EBIDAT - Die Burgendatenbank

Eine Initiative der Deutschen Burgenvereinigung Menu

Hanhofen

Geschichte:

Bischof Raban von Speyer begann Ende 1414 mit dem Bau einer Burganlage bei Hanhofen, wobei König Ruprecht von der Pfalz 1401 und König Sigismund am 23.11.1414 ihm die Unantastbarkeit der bischöflichen Freiheiten und Rechte bestätigt hatten. Die Stadt Speyer berief sich hingegen auf ein Privileg König Karls IV. aus dem Jahre 1349, worin er der städtischen Bürgerschaft Speyers verbriefte, dass im Umkreis von 3 Meilen um Speyer ohne städtische Erlaubnis keine Befestigung errichtet werden dürfte. Es kam somit zu einem Konflikt zwischen dem Bischof und der Stadt Speyer, die 1419 mit Truppen nach Hanhofen zog und die begonnene Befestigung abbrach. Der Speyrer Bischof sagte zu, zu seinen Lebzeiten die Anlage nicht mehr mit Mauern und Türmen befestigen zu wollen, nutzte sie bzw. ihre Wohnbauten aber offenbar weiter. Am 2.8.1434 überließ Raban - mittlerweile Erzbischof von Trier - die Anlage Heinrich von Remchingen.
1464 begann der Speyerer Bischof Matthias von Ramung an der Stelle der bisherigen Anlage in Hanhofen mit einem Neubau, den 1465 der Domkapitular Raban von Helmstadt erhielt. Bis 1472 war die nun "Marientraut" genannte Burg weitgehend fertiggestellt und mit "Mauren, Thürnen, Gräben, Füterungen, Brucken, Portheusen, Wehren und Bäwen" versehen. Die ebenfalls fertige Burgkapelle war noch nicht geweiht, für die Vorburg ein Torgebäude mit Zugbrücke in Planung. Zudem wurde sie unter dem bereits 1470 belegten Burgvogt Konrad Weimer dem Speyerer Domkapitel geöffnet. Zugleich war sie seit 1469/75 Sitz eines Unter- bzw. später Oberamtes.
Die weitere Entwicklung der Burganlage, die im Besitz des Speyerer Hochstiftes verblieb, ist nur gering dokumentiert. Nach Errichtung der Festung Philippsburg unter dem Speyerer Bischof Philipp von Sötern verlor Marientraut nach 1618 an Bedeutung. Während die Anlage den Dreißigjährigen Krieg trotz Besetzung offenbar weitgehend unbeschadet überstand, wurde sie wohl im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688-97 und vielleicht auch im Spanischen Erbfolgekrieg stärker in Mitleidenschaft gezogen, so dass sie nach einem Bericht von 1716 nur noch von 3 Wächtern bewohnt und als Gefängnis nicht mehr brauchbar war.
Nach schlossartiger Wiederherstellung im 18. Jh. wurde sie im Zuge der Revolutionskriege 1794 endgültig zerstört und ihre Ruinen ab 1804 nach Versteigerung abgebrochen, so dass von den Burggebäuden nichts mehr erhalten ist. (Reinhard Friedrich)

Bauentwicklung:

In Hanhofen liegt der seltene Fall vor, dass eine Burgstelle zweimal bebaut wurde und beide Baudaten gut bekannt sind. Eine erste Burganlage war Ende 1414 durch den Speyerer Bischof Raban begonnen worden, deren (noch im Bau befindliche ?) Befestigungen 1419 durch die Stadt Speyer geschleift wurden, wobei das abgerissene Mauerwerk zur Ausbesserung der Speyerer Stadtmauer verwendet wurde.
An der Stelle der ersten Anlage, unter Einbeziehung ihrer Reste, wurde ab 1464/65 unter dem Speyerer Bischof Matthias von Ramung mit dem Neubau einer deutlich vergrößerten Burganlage begonnen, die 1472 weitgehend fertig gestellt war. Unter Bischof Philipp von Speyer wurden 1539 Sanierungsarbeiten durchgeführt. Im dritten Jahrzehnt des 18. Jhs. ließ Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn die Anlage nochmals herstellen. 1790 war Marientraut wieder im Verfall, bevor die Anlage 1794 zerstört wurde. (Reinhard Friedrich)

Baubeschreibung:

Über das Aussehen der Burganlage informieren elf Bleistiftzeichnungen von 1720, die vor Beginn der Erneuerungsarbeiten entstanden. Die erste, ab 1414 von Bischof Raban errichtete Befestigung Hanhofen war offenbar eine viereckige Niederungsburg mit drei Ecktürmen, deren umgebende Wassergräben vom Speyerbach gespeist wurden. Von ihr war 1720 noch das Torgebäude erhalten.
50 Jahre später wurde sie im Norden und vor allem Westen auf die vierfache Größe erweitert, wobei sich die ebenfalls mit runden Ecktürmen versehene, viereckige, mit Wehrgang bestückte Ummauerung an die alte Anlage anschloss. Der ehemalige Wassergraben der ersten Anlage trennte weiterhin beide Bereiche, so dass die neue Vorburg und die alte Hauptburg jeweils durch ein Tor mit Zugbrücke zu betreten waren. Die Wohn- und Wirtschaftsbauten lehnten sich an die Ringmauer an, lediglich das Wohnpalais des Bischofs stand frei im Hof. In Bauaufträgen des 15. Jhs. werden u. a. Küche, Backhaus sowie Brunnen genannt.
Von den Gebäuden ist nichts erhalten, lediglich die Steinplatte mit der Bauinschrift von 1464 (marientrut) ist noch vorhanden. (Reinhard Friedrich)