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Boppard

Geschichte:

Die bislang in der Literatur vertretene Zuschreibung des Burgenbaus durch den Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg (1307-1352) und ihre Datierung in das zweite Viertel des 14. Jhs. wird durch die Dendrodatierung des Wohnturmes in das Jahr 1265 in Frage gestellt. Demzufolge wäre die Burg nicht als trierische Landesburg anzusprechen - die ehemalige Reichsstadt Boppard gelangte 1312 als Pfand an Kurtrier - sondern als Reichsburg. Als Gründer der Anlage kommt König Richard von Cornwall in Betracht. Im Jahr 1312 versetzte König Heinrich III. von Luxemburg das Reichsgut Boppard (die Stadt und das sog. "Bopparder Reich) an seinen Bruder, den Trierer Erzbischof Balduin für dessen Unterstützung bei der Wahl zum Reichsoberhaupt. Wenige Jahre später, 1327, musste der Kirchenfürst Boppard mit Waffengewalt erobern. Eine weitere Belagerung erlebte die Stadt 1497. Nach dem Übergang an Kurtrier diente die Burg als Sitz eines Amtmanns. Darüber hinaus fungierte die Anlage als Zollburg. 1788 richtete man in der Burg, die als Amtskellnerei und Zollamt diente, eine Wohnung für den Amtsverwalter ein. Nach 1794 wurde die Anlage einer Nutzung als Magazin und Lazarett zugeführt. Im Nordflügel hatte 1810 die Stadtgendamerie ihr Quartier. 1818 beherbergte die ehemalige kurfürstliche Burg eine Strafanstalt. Später dienten die Gebäude zur Unterbringung von Teilen der Kommunalverwaltung, bis schließlich 1951 dort das städtische Museum eingerichtet wurde. (Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Durch die Dendrodatierung des zentralen Wohnturms der Burg in das Jahr 1265 wird die bislang in der Literatur referierte Baugeschichte der Burg zumindest was ihre Gründung betrifft, in Frage gestellt. Aufgrund der jüngst erfolgten bauhistorischen und dendrochronologischen Untersuchungen ergibt sich für die bauliche Entwicklung der Burg zu Boppard folgendes Gesamtbild: 1265 Gründung des quadratischen Wohnturms. Zum Baubestand der ersten Anlage gehören die fünf Geschosse sowie das auf Rundbogenfries vorkragende Wehrgeschoss, während das Dach nach Ergebnissen der Dendrochronologie erst im Jahr 1335 auf den Turm gesetzt wurde. Wenige Jahre später, 1340/41 erfolgte unter dem Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg der Ausbau der Burg. An die Westmauer des Hauptturmes wurde ein zweigeschossiger L-förmiger Westflügel mit einem südwestlichen Eckturm angefügt. Die Kapelle im obersten Turmgeschoss, die sich durch gut erhaltene, 1910 freigelegte Wandmalereien auszeichnet, entstand - nach Ausweis von Wappendarstellungen - vermutlich während des Pontifikats des Trierer Erzbischofs Kuno von Falkenstein (1362-1388) oder unter seinem Nachfolger Werner von Falkenstein (1388-1418). Eine genauere Datierung ist bislang noch nicht möglich. Nach der teilweisen Zerstörung der Anlage im sog. Bopparder Krieg im Sommer 1497 wurden der Nordbau und der Westflügel 1498 wieder aufgeführt. Weitere bauliche Veränderungen an der Anlage erfolgten vornehmlich in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. An den Westflügel und den Nordbau wurde nachträglich ein zweigeschossiger Nordwestflügel angefügt, für den Dendrodaten aus den Jahren 1660/61 vorliegen. Der Südflügel entstand 1672. Im gleichen Jahr erhielt der neue Trakt als südöstlichen Abschluss einen Rundturm, der in seinen Proportionen dem gotischen Turm auf der Südwestseite entspricht. Weitere Veränderungen erfolgten 1687. Wenige Jahre später, 1694/95, wurde an den bestehenden Nordbau der Nordflügel angebaut. Zusätzlich entstanden die pavillonartigen Eckaufsätze. Als letztes Bauglied wurde 1698-1701 der Ostflügel aufgeführt. Eine wichtige Quelle für die Veränderungen an der Burg nach Abschluss des barocken Ausbaus um 1700 stellen die 1788 angefertigten Pläne der Kellnerei von M. Wirth dar (Grundrisse des Erd- und des ersten Obergeschosses sowie Nord-Süd-Schnitt mit Blick auf den Ostflügel). Aus dem Jahr 1811 ist ein weiterer Plansatz erhalten. Zu Beginn des 19. Jhs. traten flache Dächer an die Stelle der Barockhauben. Die baulichen Eingriffe im 19. Jh. erstreckten sich vornehmlich auf die Innendisposition des Gebäudes. Zwischen 1840 und 1848 schüttete man die Gräben auf der West-, Süd- und Ostseite zu. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Die Anlage bildet ein regelmäßiges, den Hof umschließendes Rechteck von vier Flügeln mit Rundtürmen an SW- und SO-Ecke, Nordflügel um die Breite des vormaligen Grabens nach Westen verlängert (ehem. Zollhaus). Baudetails nachmittelalterlich, Dächer meist 19. Jh. Fünfgeschossiger, in das Jahr 1265 datierter Wohnturm, im 14. Jh. um- und ausgebaut. Besondere Beachtung verdient die schildmauerartig verstärkte, der Stadt zugewandte drei Meter dicke westliche Außenwand des Turmes (vgl. Reichenstein NR; Gemünden SIM; Bieberstein GM). Fünftes, über einem Rundbogenfries mit Maschikulikranz vorkragendes Obergeschoss mit Wehrplattform. In der Nordostecke des vierten Obergeschosses Burgkapelle mit qualitätvollen Fresken des ausgehenden 14. Jhs. Die Gräben, die einst den Gebäudekomplex an drei Seiten umgaben, wurden im 19. Jh. beseitigt. (Busso von der Dollen; Jens Friedhoff)