EBIDAT - Die Burgendatenbank

Eine Initiative der Deutschen Burgenvereinigung Menu

Visegrád-vár

Geschichte:

Die heutige Doppelburganlage von Visegrád, bestehend aus der auf dem 333 M hohen Burgberg errichteten Oberen, sowie aus der am Fuße des Berges, am Donauufer erbauten Unteren Burg, wird direkt zuerst 1259 urkundlich erwähnt, als es vom König Béla IV. seiner Frau Maria geschenkt wurde. Schenkt man den Schriftquellen Glauben, so hatte die Königin den Bau aus ihren Schätzen finanziert. Die Befestigung sollte im Falle eines erneuerten Mongoleneinfalls den Bewohnern der Umgebung sowie den Dominikanerinnen des Hasen (heute: Margarethen)-Insel - unter ihnen die Königstochter Margarethe - Schutz bieten. Der Aufenthalt der Königin in Visegrád ist schon 1251 urkundlich gesichert, die Bauarbeiten sollten zu dieser Zeit im Gange, oder vielleicht schon abgeschlossen sein. Die Burg diente später als Sitz des Gespans des königlichen Komitates Pilis. Nach dem Aussterben des Königshauses der Arpaden erhielt die Befestigung vor 1311 der Oligarch Máté Csák, vom dem es König Karl Robert von Anjou 1317 nur durch eine Belagerung erwerben konnte. Ab 1323 diente Visegrad als Sitz des letztgenannten Königs, es ist aber fraglich, ob die berühmte Visegráder Konferenz der damaligen mitteleuropäischen Machthaber 1355 direkt in der Burg stattfand. Erst ab 1339 ist "castrum Wyssegradiense" als die Residenz des Königs erwähnt. Hier starb 1342 Karl Robert aus dem Hause Anjou. Während der Regierung seines Sohnes Ludwig I. (1342-1382) diente die Burg oft als Gefängnis vornehmerer Personen. Karl II.,der Ludwig als Regent nachfolgte, starb 1386 auf Visegrad. Sigismund von Luxemburg (1387-1437) hatte zwar seine ständige Residenz am Anfang des 15. Jhs nach Buda verlegt, Visegrád spielte aber weiterhin die Rolle einer wichtigen Nebenresidenz. Die obere Burg war seit dieser Zeit der Aufbewahrungsort der königlichen Krone. Hier hielt sich 1412 für eine längere Zeit auch der polnische König Wladislaw auf. 1440 war auch die obere Burg der Schauplatz des berühmten Kronenschmuggels, als eine Hofdame der verwitweten Königin Elisabeth die Krönungsinsignien für die Krönung des nachgeborenen Ladislaus (der spätere Ladislaus V.) gestohlen hatte. Mitte des 15. Jhs stand die Burg unter der Verwaltung von mehreren Baronen. Die Anlage kam nach 1460 wieder in direkten königlichen Besitz. Nach dem Tode vom König Matthias verfügten die großadligen Kronwächter über die obere Burg. Nach der Schlacht bei Mohács (1526) verwechselte die Burganlage oft ihre Besitzer, nicht nur die Gegenkönige Johann Szapolyai und Ferdinand von Habsburg haben es mehrmals belagert, auch der Sultan Sulejman I. hatte 1529 so die obere, wie auch die untere Burg erobert. Durch die Belagerungen hatten die Bauwerke darunter der große Wohnturm der unteren Burg schwere Schäden erlitten. Endgültig haben die Osmanen die Befestigungen 1544 eingenommen. Als Stützpunkt der osmanischen Grenzverteidigung spielte Visegrád keine wichtige Rolle. Während des sog. 15jährigen Krieges nahm die habsburgische Armee die Burg 1593 ein. Die Anlage blieb jedoch nur nur bis 1605 unter christlicher Oberhoheit. Achtzig Jahre, nach der Niederlage der Osmanen bei Wien konnten die christlichen Heere Visegrad erst 1684 wieder einnehmen. Die darauf folgende osmanische Belagerung von 1685 führte dann zu einer endgültigen Zerstörung der unteren und oberen Burg, die dann bis zur Mitte des 19. Jhs in Trümmern lagen und als Steinbruch verwendet wurden. (Istvan Feld)

Bauentwicklung:

Es ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob die untere und die obere Burg, die miteinander mit einer langen Talsperremauer verbunden waren, gleichzeitig oder nacheinander errichtet wurden. Aufgrund der bisherigen Forschungen stammen aber die über einem dreieckigen Grundriss errichtete innere Ringmauer der oberen Burg mit dem östlichen, fünfeckigen Haupturm, dem südlichen Torturm, sowie dem nur aus spärlichen Resten bekannten nordwestlichen Wohnbau, wie auch das mit der Talsperremauer zusammen errichtete Mauersystem der unteren Burg am Berghang bzw. am Donauufer mit dem mächtigen sechseckigen Wohnturm (eigentlich ein Turmpalast), den Torbauten, die den durch die untere Burg durchführende Landstaße kontrollierten, sowie mit dem Wasserturm noch aus der 2. Hälfte des 13. Jhs,. Als Entstehungszeit wird man die Jahre 1250 bis 1265 ansetzen. Zu einer bedeutenderen Erweiterung kam es dann vermutlich unter König Karl Robert von Anjou (1308-1342) Mitte der 1320-er Jahre. Die obere Burg erhielt einen äußeren Mauergürtel mit einem Vorwerk vor dem früheren Torturm und mit einem Felsengraben, sowie drei Palastflügel der inneren Ringmauer entlang. In der unteren Burg entstand eine fast quadratische innere Mauer um den Wohnturm herum, der selbst in seinem Inneren ungebaut wurde. Die Wohnbauten der oberen Burg ließ zuerst König Ludwig I., dann Sigismund von Luxemburg umbauen, dem letzterwähnten Bauherrn ist noch die Errichtung des Palastflügels an der Nordseite des Haupturmes, sowie des äußersten Mauergürtels mit einem repräsentativen Torbau im Osten zuzuschreiben. Einen noch gründlicheren Umbau ließ dann König Matthias durchführen. Die Baumaßnahmen erstreckten sich vor allem die Wohnbauten. Spuren einer Renaissance-Archiktektur oder Elemente eines modernen nachmittelalterlichen Verteidigungssystems sind aber nicht bekannt. (Istvan Feld)

