungen mussten 1688 geschleift werden und die Anlage wurde dem Verfall preisgegeben. 1798 verkaufte die französische Verwaltung das Schloss an den letzten kurkölnischen Amtmann Heinrich Josef von Pröpper. In dessen Familienbesitz blieb es bis 1874, als es an den Fürsten Alfred von Salm-Reifferscheid-Dyck verkauft wurde. 1907 ging das Schloss durch Verkauf an den Grafen von Benningsen, der das Schloss im Stil des Historismus wiederaufbauen ließ. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Ordensburg der SS, nach dem Weltkrieg wurden 350 Flüchtlinge in der Vorburg einquartiert. Seit 1954 ist es in Privatbesitz. In neuer Zeit wird es für vielfältige Veranstaltungen genutzt. (Karin Striewe)

Bauentwicklung:

Die erste Bauphase im 11. oder 12. Jahrhundert war zweifellos eine Motte, worauf die runde Hauptburg auf einer noch heute erkennbaren Erhöhung in der Aue des Gillbachs hinweist. Rund um die Hauptburg verlief ein Graben, der heute noch als Senke erkennbar ist. Zusätzlich ist die Burg durch ein weitläufiges, z. T. doppeltes Grabensystem gesichert, das die heutige Haupt- und Vorburg und das mittelalterliche Siedlungsgebiet im Osten der Burg umschließt. Reste des Mottenturms sind in der Mitte der aktuellen Hauptburg aufgemauert. Die zugehörige Vorburg kann nicht lokalisiert werden. Im 14. Jahrhundert, im Zuge des Ausbaues zur Landesburg, wurde der Mottenhügel mit einer rundlichen, leicht polygonalen Mauer aus Basalten und Tuffen umgeben. Anstelle des Donjons wurde der mächtige Torturm errichtet, in dessen Zinnenkranz jüdische Grabsteine des 14. Jahrhunderts vermauert sind. An der Südseite entstand ein unterkellerter zweigeschossiger Palas, der von zwei Schalentürmen flankiert wurde. Auch das nordwestliche Mauersegment wurde mit einem Halbturm verstärkt. Das Dorf lag zu dieser Zeit westlich der Burg und war durch einen Wassergraben von der Burg getrennt. Der Zugang verlief im 15. Jahrhundert durch einen Torturm, der heute den südlichen Abschluss der Vorburgbebauung bildet. Nach Zerstörungen 1499 und 1583 erfolgte ab 1608 der Ausbau zum Schloss. In der Hauptburg wurden Arkadengänge und ein Observatoriumsturm im Stil der italienischen Renaissance angelegt, die über die spanischen Niederlande Einfluss am Niederrhein gewonnen hatte. Diese Bauphase ist nur auf den verlorengegangenen Gemälden von A. Reuter von 1795 überliefert. In die Mauerbresche neben dem Torturm wurde ein halbhoher Bastionsturm aus Ziegeln und Tuffen eingefügt. Spätestens zu dieser Zeit wurde an der Südseite vor dem Palas ein Zwinger ebenfalls aus Tuffen und Ziegeln angelegt. Das Dorf wurde planmäßig neu und befestigt im Norden der Burg angelegt und der Zugang zur Burg ebenfalls nach Nordwesten verlegt mit einer geradlinigen Verbindung zwischen Brücke zur Vorburg und Marktplatz. Der ehemalige Torturm im Süden der Vorburg wurde überflüssig und die Durchgänge vermauert.
Nach der Schleifung der Festungsanlagen im Jahr 1688 fällt auch der Palas ruinös. Anfang des 20. Jahrhunderts wird das Schloss im Stil des Historismus wiederaufgebaut. (Karin Striewe)

Baubeschreibung:

Rund um Haupt- und Vorburg sind z. T. doppelte, z. T. teichartig erweiterte Gräben erhalten. Über eine breite Senke führt eine Backsteinbrücke zur Vorburg des 17. Jahrhunderts, die aus einem mehrflügeligen zweistöckigen Backsteinbau mit ziegelgedecktem Giebeldach besteht. Die beiden runden Flankentürme an der Nordostseite tragen achseitige Schiefer-Pyramiddächer. An der Westseite ist ein weiterer Halbturm als Treppenturm angebaut. Der Zugang erfolgt über einen vorspringenden zweigeschossigen Torbau aus Backstein, der einen Treppengiebel und eine Durchfahrt mit einem rundbogigen Portal mit Hausteingewände aufweist.
Den südlichen Abschluss bildet der alte Torturm des 15. Jahrhunderts, ein dreistöckiger Backsteinbau von ca. 8,50 x 8,50 m Größe mit Eckverklammerungen aus Trachyt und spitzbogigem Portal. Die tonnengewölbte Durchfahrt ist vermauert. Die Blende für das Falltor wie auch die Rinne für die Ketten, die gleichzeitig als Ausguss für den Gusserker diente, sind noch erkennbar. Das oberste Stockwerk weist Kragsteine und auf der Außenseite Reste eines Spitzbogenfrieses auf. Um 1809 waren noch Ecktürmchen mit Pyramiddächern vorhanden. Eine Treppe in der Südmauer und ein spätgotischer Kamin im ersten Stock werden erwähnt.
Heute dienen die Gebäude der Vorburg Wohnzwecken.
Die Hauptburg bzw. das Schloss ist ebenfalls von einer Senke und im Südosten von einem Teich umgeben. Der Zugang erfolgt über eine Erdbrücke zum Tor, das von einer rundbogigen Durchfahrt mit Trachyt-Gewänden und Tonnengewölbe gebildet wird. Nördlich der Tordurchfahrt erhebt sich der mächtige rechteckige, etwa 8 x 9 große Torturm des 14. Jahrhunderts aus Basalten und Tuffen.
Er besitzt fünf Stockwerke und darüber eine vorkragende Galerie mit einem Rundbogenfries, deren Kragsteine zum größten Teil aus jüdischen Grabsteinen des 14. Jahrhunderts bestehen. An den Ecken springen vier fünfeckige Ecktürmchen mit achtseitigen Dächern hervor. Gusslöcher, Schießscharten, Reste von Aborterkern und eines spätgotischen Kamins im Erdgeschoss sind nachgewiesen.
Südlich der Tordurchfahrt befindet sich der Bastionsturm aus Ziegeln und Tuff des 17. Jahrhunderts. Um die Burg zieht sich die polygonale Mauer mit drei weiteren zweistöckigen Halbtürmen, die im unteren Bereich ebenfalls aus Basalten und Tuffen besteht, im oberen Bereich mit Ziegeln ausgebaut ist. Die Zinnen der Basalt-Tuffmauer sind noch deutlich im Mauerwerk zu erkennen.
Im südlichen Bereich, außen dem Palas vorgelagert, befindet sich der heute als Ruine erhaltene Zwinger aus Ziegeln und Tuffen.
Die Ruinen des an die Außenmauer angebauten Palas befinden sich gegenüber dem Tor, worauf viele Balkenlöcher hinweisen. Das Erdgeschoss bestand aus einer zweischiffigen tonnengewölbten Halle. Hier soll eine Kapelle gestanden haben. Von den renaissancezeitlichen Arkaden und dem Turmbau ist nichts erhalten.
Mittig im Burghof befinden sich die durch eine Aufmauerung kenntlich gemachten Reste des ehemaligen Donjons.
Die heute genutzten Räume der Burg stammen aus den Ausbauten der letzten 100 Jahre. (Karin Striewe)

Arch-Untersuchung/Funde:

Archäologische Untersuchungen haben nicht stattgefunden.