EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Vlotho

Geschichte:

Die früheste Befestigung auf dem Hochplateau des Amtshausberges reicht bis in die Karolingerzeit zurück und bestand aus einem doppelten Ringwall, der die gesamte Fläche des Hochplateaus einnimmt. Es liegen keine Mitteilungen zur Frage vor, wer die Anlage errichten ließ oder wie lange sie genutzt wurde. Eine (nicht wissenschaftliche) Grabung 1936/38 förderte bei den als ältesten Bauteilen angesehenen - nicht näher beschriebenen - Mauerzügen Pingsdorfer Keramik und Kugeltopfscherben zutage, was zu einer Datierung des Mauerwerks in das 10. oder 11. Jh. führte (mitgeteilt von Engel 1966 nach einem Bericht des Landesoberbaurates i.R. Theodor Wildemann 1952). Die näheren Fundumstände sind nicht mitgeteilt, eine wissenschafltiche Einschätzung zum Aussagewert der Scherben (möglicher Zusammenhang mit der Wallburg?) liegen nicht vor. Engel, der den Grabungsbericht nicht kannte, hält die Höhenburg aufgrund der Scherbenfunde für eine Gründung der Edelherren von Vlotho, ihm folgen Gaul und Dehio 1986. Dehio zufolge stammt die Burg aus dem 12. Jh. Die Niederungsburg Vlotho, später Schure oder Schune genannt (siehe Schune), komme daher nur als befestigte Zehntscheune/Wirtschaftshof der Höhenburg in Frage. An dieser Auffassung bestehen erhebliche Zweifel, insbesondere widersprechen ihr verschiedene direkte und indirekte Hinweise in den Schriftzeugnissen (Meyer zu Ermgassen u. Großmann 1971).
Ihnen zufolge dürfte die hochmittelalterliche Höhenburg im östlichen Bereich des Ringwalles auf Graf Heinrich den Bogener von Oldenburg-Wildeshausen zurückgehen, ihr Baubeginn in die Zeit zwischen 1256 und 1258 zu setzen sein: Die als zuverlässig geltende Rasteder Chronik (14. Jh.) teilt mit: "Henrico dicto Myldebogener ... Construxit castrum Vlotou". Heinrich von Oldenburg war über Ehen zwischen den Dynastien Ravensberg, Oldenburg und Tecklenburg nach dem Tode seines Schwagers Heinrich von Tecklenburg (gest. 1248) zusammen mit Otto von Bentheim in den Besitz der Herrschaft Vlotho gelangt. Vor der Erbauung der Höhenburg Vlotho war die gleichnamige Niederungsburg Mittelpunkt des Dominiums, zu dem eine Münzstätte (erw. 1224) und mit dem Weserzoll (seit dem 13. Jh.) eine bedeutende Grenzzollstelle gehörten. Im Vertrag von Süntelbeck 1246 wird nur eine Burg erwähnt, wobei es sich mit ziemlicher Sicherheit um die Niederungsburg handeln dürfte. Sie kommt 1258 als "antiquum castrum" (alte Burg) vor, als Heinrich sie einem Zisterzienserinnenkonvent überlässt. Wie Hermann von Lerbeck (um 1345-1410) angibt, sei das Kloster an der Stelle errichtet worden, wo einst die Burg 'Scure' stand, die zuvor 'alte Burg' genannt worden sei.
Zum Zeitpunkt der Übertragung der alten Burg an die Konventualinnen dürfte die neue Höhenburg auf dem Amtshausberg weitgehend fertig gestellt gewesen sein. Sie übernahm Funktion und Rechte der Talburg und löste sie als Herrschaftszentrum ab. Oldenburg tritt bei der Übergabe an das Kloster als alleiniger Besitzer entgegen und veranlasste vermutlich auch den Bau der Höhenburg allein. Der Mitbesitz Bentheims an der Herrschaft Vlotho bezog sich 1267 auf nicht näher genannte Güter in "Vlotene" (Teilungsvertrag zwischen Otto und Egbert von Bentheim).