Baubeschreibung:

Das heutige Erscheinungsbild der Visegráder Doppelburganlage – die als eine der größten mittelalterlichen Befestigungsanlagen des ehemaligen Königreiches gilt – wird maßgeblicht durch den typischen Ruinencharakter sowie die denkmalpflegerischen Arbeiten der 2. Hälfte des 20. Jhs bestimmt. Bei der unteren Burg dominiert eindeutig der sechseckige, siebengeschossige Wohnturm mit seiner Betonergänzung an der Südseite, bzw. mit den spätromanischen Zwillingsfenstern an den erhalten gebliebenen Fassaden. In seinem Inneren sind noch Reste der Wandkamine der ersten Bauperiode, sowie Gewölbekämpfer im obersten Stock aus dem Umbau des 14. Jhs erhaltengeblieben. Die stark ergänzten Umfassungsmauern der unteren Burg weisen an den beiden Seiten des nördlichen Torturmes noch bedeutende ursprüngliche Zinnenteile auf. Die mit Türmen verstärkte Talsperremauer ist noch nicht vollkommen saniert, die Mauerteile der oberen Burg sind aber alle gesichert, es fanden auch Ausbauarbeiten statt, wo aus didaktischen Gründen Beton und unverputzte Ziegelmauer verwendet wurden. In der dreieckigen Kernburg stehen besonders die Hofmauern der Palastflügel hoch, sie wurden im Süden in ihren Erdgeschoßteilen sowie mit ihren, aus verschiedenen gotischen Perioden stammenden Öffnungen ergänzt. Das betrifft auch den Tortur. Die bescheidenen Reste des Hauptturmes, sowie die Fassade des Nordwestpalastes warten noch auf eine Sanierung bzw. Ergänzung. Innerhalb des besonders hoch – auch mit Zinnen - erhalten gebliebenen zweiten Befestigungsgürtels stehen im westlichen Aussenhof stark ergänzte Wirtschaftsbauten, heute zu musealen Zwecken ausgebaut. Der Felsengraben und der äußerste Mauergürtel sind noch nicht völlig freigelegt und daher nicht ergänzt, mit Ausnahme der mit seinem Obergeschoß gut erhaltenen östlichen Torturmes. (Istvan Feld)

Arch-Untersuchung/Funde:

Die Burgruinen, als Denkmäler der ungarischen Geschichte erweckten seit Mitte des 19. Jhs ein immer größeres Interesse. Mit der Unterstützung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften begann Imre Henszlmann 1871 die Freilegung der Ruinen der oberen Burg. Bis 1879 wurde fast das ganze innere Burggebiet "gesäubert". Diese Arbeit dürfte man heute kaum als archäologische Ausgrabung bezeichnen, Funde wurden kaum gesammelt, mit dem Bauschutt wurde der Felsengraben aufgefüllt. Bauteile wurden hier nicht saniert, aber auch nicht abgerissen, abweichend vom Wohnturm der unteren Burg, wo man 1872 nach den Plänen von Frigyes Schulek auch mit den Bauarbeiten begann der geplante puristische Wiederaufbau des Turmes zum Zwecken eines königlichen Jagdschlosses blieb aber ab 1882 Torso. Hier konnte man erst ab 1916 die denkmalpflegerischen Arbeiten weiterführen, in der Zwischenkriegszeit entstand oben eine Betondecke, die fehlenden Bauteile wurden aus Holz ergänzt. In den 30-er Jahren ließ János Schulek anlässlich der Sanierung des äußeren Mauersystems der unteren Burg schon Grabungen durchführen, er arbeitete aber zwischen 1927 und 1948 in mehreren Etappen auch in der oberen Burg, wo auch schon wesentliche Ruinensicherungen stattfanden. 1950 wurde der als Museum eingerichtete Wohnturm der unteren Burg durch Brand zerstört . Seine Wiederherstellung begann erst 1959, begleitet durch die Ausgrabungen von M. Héjj. Der aus Beton erfolgte, auch heute noch umstrittene Ausbau wobei viele Elemente des puristischen Ausbaus beseitigt wurden - erfolgte bis 1966 nach den Plänen von J. Sedlmayr. In der oberen Burg wurde mit der systematischen Ruinensanierung 1972 begonnen, diese Arbeit ist auch heute noch nicht vollkommen abgeschlossen. Nach kleinere Rettungsgrabungen wurden zwischen 1975-1976, dann 1985-1986 regelmäßige Freilegungen und Bauuntersuchungen von M. Szoke durchgeführt, die dann in den 90-er Jahren von L.Iván und L.Bozóki fortgesetzt wurden. In den vergangenen fast 150 Jahren kam ein besonders reiches Fundmaterial aus beiden Burgteilen ans Tageslicht. Bisher wurden vor allem die Architekturdetails, zum Teil die Küchen- und Tafelkeramik und vor allem die Ofenkeramik bearbeitet. (Istvan Feld)