EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Ozora-várkastély

Geschichte:

Die Siedlung gehörte spätestens seit dem 13. Jh. der wahrscheinlich aus dem Döröscske-Herrengeschlecht stammende Familie Ozorai. Barbara, die Tochter des letzten männlichen Familiengliedes, heiratete bald nach 1398 den Italiener Filippo Scolari, einen der einflussreichsten Günstlinger des Königs Sigimund von Luxemburger, der zuerst im Finanz-, dann im Militärwesen des Königreiches eine wichtige Rolle spielte. Das Ehepaar erbte die Besitztümer der Ozorai-Familie. Scolari wählte zum Marktflecken entwickelte Siedlung als Ort seiner Residenz. 1416 erhielt er die königliche Genehmigung zum Bau eines "castrums, fortalitiums" oder "castellums". Das Gebäude stand wahrscheinlich bereits im Jahre 1423 als sich der König in Ozorai aufhielt. 1426, im Todesjahr von Scolari, beschrieb der florentinische Gesandte die prächtige Burg. Hier lebte bis 1438 die verwitwete Barbara Ozorai. Danach kam die Anlage in den Besitz der hochadligen Familie Hédervári, deren letztes Mitglied, Ferenc 1533 verschied. 1491 konnte Maximilian von Habsburg die Burg durch Belagerung für kurze Zeit einnehmen. 1531 wurde die Befestigung abermals belagert. 1537 wurde die Anlage von Bálint Török besetzt. Die Osmanen nahmen die Burg nach einem unerfolgreichen Versuch von 1544 im darauffolgenden Jahr in Besitz. Die durch diese kriegerischen Auseinandersetzungen stark beschädigte Anlage diente bis 1686 als zweitrangige Garnisonsburg den neuen Machtinhabern auf diesem zentralen Teil des ehemaligen Königreichs. Inzwischen kam das Gebiet in Besitz der Familie Esterházy, die ihre Oberhohheit nach den Feldzügen der vereinigten christlichen Heere von 1686 geltend machen konnten und die Ortschaft zu einem der Zentren ihrer transdanubischen Besitztümer ausbauen liess. Ab 1800 diente der wiederaufgebaute Palastbau der ehemaligen Burganlage nur als Kornsprecher und als Sitz lokaler Amtsverwaltungen. Nach 1945 wurden die früheren Esterházyschen Güter verstaatlicht. Das Gebäude diente weiterhin als Kornspreche. In einigen Räumen wurde später ein Heimatmuseum eingerichtet. 1978 begann man mit der Sanierung bzw. Wiederherstellung der Burg. Ab 1981 wurden hier umfangreiche bauarchäologische Untersuchungen durchgeführt. Die erste Etappe der Rekonstruktion wurde 2002 abgeschlossen. Im Palastbau sind Ausstellungen untergebracht. (istvan Feld)

Bauentwicklung:

Die im Zentrum der Siedlung, in der unmittelbaren Nähe der Pfarrkirche zwischen 1416 und 1432 errichtete Residenz bestand aus einem auf quadratischem Grundriss erbauten, zum Teil unterkellerten zweigeschossigen Palastbau mit Binnenhof, sowie aus einer ebenso regelmäßigen äußeren Umfassungsmauer mit runden Türmen an den Ecken. Es ist bekannt, dass die mit Zinnen abgeschlossenen hohen Außenmauern des Palastbaus auch den inneren Dachstuhl deckten, was der Anlage ein mediterranes Aussehen verlieh. Im Erdgeschoss waren die Außenmauern - abgesehen von dem reich gegliederten Eingangsportal im Westen - nur durch kleine, hoch ausgebildete Fenster durchgebrochen. Die Räumlichkeiten des Obergeschosses wurden durch große Kreuzstockfenster belichtet. Ferner befanden sich dort Erker und Balkons. Im Binnenhof verlief ein Arkadengang auf allen vier Seiten, hier sind nur die Öffnungen des Erdgeschoßes bekannt. Die inneren Räumlichkeiten so des Erd- wie auch des Obergeschoßes waren mit rippenlosen Kreuz- bzw. Tonnengewölben versehen. Die Funktion der ersteren - abgesehen von der westlichen Tordurchfahrt - konnte nicht geklärt werden. Im Obergeschoß war im Nordflügel die Kapelle (mit einem Apiserker), im Ostflügel ein großer Saal, im Westflügel auch eine größere Räumlichkeit untergebracht. In der Nordwestecke wird ein Schlafraum neben Treppenhaus vermutet. Der Haupteingang war in der Mitte der südlichen Außenmauer ausgebildet, mit einer Brücke über den Graben davor, aber auch die westlich liegende Pfarrkirche war über eine eigene Brücke von der Burg aus erreichbar. Der einzige mittelalterliche Umbau, der vielleicht auch die Schäden der Maximilianischen Belagerung beseitigen wollte, erfolgte um 1520 im Stil der Frührenaissance. Der Erker im Westen wurde abgebrochen und die vermauerte Tür einem eine Renaissance-Fenster umgestaltet. Der Arkadengang des Hofes wurde als Renaissance-Loggia konzipiert. Spolien z.B. von Kaminkonsolen, weisen auf weitere Umbauten hin. Nach der Zerstörungen der Zeit der osmanischen Besetzung - als nur Palisadenbauten errichtet wurden - erfolgte der Barockumbau des Palastes um 1730. Die Außenmauer wurden abgetragen, der Graben aufgefüllt. Der Südflügel des zuerst U-förmigen, im Hof mit Holzerkergang errichteten einfachen Schlosses wurde etwas später in Form eines niederigen Mittelturmes mit einem Portal im Erdgeschoss wiederaufgebaut. Nach 1789, anläßlich des kompletten Umbaus des Gebäudes zum Kornsprecher erhielten alle vier Flügel die gleiche Höhe und ein gemeinsames Dach. Im Hof wurde zugleich im Süden einge zweigeschoßige Bogenarkade erbaut (Istvan Feld)