Otto III. von Ravensberg setzte nach dem kinderlosen Tod Heinrichs des Bogeners 1270 die Rückgabe Vlothos als legitimes Ravensberger Erbe durch. Zwischen 1270 und 1290 besaß er die Anlage gemeinsam mit dem Mindener Edelvogt Heinrich vom Berge, ab etwa 1285 mit dessen Nachfolger Gerhard vom Berge. Im Juli 1290 zog sich Gerhard aus Vlotho zurück, indem er seine Burghälfte für 1.500 Mark Herforder Geldes an Erzbischof Siegfried von Westerburg abtrat. Kurköln versuchte mit dem Kauf seine Position an der Weser zu festigen und mit der Höhenburg Vlotho - wie Philipp von Heinsberg 100 Jahre zuvor mit der Talburg Schune - wieder einen festen Kölner Außenposten an der Weser schaffen. Damit stieß es aber auf heftigsten Widerstand beim Grafen Otto III. von Ravensberg, der die Herrschaft Vlotho als angestammten, zeitweise in fremde Hand geratenen Ravensberger Besitz ansah. Vermutlich war er aus taktischen Erwägungen bereit gewesen, den Edelvogt vom Berge als schwächeren Mitbesitzer zu akzeptieren .
Seit 1290 ist auf dem Amtshausberg ein Ravensberger Drost nachweisbar (der Hinweis Zunkers, Vlotho sei mit anderen Besitzungen der Linie Ravensberg-Vechta an das Bistum Münster gefallen, ist falsch). Als Kölner Burgleute begegnen Ehrenfried von Bredenole und Richard Voss. In der Vlothoer Fehde 1292 entschied Graf Otto III. den unausweichlichen Kampf mit dem in Vlotho amtierenden Kölner Stellvertreter, Burggraf Heinrich II. von Stromberg für sich. Er nahm Heinrich gefangen und bekam als Sühnelesitung die strombergische Herrschaft Limberg - vermutlich einschließlich der Burg (s. Limberg), die bald darauf als Landesburg den Norden Ravensbergs schützte. Kurköln war auf Burg Vlotho allerdings weiterhin präsent. Nach der Fehde erscheint als erzbischöflicher Burgmann Rudolf von Diepholz (1295), 1303 übertrug Metropolit Wikbold von Holte die Burg "Vlotowe" neben anderen kölnischem Besitz (Stadt Höxter, Burgen Krukenberg, Kogelenberg, Werrenberg) Heinrich III. von Sternberg. Nach ihm ist als Burgmann noch Graf Otto von Everstein-Polle 1307 bezeugt. 1309 dürfte Ravensberg in Alleinbesitz der Burg gelangt sein. Der Erzbischof bat Otto IV. Von Ravensberg in diesem Jahre erfolglos um ihre Rückgabe an seinen Marschall Johann von Plettenberg; Ravensberg vermochte alle Kölner Ansprüche abzuweisen oder abzugelten. Dies ist abzuleiten aus einem 1309 verfassten Brief Erzbischof Heinrichs von Virneburg an Otto von Everstein-Polle und einer Urkunde von 1316, in der Graf Otto IV. und sein Bruder Bernhard von Ravensberg Kloster Segenstal in Vlotho alle alten Rechte, Freiheiten und Besitzungen im Beisein ihrer Vlothoer Burgmannen bestätigten. Die Ravensberger Grafen bauten Vlotho zur Landes- und Amtsburg aus und machten sie damit zum territorialen Mittelpunkt an der Weser.
Ob Burg und Herrschaft Vlotho mit zur Abfindung Hedwigs, Tochter Graf Ottos IV. von Ravensberg und Ehefrau Herzog Wilhelms von Braunschweig-Lüneburg gehörte oder in der ersten Hälfte des 14. Jh.s als Pfandobjekt in Lüneburger Hände kam, bleibt offen. 1343 versetzte Wilhelm Höhenburg und Stadt an Junggraf Otto von Waldeck.
1358 besaß Reinhard von dem Wolde, Drost zum Sparrenberg, den vierten Teil der Herrschaft Vlotho, den er in diesem Jahre an Graf Gerhard von Jülich, Ehemann Margaretas von Ravensberg (Tochter Ottos IV.), verkaufte. 1359 bewilligten die ravensbergischen Stände ihm eine Steuer, um die ganze Herrschaft wieder einzulösen.
