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Nassau

Geschichte:

Burg Nassau wurde nicht nur für den Ort namengebend, sondern auch für ein mächtiges Adelsgeschlecht. Der spätere Burgberg war seit 993 Eigentum des Wormser Hochstiftes, welches als Vögte die Herren von Laurenburg eingesetzt hatte. Hier überquerte eine von Mainz kommende alte Wegverbindung nach Koblenz den Fluss. Sie entsprach der heutigen "Bäderstraße". Wohl die ab 1124 bezeugten Brüder Ruppert I. und Arnold I., nach früherer Meinung vielleicht auch schon deren unmittelbare Vorfahren um 1101, errichteten dort Anfang des 12. Jahrhunderts auf Grund und Boden ihres Herrn eigenmächtig eine Burg, die trotz der Proteste des Wormser Stiftes nicht aufgegeben wurde. Erst 1159 wurde der Streit beigelegt, nachdem der Trierer Erzbischof Hillin den Burgberg eingetauscht hatte und anschließend die Laurenburger damit belehnte. Sie durften ihre schon errichtete Burg behalten und nannten sich fortan Herren (später Grafen) von Nassau. 1160 erwarben die Grafen von Nassau aus dem Erbe der Arnsteiner Grafen wesentliche Anteile am Einrichgau. Nach der Besitzteilung 1255 zwischen den Brüdern Otto I. und Walram II. in eine walramische Linie (südlich) und eine ottonische Linie (nördlich der Lahn) blieb die Burg im gemeinsamen Eigentum der beiden Familienzweige. Ein bedeutender Vertreter des Geschlechtes war Walrams Sohn Graf Adolf von Nassau, der von 1292 bis zu seinem gewaltsamen Ende in der Schlacht bei Göllheim 1298 Deutscher König war. Die walramische Linie zerfiel später in die Linien N.-Weilburg, N.-Usingen, N.-Idstein sowie N.-Wiesbaden. Die ottonische Linie von Nassau, 1607 in die Zweige N-Dillenburg, N-Siegen, N-Hadamar, N-Beilstein und N-Diez gespalten, gewann im 15. Jh. zunehmend Einfluss in den Niederlanden. Ihr entstammte Wilhelm I. von Oranien (1533-1584) aus dem Hause Nassau-Dillenburg. Das 1806 entstandene Herzogtum Nassau wurde 1866 aufgelöst und kam zu Preußen. Seit Ende des 15. Jhs. war Burg Nassau keine Residenz mehr. Auf der Burg, über die keine Kriegszerstörungen bekannt sind, wurde 1515 noch ein Burgkaplan genannt, 1597 war die Anlage bereits stark verfallen. Von 1971 bis 1982 wurden Teile der Burg restauriert. Insbesondere der Bergfried und der Palas sind in interpretierender Weise wiederhergestellt bzw. neu erbaut worden. Sie bestimmen heute die Silhouette der Burg. (Reinhard Friedrich)

Bauentwicklung:

