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Babenhausen

Geschichte:

Die Burg Babenhausen begegnet zuerst 1236 im Besitz der Reichsministerialen von Münzenberg. Kuno I. von Münzenberg hatte 1176 von der Abtei Fulda Grundbesitz rund um Altdorf erworben, der im 17. Jh. wüst gefallenen Vorgängersiedlung von Babenhausen. Die Burg sollte wohl zur Sicherung der neu erworbenen Gebiete dienen. Laut Dendrodaten aus der Holzdecke im Erdgeschoss des Saalbaus war die Burg bereits im Winter 1188 in Bau gewesen. Eine früher von Arens behauptete Spätdatierung ins 13. Jahrhundert wurde dadurch widerlegt. Aufgrund des einzigartigen Bauprogramms mit dem im Erdgeschoss offenen Saalbau sollte der Burg vermutlich ursprünglich eine besondere Funktion zukommen, etwa die eines kaiserlichen Jagdhauses im kaiserlichen Wildbann Dreieich. Es ist unklar, ob sie eine solche Funktion in den Jahrzehnten vor der Ersterwähnung jemals erfüllen konnte. Mit dem Aussterben der Münzenberger 1255 kam Babenhausen an die Herren von Hanau als Erben der Münzenberger, von denen es später der Linie Hanau-Münzenberg zufiel. Nach einer Landesteilung wurde das Schloss 1458 Residenz der Teilgrafschaft Hanau-Babenhausen (ab 1480 Hanau-Lichtenberg) und entsprechend ausgebaut. Das Hofleben ist durch umfangreiche Archivalien aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sehr anschaulich überliefert.
Im Februar und März 1635 konnten Stadt und Schloss, die von 200 schwedischen Soldaten verteidigt wurden, eine mehrwöchige Belagerung durch kaiserliche Truppen abwehren. Die dadurch in Babenhausen entstandene Hungersnot löste allerdings eine erhöhte Sterblichkeit in der Stadt aus. Nach dem Ende des Krieges befand sich das Schloss in schlechter baulicher Verfassung, die Hofhaltung musste sich auf die nötigsten Bedürfnisse beschränken. 1692 erbrachte eine Bestandsaufnahme der Befestigungsanlagen, dass Stadt und Schloss kaum verteidigungsfähig seien und empfahl die Anschaffung neuer Musketen und Geschütze für die Rondelle. Mangels finanzieller Mittel konnte dies nicht umgesetzt werden.
1736 erlosch das Hanauer Grafenhaus und wurde nach langen Verhandlungen mit Hessen-Darmstadt 1771 durch den Landgrafen von Hessen-Kassel beerbt. Das Schloss, das sich in schlechter Verfassung befand, war nach wie vor eine Verteidigungsanlage und wurde von Angehörigen des Kasseler Hofes genutzt. Aus der Zeit um 1800 datieren sogar Pläne zur Umwandlung der vorhandenen Wallanlagen in spitzwinklige Erdschanzen. Nach der Angliederung Babenhausens an Hessen-Darmstadt 1807 verblieb im Schloss zunächst eine Invalidengarnison, bevor es 1891 an private Hand veräußert wurde. Schädlich für die Bausubstanz war die zeitweilige Nutzung als Altersheim nach 1945. Seither hatte das Schloss wechselnde Eigentümer und ist momentan (2024) nicht zugänglich. (Thomas Steinmetz)

Bauentwicklung:

Durch Bauforschungen ergab sich, dass die Burg von Anfang an die heute noch überformt erhaltene quadratische Anlage aus Backstein von 42 x 44,5 m Größe war. Eine Seite des Quadrates nahm der Palas bzw. Saalbau mit romanischem Treppenturm ein. In der Mitte des Hofes entstand als erstes Gebäude ein quadratischer Bergfried, der zwischen 1705 und 1729 abgerissen wurde. Die Südseite war frei, im Norden stand ein kurzer, auf 1200-1210 datierter Flügel und ein Torbau. Der Palas verfügt über eine zum Hof hin offene Erdgeschosshalle, die seine Bewohnung im Winter unmöglich machte. Erste Umbauarbeiten müssen angesichts eines spitzbogigen Doppelfensters noch im 13. Jahrhundert erfolgt sein. Der Großteil der Fensteröffnungen stammt heute aus dem 16. Jh. oder später.
Vermutlich im 15. Jahrhundert wurde die Burg mit einem Zwinger umgeben, dessen Ecken mit relativ hoch aufragenden Rundtürmen verstärkt waren. Deren unterschiedliche Gestaltung legt nahe, dass sie nicht gleichzeitig errichtet wurden. Um 1464 ist das doppelte Wall-Graben-System angelegt worden. Auch die Entwicklung der Burg zur ringsum bebauten Vierflügel-Anlage mit Treppentürmen begann um 1470, kam jedoch erst im 16. Jahrhundert zum Abschluss. 1472 wurde erstmals eine Kapelle erwähnt, deren Standort wahrscheinlich im Südosteck war. Der Bergfried ist noch auf einer Ansicht der Gesamtanlage aus der Zeit um 1570 zu sehen, muss aber bald darauf abgebrochen worden sein.
Bereits vorher, nämlich im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts wurde ein dritter Bering mit einer Wallhinterschüttung und vier runden Geschütztürmen angelegt. Die genaue Bauzeit der Geschütztürme, die uneinheitlich sind, ist nicht überliefert. Vor diesem Bering befand sich ein Graben, davor ein weiterer Wall und zuletzt ein äußerer Graben. Die Gräben waren mit Wasser gefüllt und wurden zur Fischzucht genutzt. Um 1800 wurde die innere Zwingermauer mit den hohen Ecktürmen vollständig abgetragen, die Gräben trockengelegt und verfüllt. Die Nutzung als Altersheim zog Eingriffe in die Bausubstanz nach sich, wie etwa den Einbau eines Liftes in einen Treppenturm. Nach 1990 erfolgten Restaurierungen zum Schutz der wertvollen Bausubstanz, die jedoch zunächst unvollendet blieben. (Thomas Steinmetz)