Margareta und ihr Sohn Wilhelm verpfändeten 1363 Burg und Stadt Vlotho und das Amt Volbrechtshausen an die Familie von dem Bussche. Drei Jahre später übertrug Margareta von Ravensberg und ihr Sohn Wilhelm die Pfandschaft Vlotho, die sie den Grafen von Waldeck für 500 Mark abgekauft hatten, auf die Familie von Wendt, in deren Besitz sie bis 1499 blieb (Ledebur 1858 nennt den Zeitraum 1317-1527); zum Pfandrecht der Familie de Wendt liegt im Landesarchiv Düsseldorf eine Akte von 1505 vor.
1372 versetzte Wilhelm von Berg-Ravensberg Vlotho an seinen Schwager Heinrich von Waldeck, wobei die Burg ravensbergisches Offenhaus blieb. Ritter und Burgmannen von Vlotho mussten beiden Grafen huldigen (Kolodziej 2005). Die Pfandsumme für Vlotho und Volbrechtshausen wurde 1372 auf 1.000 hannoversche Mark erhöht (Laut Findbuch A 201 des Landesarchivs NRW Abt. Westfalen sei Waldeck 1372 nicht Pfandnehmer, sondern Pfandgeber gewesen: Graf Heinrich von Waldeck und sein Sohn Adolf hätten Burg und Stadt Vlotho an Graf Wilhelm von Berg und Ravensberg und seinen Sohn Rupracht verpfändet. Es handelt sich um die Akte Minden-Ravensberg Regierung, Nr. 8. Dieser Hinweis ist sicher falsch). Pfandrechte besaßen auch die Herren von Münchhausen, die Grafen von Schaumburg und der Bischof von Osnabrück.
Als Mindener Bürger 1368 Vlotho und Vahrenholz überfielen und niederbrannten, eroberten sie anscheinend auch die Höhenburg. 1406 nahm sie der Mindener Bischof Otto IV. von Rietberg ein. Lubbert und Heinrich de Wendt mussten die Burg räumen, Werner und Friedrich de Wendt behielten ihren Anteil zusammen mit dem Bischof. Drei Jahre darauf schlossen die Burgmannschaften zu Ravensberg, Vlotho und Limberg und die Städte Herford und Bielefeld auf ravensbergischer Seite ein Landfriedensbündnis mit den Burgmannen, Bürgermeistern und Räten von Lübbecke und Petershagen und den Burgleuten zu Hausberge und Wittekindstein auf Mindener Seite. 1418 sei Vlotho im Pfand- oder Lehnsbesitz derer von Ledebur gewesen (Ledebur 1858).
In einer Beschwerde von 1433 beklagte sich der ravensbergische Amtmann über die Herren de Wendt, sie hätten von ihrer Burg Vlotho aus die benachbarten Gebiete bis Minden und Kirchlengern, auch Rehme, mit Raub und Brand verheert. Bei einer Fehde Everts von Münchhausen gegen den Herzog von Braunschweig 1484 wurde die Burg beschädigt. Streitigkeiten über den Besitz der Herrschaft Vlotho zwischen Minden und Ravensberg sind 1501/04 überliefert. 1529 traten die Grafen von Waldeck gegen Zahlung von 3.000 Goldgulden alle Ansprüche auf Vlotho an Herzog Johann III. von Jülich-Kleve-Berg ab. 1541 zählten 38 Hakenbüchsen, eine große Büchse, zwei Steinbüchsen, davon eine ein Kammergeschütz und acht Handrohre zur Bewaffnung des Hauses. 1609 bewilligte der Ravensbergische Landtag 10.000 Taler zum Unterhalt militärischer Besatzungen auf den ravensbergischen Landesburgen Sparenberg, Ravensberg, Vlotho und Limberg. Eine Belagerung der Burg Vlotho durch Braunschweig-Lüneburgische Truppen im gleichen Jahr blieb erfolglos.