Baubeschreibung:

Am Hang eines nördlichen Hügelrückens, direkt neben der heutigen barocken Pfarrkirche, ganz in der Nähe des Sió-Flußes steht der monumentale Baublock des Palastes mit Zeltdach. In seiner, nur vorläufig geordneten Ungebung sind die noch nicht konservierten Reste der äußeren Unfassungsmauern sowie der Brückenpfeiler aufzufinden. Die Außen- wie auch die Hoffassaden des Palastes erhielten ihr heutiges Aussehen im Zuge der Sanierungsarbeiten der letzten Jahrzehnte des 20. Jhs. So finden wir ergänzte gotische Kreuzstockfenster vor allem an der Ost-, aber auch an der Nord- und Westseite. Im Westen wurde auch die Toranlage ergänzt, die Balkons bzw. die Erker der West- und Nordfassade – darunter der Apsiserker der Kapelle – erhielten eine moderne, didaktische Präsentation aus Holz. Es wurden noch viele Fenster des 18. Jhs. Beibehalten, auch die während der osmanischen Zeit zerstörte Südfassade ist in ihrer mehrphasigen Barock-Form wiederhergestellt. Im Binnenhof wurde der gotische Arkadengang – unter Verwendung von Originalspolien – in einer postmodernen Form (zum Teil aus Holz) wiederhergestellt. Die Fassaden behielten meistens ihre Barockform, auch die Erdgeschossräume ihre Tonnengewölbe aus dieser Zeit. In den Räume des Obergeschosses, wo eine bedeutende Bausubstanz des Mittelalters erhalten blieb, ließ der moderne Architekt, János Sedlmayr die Form der mittelalterlichen Gewölbekonstruktionen aus Beton nachahmen, sowie die ursprüngliche Raumteilung widerherstellen. Im Apsisteil sind Reste der mittelalterlichen, in der Mitte des Südflügels der barocken Wandmalerei erhaltengeblieben. (Istvan Feld)

Arch-Untersuchung/Funde:

Ab 1981 wurden hier unter der Leitung des Verfassers komplexe bauarchäologische Forschungen - d.h. Ausgrabungen und Bauuntersuchungen - durchgeführt. Die große Forschungkampagne verlief kontinuerlich bis 1991, danach wurden die Arbeiten, die auch heute noch nicht vollkommen abgeschlossen sind, nur in kleineren Abschnitten weitergeführt. Etwa 70 % des Burgareals wurde freigelegt. Es ist während dieser Zeit gelungen, die Topographie, wie auch die Baugeschichte der spätmittelalterlichen Residenz, osmanischen Garnisonsbefestigung, wie auch des neuzeitlichen Großgrundbesitzzentrums in Einzelheiten zu klären. Die Forschungen brachten umfngreiches Fundmaterial ans Tageslicht, (Keramik, Ofenkachel aus der 1. Hälfte und vom Ende des 15. Jhs., Tongefäße des 16-17. Jhs., türkisches Fayance, usw., Metallgegenstände aller Art, darunter zwei Schatzfunde aus Mitte des 16. Jhs., Glasgefäße des 15. Jhs. Sowie Architekturdetails aus Stein der Gotik und der Renaissance). Dieses Material ist weitgehend bearbeitet und veröffentlicht. (Istvan Feld)