EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Tüschenbroich, Wasserburg

Geschichte:

Die Anlage liegt rund 900 Meter östlich der Ortsmitte von Tüschenbroich. Der Name deutet auf die Lage zwischen (= "tüschen") oder mitten in dem Bruch (= "Broich") der Schwalm und ihren Zuflüssen. Die Burg war Stammsitz eines gleichnamigen Geschlechts, von dem 1172 ein Alard von Tüschenbroich erstmals als Besitzer dieser Wassenberger Unterherrschaft genannt wird. Wenig später erscheint der Sitz unter Philipp von Heinsbergs Gütererwerbungen, die er vom Herzog von Limburg für den Kölner Erzbischof (bis) 1190 angekauft hatte. Bis zu dieser Zeit saßen die Burgherren sicher noch auf dem Vorgängerbau (siehe Tüschenbroich I).
Wann in den nächsten Jahrhunderten die Neubebauung des Mottenhügels durch die hier behandelte Burg erfolgte, ist nicht geklärt. 1278 wird Wilhelm von Tüschenbroich als Zeuge in einer Urkunde des Herzogs Walram von Limburg erwähnt. 1288 wird die Burg Offenhaus des Herzogs von Brabant. 1330 ging Tüschenbroich in den Besitz der Herren von Rheydt über und kam 1390 an die geldrischen Edelherren von Matlar. Durch Heirat gelangte der Sitz 1450 an Johann von Melich (auch Melick oder Mehlich), 1456 wird im Zusammenhang mit einer Neubestiftung die in der Burg gelegene St. Ulrichskapelle erwähnt. Die Nachricht kann sich eigentlich nur auf die neue Burg beziehen, spätestens um diese Zeit muss sie also errichtet worden sein.
Auch die späteren Besitzer bedachten die Kapelle mit Messstiftungen. 1470 kam Heinrich Hoen von dem Pesch in ihren Besitz; ein Teil ging an Syvaert von Eyll. 1531 ging die Herrlichkeit an das Geschlecht von Schönrode über, die es aber schon 1546 den Herren von Eyll überließen. Im Jahr 1563 erscheint Bernard von Eyll als Alleinbesitzer. Es folgte 1596 die Familie von Schönebeck, welche das Anwesen 1624 an den Freiherren Franz von Spiering verkaufte. Noch im gleichen Jahr ging die Burg in Flammen auf und wurde niedergelegt. Zum Grundbesitz von Tüschenbroich gehörten um das Jahr 1600 der Pachthof Dyckerhof sowie Ländereien und Benden von 300 Morgen, hinzu kamen 225 Morgen Wald und eine Gerechtigkeit am Petersholz über 100 Morgen. (Markus Westphal)

Bauentwicklung:

Der spätmittelalterlichen Burg muss nach den historischen Überlieferungen eine frühere Befestigung (siehe Tüschenbroich, Motte) auf dem Mottenhügel vorausgegangen sein. Archäologische Funde und Befunde aus dieser Zeit liegen allerdings nicht vor. Vielleicht wurde für die neue Burg der Hügel begradigt und somit die Siedlungsreste der einst höheren Motte beseitigt. Es ist zu vermuten, dass bei Errichtung der spätmittelalterlichen Befestigung auch die rechteckige Vorburg im Westen und der Weiher angelegt wurden. Zwischen Haupt- und Vorburg liegt eine Wasserfläche von 46 Metern Breite, über die eine Brücke geführt haben muss. Bemerkenswert ist die Existenz einer historisch überlieferten Burgkapelle. Nachdem die Burg 1624 niederbrannte, erfolgte am 11. Mai 1630 die Grundsteinlegung für ein neues Schloss auf der ehemaligen Vorburginsel. Die Hauptburg wurde nicht wieder aufgebaut und liegt seitdem wüst. (Markus Westphal)

Baubeschreibung:

