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Westerburg

Geschichte:

Die Anfänge des Schlosses Westerburg liegen im Dunkeln. Als Initiator der in der urkundlichen Überlieferung erstmals 1194 erwähnten Anlage (Heiberger, Grafen, 1983), kommt Siegfried von Runkel in Betracht (1181-1226), der durch seine Heirat mit einer Gräfin aus dem Hause Leiningen die Vogtei über das unweit von Westerburg gelegene Stift Gemünden an sich gebracht hatte. Bis zum Jahr 1222 waren Erben der Grafen von Leiningen an dem Schloss mitbeteiligt. Die von Siegfrieds Söhnen gestifteten Linien besaßen die Burg zunächst gemeinsam. Im Kontext von Auseinandersetzungen unter Siegfrieds Enkeln wurde die ältere Linie aus der Stammburg Runkel verdrängt, nach der sich die jüngere Linie benannte. Im Jahr 1288 wurde dem älteren Familienzweig der Alleinbesitz von Westerburg bestätigt. Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten aus diesem Westerburger Zweig des Hauses Runkel zählt der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg (reg. 1275-1297). Die zu Füßen der Burg bestehende Siedlung erhielt 1292 Stadtrechte. Durch eine Erbtochter fiel 1470 der pfälzische Besitz des Hauses Leiningen an Reinhard I. von Westerburg (1453-1522), dem Stifter der Linie Leiningen-Westerburg. Infolge der Schwerpunktverlagerung der Herrschaftsinteressen in die Pfalz sank die Bedeutung der kleinen Herrschaft Westerburg. Die zum Schloss um- und ausgebaute Burg diente seit 1557 jedoch verschiedenen Seitenlinien als Herrschaftsmittelpunkt und Wohnsitz. Seit 1703 waren die Linien Alt- und Neuleiningen an Schloss und Herrschaft Westerburg beteiligt. 1806 wurde die Herrschaft mediatisiert und fiel an das Herzogtum Nassau. Das Schloss verblieb in Leiningischem Besitz und fiel an den nassauischen Ast des Hauses Alt-Leiningen. (Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Licht in die recht komplizierte architektonische Entwicklung der Höhenburg in Spornlage brachte eine zu Beginn der 1980er Jahre durchgeführte bauhistorische Untersuchung. Das heutige Erscheinungsbild des Schlosses wird maßgeblich durch die Umbauten der Renaissancezeit und des Barock bestimmt. Mit einer Ausnahme - 1562 Hinweis auf Umbauten - fehlen historische Daten zur Baugeschichte. Im wesentlichen unterscheidet man zwischen fünf Bauphasen.
A) Im ausgehenden 12. Jh. (urkundliche Erstnennung von Westerburg 1194) entstanden unter Siegfried II. von Runkel (1181-1226) der runde Bergfried, der im Osten die Angriffsseite und den Zugang zur Burg deckte, sowie der Ostflügel der Kernburg mit Torhaus, Kapelle, Palas und einem sich nach Westen an den Palas anschließendem Wohnturm. Der auf einer Ansicht des 18. Jh. wiedergegebene schlanke Aufsatz des Bergfrieds (Butterfassturm) datiert sehr wahrscheinlich ins 14./15. Jh.
B) In einer zweiten Bauphase, die in das erste Viertel des 13. Jhs. gesetzt wird, entstanden ebenfalls unter Siegfried II. Anbauten, die den Wohnturm nach Norden und Westen erweiterten. Die Kapelle wurde durch die Sakristei und einen Vorraum vergrößert.
C) Im letzten Viertel des 15. Jhs. ließ Reinhard I. (1543-1522), Stifter der Linie Leiningen-Westerburg, im Westen der Kernburg einen dreigeschossigen Wohnbau errichten.
D) Kurz nach der Mitte des 16. Jhs. nahm Reinhard II. zu Leiningen-Westerburg (1530-1584) umfangreiche bauliche Veränderungen vor. Die Kapelle sowie die Trakte im Süden und Osten wurden aufgestockt. Am spätgotischen Wohnbau erneuerte man die Westmauer und setzte dem Gebäude einen neuen Dachstuhl auf.
E) Im 18. Jh. entstand ein Lustgarten im Westen der Burg. Der Hauptbau erhielt ein Mansarddach. An der Südwestecke der Kernburg enstand auf älteren Fundamenten ein schlichtes Wohngebäude. Die im 19. Jh. lange Zeit unbewohnte Burg wird vom beginnenden 20. Jh. an bis 1980 u. a. als Jugendherberge, Kinder- und Altersheim genutzt. Heute wird die Anlage privat bewohnt und ist lediglich in den Außenanlagen zugänglich. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Von der hochmittelalterlichen Burg des ausgehenden 12. Jhs. blieben in dem im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit baulich veränderten dreiflügeligen Kernbau der Schlosses weite Teile erhalten. Der Zugang zu der in Spornlage errichteten Höhenburg erfolgte von Osten und wurde durch den noch als Stumpf erhaltenen runden Bergfried aus Basalt geschützt. Auf einer Zeichnung des 18. Jh. wird der Turm bereits als ruinöser Baukörper mit schmalen rundem Aufsatz wiedergegeben (Butterfassturm). In dem dreiflügeligen Kernbau der Burg, der sich durch eine bewegte Dachlandschaft (Hauptgebäude mit Mansarddach; Seitentrakte mit Krüppelwalmdach bzw. Walmdach) auszeichnet, blieben im Ostflügel verschiedene Räume mit reichem romanischem Bauschmuck erhalten. Besondere Beachtung verdient die flachgedeckte Burgkapelle mit dem gewölbten Vorraum der sich durch ein aufwendiges spätromanisches Kapellenportal auszeichnet. Zum Hof hin hat sich dort eine vierteilige Fenstergruppe mit steilen Spitzbögen über drei Säulchen erhalten. In der südöstlchen Ecke der Kernburg liegt ein Raum, der über einen spätgotischen Erker verfügt. Das Innere des Raumes weist eine einfache Stuckdekoration des 18. Jhs. auf. Der im 15. Jh. entstandene Westflügel verfügt über einen großen Saal mit aufwendigem Netzgewölbe und teilweise figürlichen Vierpassschlusssteinen. Besondere Beachtung verdient ein feingliedriger Kamin mit wappenhaltender Halbfigur und Eidechsen. Im Vorburgbereich befinden sich teilweise Gebäude aus dem 19./20. Jh. Inwieweit der westliche Teil des Burgberges, auf dem sich ein barocker Lustgarten erstreckt, in das Befestigungssystem eingebunden war, lässt sich lediglich durch archäologische Untersuchungen klären. (Jens Friedhoff)