EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Sibrik-domb

Geschichte:

Am Nordrand der Stadt Visegrád, auf dem direkt am Donauufer liegenden, 175 m hohen Hügel unterhalb der späteren oberen Burg, ließ Kaiser Constantinus I. um 320 zum Schutz der pannonischen Limes-Linie ein unregelmäßig dreieckiges, etwa 130x140 großes Militärlager mit mehreren hufeisen- bzw. fächerförmigen Außentürmen errichten. Nach der Notitia Dignitatum hieß die Befestigung Pone Navata. Die Innenbauten schloßen sich meist an die Wehrmauern an. Noch um 360 wurde an der Donauseite eine Doppeltoranlage ausgebildet. Später entstand ein quadratischer Turm davor, der auch noch im Gebrauch war, als die Befestigung selbst Ende des 4. Jhs ihre Bedeutung verloren hatte. Die Anwesenheit einer quadischen Bevölkerung am Anfang des 5. Jhs ist noch nachzuweisen, aber aus der Zeit vom 6. bis 9. Jh. finden sich keine Belege für eine Besiedlung des Hügels. Der Name der heutigen Siedlung Visegrád (= hohe Burg) ist slawischen Ursprungs, was auf die Bevölkerung der Umgebung hinweist, aber nicht als Beweis einer slawischen (großmährischen?) Befestigung zu interpretieren ist. Nach der ungarischen Landnahme gehörte dieses Gebiet wahrscheinlich schon früh zu den fürstlichen-königlichen Besitztümern.
1009 wird Visegrád in einer Urkunde als Sitz des gleichnamigen königlichen Komitates aufgezählt, es kommt aber später in den Schriftquellen nicht vor. Ungeachtet dessen spricht einiges dafür, dass König Salomon 1083 in einem Turm des einstigen Römerkastells vom Ladislaus I. eingekerkert wurde. Auch die in der Nähe des Militärlagers freigelegte und als Archidiakonatskirche interpretierte Bau mit mehreren Bauperioden spricht dafür, dass die Ruinen des römischen Limeskastells als eine mittelalterliche Komitatsburg wiederverwendet wurden. Es ist nicht auszuschließen, dass sie zugleich als ein Sitz der vom König Andreas I. abstammenden Linie des Arpaden-Haueses diente. Es wird angenommen, dass der Komitatszentrum später nach Esztergom verlegt und die Burg in Visegrád aufgegeben wurde. Seit dem 12. Jh rechnet man dann mit der Ausbildung der königlichen Forstgespanschaft bzw. Bezirk Pilis, deren Sitz auch in Visegrád, aber schon nicht mehr auf dem Sibrik-Hügel gesucht wird. (Istvan Feld)

Bauentwicklung:

Aufgrund bisheriger Forschungen ist nicht näher festzustellen, in welchem Zustand sich die römischen Ruinen um 1000 befanden. Die Türme waren sicherlich ruinös. Bei den südlichen Ecktürmen hatte man die Vermauerung der Eingänge im Erdgeschoss während dieser Zeit festgestellt, Umbauten kennen wir auch bei dem westlichen quadratischen Turm. Da keine Spuren einer weiteren - so für die zeitgenössischen Komitatsburgen charakteristische, aus Holz und Erde gebauten - Befestigung ans Tageslicht kamen, rechnet man doch damit, dass die ausgebesserten römischen Steinmauern der Verteidigung dienten. In der besser erforschnten Südostecke der Befestigung fand man mehrere Gebäudeteile, darunter Reste eines 17 m langen und 10 m breiten, zweigeteilten Steinhauses mit einem Ofen. Es wird als das Wohnhaus des Komitatsgespans bewertet, wobei eine Nutzung als königliches Haus auch nicht auszuschlißen ist. Dem - sonst noch unveröffentlichem - Fundmaterial nach gab es in der Burg ab dem 12. Jh keine Bautätigkeit mehr. (Istvan Feld)

Baubeschreibung:

Auf dem mit Gras bewachsenen, meist gepflegten Plateau des Hügels – wo sich in der Nordecke ein Försterhaus mit Gärten befindet – sind heute nur an zwei Stellen römerzeitliche und mittelalterliche Bauteile, bzw. ihre didaktische Präsentation zu finden. Das bedeutet, dass die Originalbefunde in den meisten Fällen zugedeckt wurden und man baute die Mauerzüge aus modernen Baumaterial nach – ihre Struktur und Farbe sollten auf die einzelnen Perioden hindeuten. Im Westen sind so die verschiedenen römerzeilichen Phasen des turmartigen Bauwerks zu finden, im Südosten – hinten einem längeren römischen Mauerabschnitt mit vier Türmen – ist das Steingebäude des 11. Jhs zu erkennen, das auf abgetragenen Innenbauten des 4. Jhs errichtet wurde. (Istvan Feld)

Arch-Untersuchung/Funde:

Auf dem Gebiet des Römerkastells bzw. der mittelalterlichen Burg führte zuerst S. Soproni eine begrenzte Grabung 1950-1951 durch, die schon die Bestimmung so der Grundrissdisposition, wie auch der mittelalterlichen Nachnutzung ermöglichte. Danach arbeitete er hier 1971 zusammen mit M. Szoke. Der letzterwähnte Archäologe legte dann zwischen 1974 und 1976 die SO-Ecke der Anlage auch mittelalterlichen Bauten frei. Mehr als 80% des Lagergebietes ist aber noch immer unerforscht. Leider steht heute die ausführliche Bearbeitung der jüngeren Grabungen noch nicht zur Verfügung, ihre Ergebnisse kennen wir nur aus kurzen, meist populärwissenschaftlichen Bearbeitungen. (stvan Feld)