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Eger

Geschichte:

Eger gehörte zu den frühesten Bischofsitzen des Königreiches Ungarn; traditionell sucht man hier eine der Bistumsgründungen Königs Stefans des Heiligen (997-1038). Die Schriftquellen geben aber keine konkreten Hinweise über ihre Anfänge, auch nicht über ihre ersten Bauten (Bischofskirche, Wohnbauten des Bischofs und der Kanoniker). Die Zeit der Errichtung einer Befestigung um diese Bauten herum wird auch nicht erwähnt, ein castellanus kommt in den Urkunden erst 1323 vor. Die verschiedenen Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen der Bischofskathedrale, in der 1204 König Emerich begraben wurde, sind auch nur aus indirekten Erwähnungen bekannt. Der Bau von neuen Verteidigungselementen der Residenz um die Mitte des 15. Jh.s. wird auch nur aufgrund der Kampfhandlungen der Bischöfe mit den Hussiten vorausgesetzt. Eine Ausnahme stellt die Urkunde des Bischofs Johann Bekensloer aus dem Jahre 1475 dar, in der die Errichtung des neuen Bischofspalastes erwähnt wird. Die kirchliche Residenzburg hat ihre ursprüngliche Funktion bis 1542 beibehalten. Ab diesem Jahr wohnte aber der Bischof schon nicht mehr hier. Die stufenweise zur Festung umgebaute Anlage diente nur noch militärischen Zwecken, zuerst als Machtposten des Aristokraten Péter Perényi, dann ab 1548 als eine der wichtigsten königlichen Befestigungen der gegenosmanschen Grenzverteidigungslinie Nordostungarns. 1552 konnte die Burg noch der osmanischen Belagerung widerstehen, trotz ihrer Modernisierung fiel sie aber 1596 und blieb bis 1687 unter türkischer Oberhoheit. 1702 ließ man die östliche Vorburg sprengen, in der Kernbefestigung stationierte aber bis 1783 (und dann im ihrem westlichen Teil von 1870 bis 1956) das Militär. 1906 wurde wegen des Eisenbahnbaus die Nordostbastion durchgebrochen bzw. zum Teil abgetragen. Ab 1956 ist hier das Komitats- bzw. Burgmuseum untergebracht und seit dieser Zeit laufen fast kontinuierlich Sanierungsarbeiten in der Burg, die sonst für die Besucher zugänglich ist.

Bauentwicklung:

Zu den frühesten Bauten auf dem Burgberg zählt man eine Rotunde, die südlich der erst im 12. Jh. errichteten, dann im 13. Jh. umgebauten, im 14., bzw. im späten 15. Jh. mit neuem Chorbau, bzw. mit einem westlichen Doppelturmanlage erweiterten basilikalen Kathedrale freigelegt werden konnte. Vor das 14. Jh. ist noch mit Sicherheit die erste Form der Hl. Stefanskirche nördlich der Bischofskathedrale zu datieren, die Chronologie der anderen Verteidigungs- und Wohnbauten ist aber heute noch meist hypothetisch. Die ältesten Teile der nördlichen, westlichen und südlichen Burgmauer stammen vielleicht schon aus dem 14. Jh., die vier bekannten, meist quadratischen Mauertürme (zum Teil Tortürme) im Westen, bzw. Süden wurden spätestens im 15. Jh. errichtet. Ende des 15. Jhs ließ der Bischof Ippolito d' Este den südlichen Torturm mit seinem bemalten Wappen schmücken. Entlang der Burgmauern standen zu dieser Zeit die Wohnbauten der Kanoniker, im Norden entstand 1475 (unter Verwendung früherer Bauten) der spätgotische Bischofspalast. Im Süden wurden meist Wirtschaftsbauten errichtet. Der im 18. Jh. abgetragene Ostteil der Bischofsburg ist aber für uns fast unbekannt. Die Vorburgfunktion des Letzteren datiert ab den 40-er Jahren des 16. Jh.s., als der Vogt von Péter Perényi, Tamás Varkocs und sein Baumeister, Alessandro Vedani das ursprüngliche Burgareal aus strategischen Gründen mit einer mächtigen Quermauer aufteilen ließen. Der spätgotische Chor der Kathedrale diente als ein vorgelagertes Verteidigungswerk dieses Mauerzuges, der im Nordosten auch mit einer mehreckigen Bastion versehen wurde. Bastionen italienischer Art wurden auch an den anderen Eckpunkten der Befestigung (im Norden, im Westen und im Südosten) errichtet. Auch ein neuer, ebenfalls fünfeckiger Torbau entstand im Süden, zum Teil noch vor 1548, meist aber in den 1550-er Jahren. Anfang der 1570-er Jahre beschloss dann der Wiener Hofkriegsrat den großangelegten Umbau der Burg, man wollte die mittelalterliche Anlage durch eine regelmäßige, fünfeckige Festung ersetzen. Nach Plänen von italienischen Kriegsingenieuren, vor allem der Name von Ottavio Baldigara ist zu nennen, entstanden aber bis 1596 nur zwei mächtige Ohrenbastionen mit der dazu gehörenden Kurtine im Osten, daneben wurde noch das nordwestliche Eckverteidigungswerk modernisiert. Diesen Bauarbeiten fielen die meisten mittelalterlichen Bauten zum Opfer, nur aus dem nördlichen Palastbau blieben bedeutendere Reste erhalten. Während der osmanischen Besetzung erhielt nur die Südostbastion eine Ergänzung, danach wurden auch im Burgkern weitere Bauteile abgetragen. Im 19. Jh. ließ das Militär im Nordosten mehrere neue Gebäude erbauen. Zur Baugeschichte gehören schließlich die Rekonstruktionen der 2. Hälfte des 20. Jh.s., so die Ergänzung des gotischen Palastbaus und des östlichen Tordurchgangs sowie der Wiederaufbau der zusammengebrochenen Dobó-Bastion im Westen.