Als Teil der Grafschaft Ravensberg war Vlotho durch den Vertrag von Xanten 1614 an Brandenburg gefallen. Da Kurprinz Georg Wilhelm die Grafschaft durch spanische Truppen aus den Niederlanden bedroht sah, rückten im November 1615 mit Brandenburg verbündete niederländische Truppen in Ravensberg ein. Hierzu in Widerspruch steht der Hinweis, Adolf von Geldern habe die Burg bereits im Juni 1615 im Auftrage Heinrichs von Nassau für die Niederlande besetzt (Ledebur 1829). Die Niederländer unterstützen Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel 1621 mit Waffen und nahmen ihn im Februar 1623 mit zwei Regimentern für kurze Zeit in Vlotho auf. Nach Tillys Sieg über Christian bei Stadtlohn im August des gleichen Jahres stellte Tilly der niederländischen Besatzung auf der Burg Vlotho Schutzbriefe aus, die sie dem ligistischen Obersten de Fours im nächsten Monat vorlegte, worauf dieser weiterziehen musste. Im Dezember 1623 übergaben die Niederländer die Grafschaft Ravensberg mit Vlotho an eine spanische Besatzung unter Kapitän d'Orchinfaing und damit an Pfalz-Neuburg. Nach Vlotho kamen 60 Mann seiner Kompanie. Die Spanier übergaben die Burg 1630 an ligistische Truppen, spanisch-ligistische Truppen blieben bis 1633 im Lande. Der Vertrag von Den Haag 1630 stellte die Neutralität Ravensbergs fest und sah eine gemeinsame Verwaltung durch die Häuser Brandenburg und Pfalz-Neuburg vor, was auch für die vier Amtsburgen galt. Im Juli 1632 zogen sechs Kompanien des Pappenheimschen Korps unter Oberst Westphal in Vlotho ein und verletzten damit die Neutralität. Im März 1633 zogen Schweden in Vlotho ein, später kaiserliche Truppen, 1635 erneut Schweden. Der Vlothoer Drost Johann Wippermann vertrieb 1639 eine schwedische Besatzung, die von Bielefeld her angerückt war. Am 28. April 1647 nahm Konrad von Burgsdorf für Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg Burg und Amt Vlotho in Besitz, die Burg erhielt eine ständige brandenburgische Besatzung. Die Brandenburger mussten 1679 die Burg französischen Truppen unter Marschall de Créqui übergeben, die Stadt und Burg plünderten. 1709 wurde der Amtshausberg auf Abbruch verkauft. Seit dem 18. Jh., möglicherweise ab 1709, gehörte er zum nahe gelegenen Gut Deesberg in Rehme (Krs. Minden-Lübbecke), 1822 im Besitz des Obereinnehmers Haccius. Dessen Witwe übertrug es zu einem nicht mitgeteilten Zeitpunkt Gutsbesitzer Hentzen. Der Burgplatz blieb bis 1889 mit dem Gut verbunden und kam in diesem Jahr in städtischen Besitz. 1936 kaufte der Kreiskommunalverband die Burg für 10.000 Reichsmark, für den gleichen Betrag kaufte sie die Stadt 1950 zurück. (Andreas Kamm)

Bauentwicklung:

Die früheste Befestigung auf dem Hochplateau des Amtshausberges reicht bis in die Karolingerzeit zurück und bestand aus einem doppelten Ringwall, der die gesamte Fläche des Hochplateaus einnimmt.
Das Alter der späteren hochmittelalterlichen Befestigung wird in der Forschung kontrovers diskutiert (siehe Geschichte). Eine wissenschafltiche Untersuchung mit den Methoden der Archäologie und Bauforschung steht bisher aus. Das westliche Drittel der Dynastenburg wurde 1936/38 von Laien ausgegraben.
Die vergleichsweise große Anlage auf unregelmäßig ovalem Grundriss kommt bei Dehio 1986 und 2011 als "unregelmäßig dreieckige Abschnittsburg" vor. Gaul will eine größere, Engel 1934 zwei Vorburgen erkennen. Die ursprüngliche Aufteilung der Burg, Datierung und Bestimmung ihrer Baureste und die Zeitstellung etwaiger Umbauten bleiben im Wesentlichen ungewiss, einzig der Bau einer Kapelle 1282 ist archivalisch sicher zu belegen. Die Nutzung als Ganerbenburg ab 1270 und die Übernahme der Burg in ravensbergischen Alleinbesitz ab etwa 1309 zogen möglicherweise bauliche Veränderungen nach sich.