Die Anfänge der Dynastenburg Nassau reichen in das erste oder zweite Jahrzehnt des 12. Jhs. zurück. 1255 wurde auf der Burg die nassauische Teilung zwischen einer ottonischen und walramischen Linie vereinbart. Dem spätromanischen Baubestand der Anlage gehören die Reste des Ende der 1970er Jahre teilweise frei rekonstruierten Palas sowie Teile der Ringmauer an, während der als Aussichtsturm genutzte, fünfeckige westliche Bergfried sehr wahrscheinlich im frühen 14. Jahrhundert aufgeführt wurde, Über das Alter des lediglich in einigen Ruinen erhaltenen quadratischen Ostbergfrieds lassen sich keine konkreten Aussagen machen. Wertvolle Aufschlüsse über den Baubestand der geteilten Burg vermittelt ein 1349 geschlossener Burgfrieden beider Parteien. Gemeinschaftlich waren die beiden Haupttürme, die diese verbindenden Wege, die Tore und der Burghof sowie die Kapelle über der Pforte und der Brunnen, wohingegen die beiden Linien die übrigen Gebäude zu ihrem jeweiligen Alleineigentum erhalten sollten. Bereits Ende des 15. Jhs., nachdem die Burg als Residenz keine Rolle mehr spielte, setzte der Verfall ein. Obwohl die Burgkapelle noch 1515 und 1530 mit einem Kaplan besetzt wurde, muss wohl angenommen werden, dass sie zu diesem Zeitpunkt in baulicher Hinsicht bereits stark vernachlässigt war. Nach umfangreichen Ausbesserungsarbeiten unter Graf Adolf III. von Nassau-Wiesbaden in den Jahren 1501/02 berichten die Quellen bereits 1522 erneut von baulichen Mängeln. Seit dem 18. Jh. wurde der Baubestand durch Steinraub erheblich dezimiert. Eine weitere Beschädigung erfolgte 1945. Seit 1970 wurde die Anlage freigelegt und teilweise rekonstruiert (Palas und oberer Abschluss des West-Bergfrieds). (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Die Baugeschichte der Burg erhellende historische Daten sind nicht bekannt. Ein nahezu rechteckiger Mauerbering mit einer Längsachse von ca. 77 m umschließt die Bergkuppe und bildet den eigentlichen Burghof. An der schmalen Westseite steht leicht erhöht und in die Ringmauer eingepasst ein im Unterbau fünfeckiger, im heute aufgehenden Teil fast quadratischer Hauptturm. Möglicherweise stellt der Unterbau die Reste eines Turmes der Burg des 12. Jahrhunderts dar. Der heutige, sich vom Burghof 19 m hoch erhebende Turm wurde erst später, wohl nicht vor 1300, auf den Resten des Vorgängerturmes erbaut. Seine Westseite deutet im unteren Bereich noch ein Fünfeck an, das nach oben zu immer flacher wird. Im Inneren hat der Turm über dem Verlies zwei 6 bzw. 8 m hohe Räume mit Kreuzgratgewölben, der untere Raum ist mit Kamin ausgestattet. Zur Hofseite ist ein repräsentativer Treppenturm vorgesetzt. Außer an der Südseite finden sich an den anderen Seiten zwei Reihen Fensteröffnungen meist in Form schmaler Spitzbogenfenster. Nur im obersten Bereich laufen heute je zwei quadratische Öffnungen um den ganzen Turmkörper. Der umlaufende Wehrgang mit Zinnen und vier vorkragenden Ecktürmchen sowie die spätmittelalterliche Dachkonstruktion mit Walmdach wurden entsprechend einer Darstellung auf einem Merianstich aus dem 17. Jahrhundert rekonstruiert. An der gegenüberliegenden östlichen Schmalseite stand ein weiterer, ebenfalls in die Mauer eingespannter viereckiger Turm, der heute zur Innenseite offen ist. Mittig in der südlichen Längsseite waren noch die Grundmauern des rechteckigen Palas (ca. 20,0 x 8,20 m) erhalten. Die heutige Burgschänke ist in historisierender Form 1979-82 über den Grundmauern des Palas neu errichtet worden. An der nördlichen Längsseite ist die Ringmauer mit Blendarkaden, die einen Wehrgang trugen, erhalten. Fast mittig darin liegt der Eingang zum inneren Burgbereich. Im Obergeschoss des ehemaligen Torbaus befand sich eine St. Johannes geweihte Kapelle. Nördlich davor befindet sich ein Zwinger mit einem tiefer gelegenen, rundbogigen Tor im Westen. Um die ganze Burg verlief ein weiterer Zwinger mit einem Schalenturm an der Südostecke. Der recht geräumige Zwinger an der Nordseite der Hauptburg könnte u.a. einige Wirtschaftsgebäude aufgenommen und die Funktion einer Vorburg erfüllt haben. Ein weiterer Zwinger mit dreiviertelrundem Flankenturm zieht sich um die gesamte Burganlage. Im unteren Teil des Burgberges befanden sich weitere Burgmannenhäuser und Ministerialensitze, darunter auf einem Felsgrat die Burg der Herren vom Stein, Stammsitz des seit 1158 erwähnten gleichnamigen Geschlechtes. (Reinhard Friedrich)

Arch-Untersuchung/Funde:

Lesefunde (Keramik, Ofenkacheln); romanische Kapitelle von Fensterarkaden des Palas (2. H. 12. Jh.)