Baubeschreibung:

Die Burg Babenhausen lag deutlich von der Stadt getrennt inmitten des Sumpfgebiets der Gersprenz. Die Gesamtanlage besteht heute nur noch aus dem quadratischen innersten Schloss, dem Zugang mit Torhaus sowie dem äußeren Zwinger mit vier Geschütztürmen. Infolge der Einebnung der beiden Wassergräben und des dazwischenliegenden Walls ist der bis um 1800 vorhandene wehrhafte Charakter nicht mehr gut erkennbar.
Der Zugang zum Schloss erfolgte von Norden über einen langen, steinernen Brückenzwinger, der hinter dem Torturm bis zur Einfahrt in das innere Schloss weiterlief und insgesamt sechs Tore aufwies. Nachdem er leicht schräg die beiden Gräben und Wall passiert hatte, gelangte er zur äußeren, mit Maulscharten versehenen Zwingermauer mit dem Torturm. Die Umwehrung war hier bollwerksartig verbreitert, dahinter stand das Zeughaus von 1568. Hinter der Mauer war ein Artilleriewall angeschüttet. Das Kernschloss war bis ins 19. Jh. von einem dritten Wassergraben und einer inneren Zwingermauer mit Ecktürmen umgeben. Die Kurtinen zwischen den Türmen sind 110-130 m lang. Der zweite Zugang im Westen stammt aus jüngerer Zeit.
Das innerste Schloss ist im Kern noch die 42,5 x 44 m große Backsteinburg aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert. Aufgrund des sorgfältigen Backsteinmauerwerkes wurde die Ausführung durch eine italienische Bauhütte vermutet. Herausstechendes Merkmal des Schlosses ist der 42 x 8,5 m große Saalbau, der die gesamte Westseite einnimmt. Seine drei Geschosse aus Backstein waren ursprünglich unverputzt. Das Erdgeschoss wird von einer mittels Arkaden zum Hof geöffneten Halle eingenommen, deren hölzerne Flachdecke noch aus der Bauzeit stammt. Der Saalbau ist aufgrund seines romanischen Treppenturmes und des offenen Erdgeschosses ein architekturgeschichtliches Unikat. Eine Erklärung für diese zur Bauzeit einzigartige architektonische Gestaltung liegt bisher nicht vor. Die Backsteinbauweise erfuhr keine regionale Fortsetzung, zudem ist der Wendeltruppenturm der älteste erhaltene Treppenturm im stauferzeitlichen Profanbau. Die drei übrigen Flügel des Schlosses gehören ins 15. und 16. Jahrhundert und wurden im Inneren immer wieder umgebaut. Im Hof stand zentral ein quadratischer Bergfried von max. 11 m Seitenlänge aus Backsteinen, dessen Fundamente 1954/55 ergraben wurden. Bei der Ausgrabung wurden im Schutt innen im Bergfried auch Buckelquader aus Basalt mit anhaftenden Backsteinen gefunden.
Nach dem Abbruch der inneren Zwingermauer umgibt heute nur noch der äußere Bering das Schloss, dessen Rondelle mit Maulscharten versehen sind. Einer der vier ungleichen Geschütztürme verfügt noch über ein barockzeitliches Mansarddach. Ursprünglich besaßen sie Kegeldächer.
Schloss Babenhausen ist aufgrund seiner Backstein-Bauweise der bedeutendste mittelalterliche Profanbau im Landkreis Darmstadt-Dieburg. (Thomas Steinmetz mit Ergänzungen durch Stefan Eismann)

Arch-Untersuchung/Funde:

Archäologische Untersuchungen sind 1955 erfolgt, erbrachten jedoch keine bedeutsamen Funde. 2016 baubegleitende Untersuchungen an der Ostseite des Zwingers.