Ein trockener Graben und ein zusätzlicher Außenwall sichern den zu wesentlichen Teilen erhaltenen Bering. Der Zugang zur Burg Vlotho war von der Westseite (?) her durch einen "Halsgraben" gesichert (1951 zugeschüttet, 1970 Parkplatz). Der als Ruine erhaltene Hauptturm steht im Norden, an der Angriffsseite der Hauptburg (?), und ist mit der Ringmauer verbunden. Seine Mauerstärke beträgt 4,08 m, sein Durchmesser 2,40 m. Gaul deutet die Fundamente des Turms als "romanisch". Sie sind von einem jüngeren Burgtor mit gotischem Bogen (Gaul: 14. Jh.) auf der Nordseite überschnitten. Westlich des Rundturms steht das Geviert eines großen, in etwa quadratischen "Wohnturms", von dem Keller- und Eingangsgeschoss erhalten sind (Keller mit vier Kreuzgratgewölben auf Mittelpfeiler).
Der Vlothoer Saalbau wird 1290 als "domus nostra Moyshus" erwähnt. Gaul sieht seine Überreste in Mauerwerkstrukturen und Gewölben im Bereich des Brunnens. 1709 stand in diesem Bereich ein Gebäude, bezeichnet als "Haus ober dem Brunnen". Zwischen den Mauerzügen befindet sich der Ziehbrunnen. Gaul vermerkt, das Brunnenhaus springe in "den Hof" vor. 1825 war der Brunnen noch 90-100 Fuß (27-30 m) tief. 1936 bis auf eine Tiefe von 83 m ausgeräumt, sind 2002 noch 52 m eingemessen worden.
Mit einer Urkunde von 1282 liegt die früheste archivalische Nachricht über Baulichkeiten der Burg vor: Nach dem Schriftstück stand Otto III. von Ravensberg und seinem Neffen Gerhard vom Berge jeweils die halbe Burg Vlotho zu. Turm, Brunnen, Pforten, Weg und "Mantelstätte" werden erwähnt und als gemeinsamer Besitz vereinbart. Des weiteren sollte der "Mantel" niedergelegt werden, seine Steine dem Grafen Otto gehören. Die Urkunde hielt weiter fest, dass "bei der Mantelstätte" eine Kapelle von 50 Fuß Länge und 25 Fuß Breite (15 x 7,50 m) auf gemeinsame Kosten zu erbauen und diese den Burgmännern der beiden Besitzer jeweils als Lehen zu geben sei. Die Fundamente eines Gebäudes mit den genannten Ausmaßen waren nach Ledebur 1825 noch auf dem Burgberg zu sehen, anscheinend im südlichen Bereich der Anlage. Er notiert: "ein zweites Mauerwerk sondert den südöstlichen Teil [der Burg], die Mantelstätte genannt, mit einem Durchmesser von 70 Schritt, von dem ersten Burghofe ab, und an dessen Südostrande sieht man die Grundmauern einer Kirche". Grabungen im Bereich der Kapelle vor 1825 durch Schatzsucher förderten mehrere Gebeine ans Licht (anders Großmann 1971, wonach die fraglichen Fundamente zu einem 1638 neu errichteten Hause gehören würden).
In einer Fehde Everts von Münchhausen gegen den Herzog von Braunschweig in den 1480er Jahren wurde die Burg Vlotho beschädigt. 1536 gab Herzog Johann III. von Kleve die Anweisung, das baufällige Schloss Vlotho zu besichtigen und Ausbesserungsvorschläge zu machen. Auf dem großen Turm sollte ein neuer Kornsöller errichtet werden, da der alte voller Würmer sei, ebenso seien die Brandgeräte teilweise zu ersetzen. Ein Inventar von 1541 nennt an Baulichkeiten den großen Turm, Burggrafenturm, Knechteturm, Torhaus, den alten Saal, Drosten-, Rentmeister-, Hofmeister,- Speise-, Molken,- Schreib- und hohe Kammer, Küche, alte Küche, des Kochs Kammer, Backhaus, kleines Backhaus, Fleisch- und Bierkeller, Pferdestall, Vorwerk mit Mägdekammer, einen "Stoven", zwei "Spischode" und den alten "Sadel".