Von der spätmittelalterlichen Wasserburg Tüschenbroich, der vermutlich eine Motte (Tüschenbroich, Motte) vorausging, blieben noch die Ruine des Nordwestturms und ein südlich und östlich anschließendes Stück der Ringmauer erhalten. Der Turm ragt aus der Mauerflucht hervor und weist Außenmaße von 5,18 mal 3,79 Meter auf; die Mauerstärke beträgt 0,7 Meter. In der Südostecke, zum Burginneren hin, war er offen. Lage und Konstruktion deuten auf einen Eckturm hin, zu dem es womöglich Gegenstücke in den anderen Ecken gab. Das an den Eckturm ansetzende östliche Wehrmauerstück ist drei Meter lang. Unmittelbar südlich angrenzend befinden sind zwei unterirdische Kellergewölbe von rund drei mal drei Metern Größe. Östlich der Keller liegt eine vom Erdgeschoss zu ihnen führende Treppe.
Aufgrund dieses Befundes ist vermutlich von einer mehrflügeligen Burg auszugehen, deren Seitenlänge ca. 30 m betrug. Eine solche Anlage zeigt der Codex Welser von 1723.
Die Burg ist von Nordwesten aus gezeichnet, wobei die Vorburg links und die Hauptburg rechts abgebildet sind. Zu beachten ist bei dieser Abbildung, dass der linke (= nordöstlicher) Turm der Vorburg wohl nie existierte, sondern falsch platziert wurde. Offensichtlich war der Turm für die perspektivisch dahinter liegende Südwestecke der Hauptburg, wo ein Turm zu fehlen scheint, vorgesehen. Ansonsten ist die rechteckige Vorburg ziemlich genau abgebildet.
Es geht aus den Schriftzeugnissen nicht hervor, ob auch die Vorburg vom Brand betroffen war. Jedenfalls erfolgte die Neubebauung des Geländes mit einem Schloss, inwieweit dabei Fundamente der Vorgängeranlage verwendet wurden, müsste eine archäologische oder bauhistorische Untersuchung klären. Das heute nur teilweise erhaltene Schloss war eine nach den Himmelsrichtungen ausgerichtete rechteckige Anlage mit rund 56 mal 43 Meter Innenfläche. Im Osten und Süden ist sie vom Schlossweiher, an den übrigen Seiten von einem daraus abgeleiteten Wassergraben umgeben. Auf der Westseite steht noch der zum großen Teil erhaltene Hauptflügel, der heute zu Wohnzwecken dient. Er besitzt zwei hohe Geschosse und ein Satteldach. In der Nord- und Südecke flankieren ihn zwei viereckige Türme, von denen nur der Nordturm vollständig erhalten ist. Der mächtige Backsteinturm ist viergeschossig und wird von einer geschweiften Haube mit hoher Laterne bedacht. Der Südturm stürzte bei einem Sturm im Jahr 1876 ein und zerstörte dabei die Südecke des Westflügels. Nach der Errichtung eines neuen Giebels konnte das Gebäude wieder benutzt werden.
Auf der Tranchot-Karte vom Anfang des 19. Jahrhunderts sind der nördliche und südliche Flügel abgebildet. Danach wiesen sie die gleichen Ausmaße wie der Westflügel auf. Nach Osten, zur niedergebrannten Hauptburg hin, scheint das Schloss nur eine niedrige Mauer besessen zu haben. Im 19. Jahrhundert stand das Schloss längere Zeit leer und verfiel. Nord- und Südflügel legte man daher nieder. Die Außenkante des Nordflügels kennzeichnet heute eine Mauer von geringer Höhe mit dem ehemaligen Vorburgtor in der Mitte. Das Tor besteht aus einem Korbbogen mit Quadereinfassung in rechteckiger Blende. In den oberen Ecken des Bogens sind die Rollen für die Zugbrücke sichtbar. Jeweils eine Schießscharte im unteren Bereich der beiden Torwangen sicherte den Zugang. Vom Südflügel sind Grundmauern und Holzsubstruktionen unterirdisch erhalten, wie eine archäologische Untersuchung zeigte. Zur Anlage gehörten außerdem zwei erhaltene Mühlen: die Ölmühle, die vom westlich liegenden, höher gelegenen Ölmühlenweiher gespeist wurde und die Kornmühle (jetzt Restaurant), die am Abfluss des Schlossweihers liegt. (Markus Westphal)

Arch-Untersuchung/Funde:

Im Jahr 1969 erfolgte eine Vermessung und Aufnahme von Fundamenten der Hauptburg durch Klaus Grewe (GREWE 1972). (Markus Westphal)