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Eckartsau

Geschichte:

Im späten 12. Jh. erscheinen mit Rudmar und Heinrich von Eckartsau "milites" des Sintram von (Klein-)Ebersdorf, einem Angehörigen der älteren Ebersdorfer (FRA II/4, 556). Daneben lassen sich ab 1177/85 auch Ministeriale von Eckartsau aus der Sippe der Sonnberg-Hainburg-Rötelsteiner nachweisen (FRA II/4, 434). Noch nach 1258 sind mit Ulrich und seinem Sohn Irnfried Genannte dieses Geschlechts fassbar. Deren freieigenen Sitz versuchte das Hochstift Regensburg in frühhabsburgischer Zeit in seinen Besitz zu bringen. Diesen erbt 1507 Apollonia v. Volkensdorf. 1571 gelangt der Besitz an die Teufel, 1639 an die Gfn. Khuen-Belasy, 1650 an Elisabeth v. Loos, 1659 an die Herberstein. Das Schloss ist 1663 als Zufluchtsort genannt. Vischer zeichnet den Bau 1672 noch als "Festes Schloss". Gf. Kinsky lässt nach Erwerb 1720 den Bau zu einem barocken Prunkschloss umgestalten. 1760 gelangt es an die Habsburger. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges ist das Schloss für kurze Zeit - bis 1919 - Wohnsitz von K. Karl I. Die Güter fallen 1918 an den Kriegsgeschädigtenfonds, nach 1945 an die Österr. Bundesforste.
(G.R., T.K.)

Bauentwicklung:

Die heutige Schlossgestalt erhielt Eckartsau unter den Gfn. Kinksy durch den Architekten Fischer v. Erlach 1722/32. Älterer Baubestand ist nicht gesichert überliefert.

Baubeschreibung:

Die Niederungslage und die ehem. Feuchtgebiete führten zur Errichtung eines als ehem. "Wasserburg" ansprechbaren Sitzes.
Entsprechend zeigt Vischers Ansicht von 1672 einen wasserumgebenen, burghaften Schlossbau mit Torturm, der über eine Holzbrücke erschlossen wurde. Ein weiteres, ebenfalls von einer Brücke übersetztes Gewässer im Vordergrund des Stiches lässt ein von Wasserläufen durchzogenes Sumpfgebiet als Standort des Schlosses vermuten, eine Situation, die das parkmäßig gestaltete Areal heute nicht mehr nachvollziehen lässt. Der Bau wird 1672 auf einer niedrigen, mglw. felsigen Erhebung dargestellt. Diese Situation ist mit der heutigen Lage nicht in Übereinstimmung zu bringen, da der Bau auf einer deutlich erkennbaren, mehrere Meter hohen Geländeterrasse mit beträchtlich vorgelagerten Böschungen situiert ist. Das Wasserschloss des 16. und 17. Jhs. ist heute nicht mehr erhalten bzw. erkennbar, nach Dehio soll der N-Trakt jedoch auf Bauteile des 16./17. Jhs. zurückgehen. Die stärker abgetieften Kellerräume und das örtlich hier vorhandene Bruchstein- und Mischmauerwerk sind mögliche Hinweise dafür. Jüngere Bauteile, vor allem jene des späten 19. Jhs. weisen reines Ziegelmauerwerk auf.
Unter Franz Ferdinand Gf. Kinsky und durch den Architekten Fischer v. Erlach fand 1722/32 ein massiver Umbau bzw. Neubau statt, der sich vom Typus der "Festen Schlösser" völlig abwendete und einen reinen Wohn- und Repräsentativbau in barocken Formen entstehen ließ. Auf diesen Baumaßnahmen, vorbehaltlich div. Wiederherstellungen, basiert der heute überkommene Bau. Der regelmäßige, 2-gesch. 4-Flügelbau umgibt in symmetrischer Form einen annähernd quadratischen Innenhof. Während die östl. Trakte architektonisch untergeordnet sind, tritt der als Haupttrakt ansprechbare W-Trakt stark über die nördl. und südl. Baulinien der Flügeltrakte hinaus. Der durch Dekoration und innere Struktur deutlich hervorgehobene Trakt vertritt den im französischen Raum entwickelten und wiederholt den zeitlichen Erfordernissen angepassten Bautypus des "Corps de logis". Betonendes Zentrum des W-Traktes ist der westl. vortretende Mittelpavillon mit Vestibül im Erdgeschoß und dem Festsaal im Obergeschoß. Die einen Vorgängerbau ablösende Schlosskapelle im Bereich der NO-Ecke wurde 1724 geweiht.
Nach der Übernahme durch Franz Stephan v. Habsburg-Lothringen fanden 1770/74 div. Adaptionen statt, die jedoch hauptsächlich auf Innenbereiche beschränkt blieben. E. d. 18. Jhs. führte eine Hochwasserkatastrophe zu schweren baulichen Schäden, 1820/30 mussten der O-Trakt und Teile des S-Traktes abgetragen werden. 1897/98 wurden unter Ehzg. Ferdinand d´Este Wiederherstellungen durchgeführt, wobei die abgetragenen O- und S-Trakte in neobarocken Formen neu errichtet wurden. Nach Beschädigungen 1945 fanden Restaurierungsmaßnahmen statt. Der reizvolle, überaus reich dekorierte Bau, dessen ergänzende Bauteile sich harmonisch dem urspr. Konzept unterordnen, wird nun nach den Restaurierungen großteils museal genutzt. Die mit reichem Interieur des 18. und 19. Jhs. versehenen Innenräume, wie der Festsaal, das "Goldkabinett" oder das "Indianische Kabinett" sind mit Objekten aus der ehem. Estensischen Sammlung versehen.
Ca. 200 m nordöstl. des Schlosses liegt die Pfarrkirche Hl. Leonhard auf einer wohl künstlich hergestellten Erdsubstruktion, die mglw. ähnlich wie beim Schloss zu einer inselartigen Lage innerhalb der Feuchtgebiete führte. Nach Dehio datiert der Bau mglw. in das 14. Jh., die Barockisierung ordnete sich den mittelalterlichen Vorgaben unter. Als Kernbau ist u.U. eine 3-schiffige Chorturm-/Chorquadratkirche zu vermuten. Überschlämmtes, doch gut sichtbares Großquadermauerwerk ist im gesamten Verlauf der heutigen Außenwände vorhanden, die ohne bauliche Zäsur errichtete W-Mauer lässt gemeinsam mit der großen Breite des Schiffes eine Mehrschiffigkeit vermuten. Im westl. Bereich der N- und S-Mauer wurden 2 schmale Schartenöffnungen mit rundbogigem, stark gefastem Außengewände freigelegt, die formal zumindest weitgespannt in das 13. Jh. datieren. Eine Beziehung Sitz-Kirche ist trotz der entfernten Lage beider Bauten anzunehmen.
(G.R.)