Eine Ansicht der Burg von Arnold Mercator 1581 zeigt vielleicht einen Zwinger vor ihrem Westzugang. Der offenbar als Hauptturm zu deutende Bau ist dort rechteckig, wie auch auf einer Ansicht eines anonymen Zeichners aus dem gleichen Jahr (nach Prinz).
Tilly ordnete 1630 an, vor dem Burggraben eine Palisadenbefestigung anzulegen, die Mauern auszubessern und Zugbrücken und Tore instandzusetzen und schickte hierzu seinen Kapitän La Riviere. 1638 ließ der Drost Wippermann ein neues Haus errichten
1695 erteilte Kurfürst Friedrich III. Von Brandenburg den Befehl, das baufällige Schloss Vlotho abzubrechen. Im Januar 1709 wurden die Abbruch- und Verkaufspläne konkretisiert, weil die Drostenwohnung ruiniert, die Gebäude seit Jahren nicht mehr regendicht seien. Zwei Gebäude sollten auf Wunsch der Regierung vorläufig erhalten bleiben. Sie dienten dem Burggrafen und dem Fußknecht, der zugleich Gefangenenwärter war, als Unterkunft und waren damals 100 Taler wert. Für das "düstere Kammer" genannte Gefängnis erbat der Burggraf vor der Versteigerung eine neue Tür aus einem der abzubrechenden Gebäude. Im April brachen die zum Burgfestdienst verpflichteten Vlothoer die Gebäude auf dem Burggelände mit Ausnahme der beiden Häuser ab. Das Baumaterial lagerte bis zum Verkauf im Vorwerk, das sich damals in gutem Stand befand und seit dem Wegzuge des Drosten als Schafstall diente. Schäfer Heinrich Koch erwarb es für 6 Taler. Zum Verkauf kamen des Weiteren das Holz des Hauptgebäudes, des neuen Gebäudes zwischen Söller und Gefängnis, das Kupfer der Söller-Bedachung (32 Pfund), der Ziehbrunnen sowie Fensterrahmen, Türen, Bottiche, Schränke, eine alte Uhr und sechs alte Doppelhaken. Insgesamt erlöste der Verkauf der Anlage 310 Taler. Ein von Großmann aufgefundener Grundrissplan der Burganlage zur Abbruchakte von 1709 war 1934 nicht mehr zu ermitteln.
1740 wurden Viehhaus und Schafstall genannt, 1790 waren sechs Gebäude vorhanden: das Wohnhaus des Pächters mit drei Kornböden (96 x 40 Fuß); das Vorwerk (129 x 48 Fuß), damals zur Kornlagerung und zum Dreschen gebraucht, die Scheune, damals Viehhaus (100 x 40 Fuß), ein Holzhaus für Holzvorräte, ein Gewächshaus, in dem Geräte lagerten, und ein neues Haus, in dem sich unten die Amtsstube befand. Eine Karte der Burg 1795 zeigt noch drei Gebäude. Anfang des 19. Jhs. standen noch die Wohnung des Gefangenenwärters, das Gefängnis, ein Schafstall, und zwei Kornhäuser. 1825 werden die "Amtswohnung" und ein zum Speicher eingerichtetes Gebäude erwähnt. 1858 wurde das Gefängnis aufgehoben, 1884 im bestehenden Gebäude auf der Nordseite eine Gastwirtschaft eingerichtet (1790 als neues Haus erwähnt; Umbau 1898 und 1954). 1898 entstand ein Musikpavillon ("Musikmuschel"). Ein so genannter "Bismarckturm" wurde 1903 errichtet. Die Freiwillige Feuerwehr Vlotho baute 1921 einen neuen Musikpavillon, der zusammen mit dem Bismarckturm für die Grabungen ab 1936 wieder beseitigt wurde. Im Zuge der Grabungen wurden verschiedene freigelegte Mauerzüge instandgesetzt, 1949 entstand ein neuer Musikpavillon, der bei der Umgestaltung des Burggeländes 2001/02 abgerissen wurde. (Andreas Kamm)

Baubeschreibung:

Die karolingische Fluchtburg nahm vermutlich die gesamte Hochfläche des Amtshausberges ein. In ihrem südlichem Bereich entstand später die hochmittelalterliche Burg. Reste des Wallgrabens südlich der großen Weggabel vor dem Jugendhof konnten archäologisch erfasst werden, wurden aber ab 1945 bei der Erweiterung des Jugendhofes abgetragen. Ein kürzeres Wallstück im Nordwesten, das die Eselswiese vom Jugendhofgelände trennte, lag zwischen der Wegegabel und dem Fahrweg zum Sperlsiek, und wurde bis auf einen letzten Rest am Sperlsieker Weg entfernt (auf dem Messtischblatt Vlotho zu erkennen).
