EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Brüggen am Niederrhein

Geschichte:

1289 trug Graf Walram von Kessel sein Allod, d. h. sein freies Eigengut, die Burg in Brüggen samt Zubehör, dem Herzog von Brabant zu Lehen auf. Die Burg lag strategisch günstig an einem Übergang des Flusses Schwalm, der zugleich ein Kreuzungspunkt zweier wichtiger Handelsstraßen war. 1305 starb das zuletzt verarmte Grafengeschlecht von Kessel aus. Brüggen kam als brabantisches Lehen an die Grafen und späteren Herzöge von Jülich. Diese machten die Burg zum Zentralort des Amtes Brüggen. Im 14. Jh. entwickelte sich im Vorfeld der Burg die Stadt Brüggen, die schon im 15. Jh. um eine Vorstadt erweitert wurde. Die in den Amtsrechnungen von 1398/99 verzeichneten Bauarbeiten an der Burg betreffen Schornstein, Dach und Küche. Weiter ist die Anschaffung einer Donnerbüchse durch den Drost bzw. Amtmann verzeichnet. Die Burgkapelle wird 1467/68 erstmals genannt. 1473 wurden Burg und Stadt von den Truppen des Burgunderherzogs Karl dem Kühnen schwer beschädigt. Die anschließenden Reparaturarbeiten betrafen Türen, Fenster, Schlösser, die durch Brand zerstörte Brücke und das schadhaft gewordenen Tor der Vorburg.
In der 2. H. des 15. Jhs. war Brüggen mit der Burg zeitweise in den Händen der Grafen von Mörs, die diese aber dem Herzogtum Jülich wieder zurück übertrugen.
Bis 1794 war Brüggen Bestandteil und Sitz der Amtsverwaltung im Herzogtum Jülich. Nach dem Einmarsch der Franzosen wurde die Burg im Jahre 1802 an den letzten Amtsverwalter verkauft. Die Burg wurde in der Folgezeit durch Abbrüche auf ihren heutigen Bestand reduziert. 1974 pachtete die Gemeinde Brüggen die Burganlage und führte erste Umbauten an Palas und Eckturm durch. Seit 1979 ist in der Burg ein sehenswertes Jagd- und Naturkundemuseum untergebracht.
Südlich des Burgareals steht die ehemalige Wassermühle der Burg, ein zweigeschossiger Backsteinbau des 17. Jhs. mit Mahlwerk aus dem 19. Jh. Das Wasserrad ist eine Rekonstruktion. Heute beherbergt die Mühle ein Cafe und Restaurant. (Jens Wroblewski)

Bauentwicklung:

Ausgrabungen des damaligen Rheinischen Landesmuseums Bonn im Jahr 1975 konnten die baugeschichtliche Entwicklung der Burg Brüggen weitgehend klären. Von der ersten Burg der Grafen von Kessel wurden im Bereich der Hauptburg Reste eines Palisadenzaunes sowie eines Holzgebäudes entdeckt. Für einen steinernen Wohnturm im Zentrum der Burganlage sprechen die zahlreichen, beim Bau der neuen Burg zweitverwendeten Mergelsteine, deren natürliches Vorkommen im alten Herrschaftsgebiet der Grafen von Kessel an der Maas liegt. Dort war dieser Naturstein ein ähnlich bevorzugter Baustoff wie der Tuffstein am Niederrhein.
Sehr wahrscheinlich mit dem Übergang an die Grafen von Jülich zu Beginn des 14. Jhs. wurde die alte Burg niedergelegt und durch eine moderne Kastellburg mit vier Rundtürmen aus Backstein ersetzt. Die auf einem leicht verzogenen Grundriss (40 x 37 m) errichtete Burg hatte gegenüber dem Palas auf der Südseite einen Pendant auf der Nordseite. Ost- und Westflanke waren anfangs nur von Ringmauern geschlossen. Die Westflanke nahm das aus zwei Torflankenmauern bestehende Burgtor auf, über denen sich ein kleiner Turm erhob (Clemen 1891). Über den Ausgrabungsbefund ist für die Außenmauern zwischen den Ecktürmen ein Wehrgang auf Bogenstellungen zu rekonstruieren.
Weiter ist der Denkmäleraufnahme von 1891 zu entnehmen, das der Palas (26,7 x 10 m) im Erdgeschoss über einen bemerkenswerten Bodenbelag aus Formsteinen mit Heiligendarstellungen verfügte. Auch wird eine Holztreppe des 17. Jhs. erwähnt. Der gegenüberliegende Nordtrakt war zum Ende des 19. Jhs. im Mauerwerk bis ins zweite Stockwerk hinauf erhalten. In der Westwand waren doppelte Bogenstellungen übereinander erhalten, die nach Clemen auf zwei Bauphasen hinweisen. Weiter erwähnt er Ausgrabungen in diesem Trakt im Winter 1890, bei denen nicht näher genannte Mauern und Eberknochen gefunden wurden, die auf eine Küche schließen lassen.
Die halbmondförmige Vorburg im Westen war von der Hauptburg durch einen 14 m breiten Wassergraben getrennt und mit einer zur Hauptburg offenen Ringmauer geschützt, die gemäß der Überlieferung von P. Clemen (1891) ebenfalls über einen Wehrgang auf Spitzbogenstellung verfügte. Die Nordwest-Ecke sicherte ein runder, noch erhaltener Eckturm, mit Kuppelgewölbe im Untergeschoss.
Der noch erhaltene Torbau (8,1 x 8,1 m) aus dem 14. Jh. wurde im 17. Jh. überformt. Spitzbogentor mit Zugbrückenblende sowie das Querstockfenster der darüber liegenden Wachstube werden von einer großen Flachbogenblende überfangen. Durch das Spitzbogentor gelangt man in eine tonnengewölbte Durchfahrt. Unter dem Pyramidenhelm verläuft ein Spitzbogenfries.
Vermutlich zu Beginn des 16. Jhs. wurden der zweigeschossige Palas und der Südwest-Eckturm um ein Stockwerk erhöht. In Höhe der ursprünglichen Dachlinie ist am Palas heute noch ein umlaufender Spitzbogenfries zu erkennen.
Das Außengelände der Burg wurde ab 1520 durch Erdwälle und kasemattierte Bastionen den neuen Erfordernissen der Kriegstechnik angepasst. Die Hauptburg umschloss man zusätzlich mit einer Zwingermauer, für die der Burggraben zur Hälfte verfüllt werden musste. Reste der Bastionen und der Zwingermauer sind nördlich der Burganlage noch erhalten geblieben. Ihre Datierung in die Zeit unmittelbar nach den Zerstörungen 1473 ist typologisch nicht haltbar. Vermutlich zeitgleich mit diesen Arbeiten wurde der Nordost-Eckturm abgerissen und durch eine Burgkapelle ersetzt.
Im 17. Jh. erhielten die Wohnflügel neue Fenster. Zeitgleich wurde die Raumaufteilung verändert. Im 19. Jh. setzte der Verfall ein, der erste Abbrüche nach sich zog, die in den heutigen Bauzustand einmündeten.
Palas und Eckturm wurden durch Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg beschädigt und wiederhergestellt. Der Südwest-Eckturm wurde 1975-1981 fünfgeschossig ausgebaut; der Kegelhelm 1994 nach historischen Vorbildern des 17. Jhs. neu aufgesetzt. (Jens Wroblewski)

Baubeschreibung:

Das heute als Jagd- und Naturkundemuseum genutzte Burggebäude stellt nur ein Drittel der ehemaligen Kastellburg dar. Brüggen folgt damit den Kastellburgen des 14. Jhs., wie z. B. Kempen, Krickenbeck, Moyland und Uda. Von der Anlage sind nur die beiden Torgassenmauern - eventuell früher turmartig überbaut - erhalten. Ferner existiert noch der ehemalige dreigeschossige Palas auf der Westseite, der an der Südwestecke einen Rundturm aufweist. Der Palas wurde im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstört, von 1975-1981 im Inneren fünfgeschossig ausgebaut und mit einem Walmdach versehen. Die gotische Dachtraufe markiert ein umlaufender Spitzbogenfries. Der Turm erhielt 1994 ein neues Kegeldach in modernen Formen. Dem Palas gegenüber finden sich die Reste eines weiteren Gebäudetraktes als gesicherte Mauerreste, die sehr wahrscheinlich noch gotische Originalsubstanz beinhalten.
Von der sichelförmigen Vorburg haben sich Reste der Ringmauer im Westen, ein Rundturm (sog. Messerturm) im Norden sowie Fragmente des quadratischen Torturmes (14. Jh.) an der Südecke erhalten. Im Kern handelt es sich um mittelalterliche Bausubstanz, die modern überformt wurde. Unter dem Pyramidendach findet sich ein gotischer Spitzbogenfries. Das Spitzbogentor mit Zugbrückenblende und das Querstockfenster im Obergeschoss werden zusammen von einer Flachbogenblende überfangen. Vor dem Turm befindet sich eine gemauerte Bogenbrücke.
Nördlich und östlich der Hauptburg sind Reste der frühneuzeitlichen Befestigungsanlage erkennbar, bestehend aus Erdwall und an den Ecken vorgeschobenen Erdwerken mit gut erhaltenen Kasemattengängen. (Jens Wroblewski)

Arch-Untersuchung/Funde:

1975 durch das Rheinische Landesmuseum Bonn