Baubeschreibung:

Die heutige Erscheinung der im Stadtzentrum, auf einem niedrigen, hügelartigen Berg, in Spornlage liegenden, etwa fünfeckigen, 200x200 m großen Burg ist durch die zum Teil zerstörten, teils ab 1957 wideraugebauten Verteidigungswerke des 16. Jhs. bestimmt. Dazu gehören die unregelmäßigen Mauerzüge der Südseite mit den Toranlagen, die unterschiedlichen Bastionen der Ost- bzw. Westseite, sowie die sog. Kanonenhügel an der Westmauer, darunter der östliche Bau, dessen Sanierung noch aussteht. Erwähnenswert sind die Kanonenstände, die Minengänge und die weiteren unterirdischen Einrichtungen des östlichen Verteidigungssystems (zwei Ohrenbastionen mit Kurtine bzw. Torbau) aus der Zeit 1570-96. Im nordöstlichen Viertel der heutigen Kernburg befinden sich die konservierten Ruinen der Kathedrale, im Nordwesten stehen die Ausstellungs- sowie Bürogebäude aus dem 19. Jh. und der wiederhergestellte gotische Bischofspalast mit Säulengang an seiner Südseite. Aus dem Spätmittelalter stammt noch der südliche Torturm, weitere zwei Mauertürme im Westen sind in ihrer heutigen Form eher moderne Ergänzungen. Entlang der Burgmauern, bzw. westlich der Kathedrale befinden sich ausgegrabene und konservierte Ruinen von mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Wohn- und Wirtschaftsbauten (Schmiede, Keller, etc.).

Arch-Untersuchung/Funde:

Die ersten Grabungen wurden 1862 auf dem Gebiet der zerstörten Kathedrale durchgeführt. Dann legte man zwischen 1925 und 1938 den Ostteil der Burg frei, während dieser Arbeit hat man schon nicht nur den Kirchenbauten, sondern auch dem frühneuzeitlichen Verteidigungssystem eine entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet. Die erste systematische Ausgrabung führte dann Károly Kozák anlässlich der Sanierungs- bzw. Wiederherstellungsarbeiten ab 1957 bis 1987 im Burgareal durch, seitdem laufen hier nur kleinere Grabungen. Die Freilegungen brachten ein enormes Fundmaterial ans Tageslicht, so aus der Zeit der Bischofsresidenz, wie aus der Epoche der Festung – als Beispiele sind Kachelkeramik aus dem 15-17. Jh., Tonpfeifen, Fayance und Porzellan aus dem 17. Jh., sowie Bauplastik der Romanik, Gotik und der Renaissance zu nennen – was zum Teil schon bearbeitet und veröffentlicht wurde.