Ein trockener Graben und ein zusätzlicher Außenwall sichern den zu wesentlichen Teilen erhaltenen hoch- und spätmittelalterlichen Bering. Dem westlichen Zugang (?) war ein Graben ("Halsgraben") vorgelagert, seit 1970 Parkplatz-Gelände. Der als Ruine erhaltene mutmaßliche Hauptturm steht im Norden - nach Gaul an der Angriffsseite der Hauptburg - und ist in die Ringmauer eingebunden. Er ist westlich von einem jüngeren Burgtor mit gotischem Bogen (Gaul: 14. Jh.) überschnitten. Südlich des Turms und des Burgtors deuten Fundamente auf zusammenhängende Baulichkeiten (des 14. Jhs.?). Weiter westlich ist das Geviert eines großen, etwa quadratischen "Wohnturms" (Großmann 1953 und 1971: Palas) platziert, von dem Keller- und Eingangsgeschoss erhalten sind (Keller mit vier Kreuzgratgewölben auf Mittelpfeiler). 2002 erhielt der Bau einen Witterungsschutz (Stahlkonstruktion). An der Westspitze liegt ein weiterer Zugang, unmittelbar südlich daneben ein Eckturm, an den östlich die Fundamente eines größeren Gebäudes (Gaul: Palas) anschließen, darunter mehrere schmale Tonnengewölbe. Zwischen den Fundamenten, etwas nach Norden vorgezogen, befindet sich der Brunnen. Die eingangs beschriebenen Fundamente im westlichen Drittel der Anlage scheinen durch eine Mauer von der übrigen Burg abgeteilt gewesen zu sein. Mit einigen Metern Abstand folgen Fundamente eines oder mehrerer Gebäude, die sich innen an die Ringmauer lehnen. Im Süden ist die Ringmauer durch zwei Flankentürme verstärkt. In der Osthälfte waren zwei größere rechteckige Gebäude an die Ringmauer gelehnt (Fundamente 1936/38 ergraben und wieder zugeschüttet). An der Ostspitze liegt ein weiterer, durch eine Treppe erschlossener Zugang (anscheinend im 19./20. Jh. überbaut). Nach der anonymen Zeichnung von 1581 war damals hier ein Zugang zur Burganlage vorhanden. Nördlich des Zugangs steht ein Schalenturm, weiter westlich weisen Mauerwerksspuren auf ein oder mehrere abgegangene Gebäude hin. Unnmittelbar westlich, etwa mittig in der Nordflanke der Anlage, steht ein neogotischer Torbogen (1884?) als neuer Hauptzugang. Westlich davon liegt das 1884 als Gastwirtschaft eingerichtete Hauptgebäude. Die anschließende Ringmauer weist eine Schießscharte auf. Zwischen Hauptgebädue und Bergfried verläuft ein längerer, Nord-Süd gerichteter Mauerzug, der in die Rinmgauer einbindet. 2001/02 wurde das Burggelände umgestaltet, den Westteil der Anlage dominiert seither ein neuer Sendemast des WDR. (Andreas Kamm)

Arch-Untersuchung/Funde:

Vor 1825 Skelettfunde;
bei einer Versuchsgrabung auf dem Amtshausberg 1936/38 wurden Kugeltopfscherben gefunden, die eine Datierung ins 9. Jh. zulassen.
Des weiteren kamen mehrere steinerne Kanonenkugeln ans Licht.