EBIDAT - Die Burgendatenbank

Eine Initiative der Deutschen Burgenvereinigung Menu

Siegen, Oberes Schloss

Geschichte:

Die Burg auf dem Siegberg über der vor 1224 planmäßig angelegten Stadt Siegen wurde sehr wahrscheinlich an der Wende vom 12. zum 13. Jh. von den Grafen von Nassau gegründet. In einer Urkunde von 1224, die Zeugnis über die Teilung der neu gegründeten Stadt Siegen zwischen den Grafen von Nassau und den Erzbischöfen von Köln ablegt, findet sich mit der Erwähnung von Burgmannen zu Siegen der erste indirekte Hinweis auf die Burganlage. Für das Jahr 1259 liegt eine Urkunde mit der Bezeichnung "castrum" vor. Bis zum Ende der Doppelherrschaft des Erzstifts Köln und der Grafen von Nassau in den Jahren 1409-1421 teilten sich beide Territorialgewalten die Herrschaft über Burg und Stadt. Recht konkrete Angaben bezüglich der Aufteilung der Gebäude finden sich in einem 1343 zwischen beiden Parteien abgeschlossenen Teilungsvertrag. Die Weiß hin gelegene Hälfte der Burg (das später so genannte Grafenhaus) befand sich in nassauischem Besitz, während die Erzbischöfe von Köln den zur Sieg hin gelegenen Teil der Anlage beanspruchten. Gemeinschaftlich waren die beiden Tore zur Burg, der Turm (Hauptturm) sowie der Innenhof mit dem Brunnen. Seit dem Spätmittelalter und vermehrt im 16. und 17. Jh. diente die Burg zu Siegen den Grafen von Nassau aus dem ottonischen Zweig des Hauses neben Dillenburg und Herborn zeitweise als Residenz. Als Graf Johann der Ältere von Nassau-Dillenburg (+1606) die nassau-oranischen Besitzungen unter seinen fünf Söhnen aufteilte, erhielt Johann der Mittlere (+1623) das Siegerland - die Teilgrafschaft Nassau-Siegen - und wählte das Schloss zu seiner dauerhaften Residenz. 1623 kam es zu einer weiteren Teilung der kleinen Grafschaft Nassau-Siegen zwischen einen evangelischen und einen katholischen Zweig des Hauses Nassau-Siegen. Dem evengelischen Zweig dienten die Gebäude des 1543 aufgehobenen Franziskanerklosters (Nassauer Hof) als Domizil. Auf dem Areal des Klosters entstand schließlich ab der Mitte des 17. Jh. bis 1721 ein barockes Residenzschloss, das so genannte Untere Schloss. Zur Unterscheidung von dieser Anlage führte die alte Landesburg auf dem Siegberg, die Residenz der katholischen Linie in den Quellen die Bezeichnung "Oberes Schloss". Im Jahre 1742 gelangten alle nördlich der Lahn gelegenen Besitzungen der nassauischen Linien an das Haus Nassau-Diez, das 1747 auch die Erbstatthalterschaft in den Niederlanden antrat. Siegen hatte damit seine Funktion als Residenz eingebüßt und fungierte bis 1806 als Sitz des der Regierung in Dillenburg unterstellten Amtes Siegen. Der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Berg 1806-13 folgte eine kurze Phase oranischer Herrschaft und 1815 schließlich der Übergang an Preußen und die Eingliederung des ehemals nassauischen Siegerlandes an die Provinz Westfalen. Das Obere Schloss diente als Behördensitz und wurde 1888 von der Stadt Siegen erworben, die dort 1905 das Siegerlandmuseum - ein Regionalmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte - einrichtet. (Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Die Frühgeschichte der mittelalterlichen Landesburg zu Siegen ist bislang erst unzureichend erforscht worden, so dass zu den Anfängen der Anlage keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Vermutlich wurde die Burg als Randhausanlage mit rundem Bergfried gegründet, dessen Fundmente an der Südostecke der polygonalen Ringmauer Ende der 1980er Jahren archäologisch nachgewiesen werden konnten. Aus der Rechnungsüberlieferung geht hervor, dass der Rundturm 1528/29 abgebrochen wurde. Etwa 25 Jahre zuvor, 1504, waren Teile der Anlage nach einem Brand wiederhergestellt worden. Zu den ältesten noch erhaltenen Bestandteilen der Burg zählt das so genannte Bischofshaus, der ehemals kurkölnische Teil der Burg, während das Grafenhaus in seiner jetztigen Gestalt erst nach der Mitte des 18. Jh. entstanden ist. Die mächtigen Außenwerke der Burg - es handelt sich um spätmittelalterliche Rundtürme sowie den als "Krebs" bzeichneten Geschützturm - entstanden im 16. Jh. Im späten Mittelalter entstand sehr wahrscheinlich auch der Torturm der so genannten Marburger Pforte, die den Zugang zu der vor der Burg gelegenen Burgmannensiedlung ermöglichte, ohne die bürgerliche Stadtsiedlung zu passieren. Zur Stadt hin legte man in den 1680er Jahren zwei mächtige Geschützbastionen an. Das Torhaus zum Oberen Schloss datiert in das Jahr 1607. Der die polygonale Kernburg umgebende Ringgraben wurde in nachmittelalterlicher Zeit verfüllt. Dem barocken Ausbau des Schlosses im ausgehenden 17. Jh. ist sehr wahrscheinlich auch der mächtige viereckige Pavillonturm in der Nachbarschaft des Tores zum Innenhof zuzurechnen. Ein schlichtes zweigeschossiges Wirtschaftsgebäude, das in der Frühen Neuzeit über dem runden Bergfried und anschließenden Wohnbauten errichtet wurde und in den 1920er Jahren als Jugendherberge diente, wurde nach der Kriegszerstörung im Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Ungeachtet baulicher Veränderungen in der Zeit des Barock weist die Gebäudegruppe der Kernburg des Oberen Schlosses noch einen erheblichen Bestand an mittelalterlicher Bausubstanz auf. Dies gilt insbesondere für das Torhaus zu dem polygonalen Innenhof und das so genannte "Bischofshaus", einem dreigeschossigen Steinbau mit zum Teil erhaltenen gotischen Fenstern. Bei dem sich daran anschließenden viergeschossigen, querrechteckigen Bauteil handelt es sich um einen ehemaligen Torturm, die im Teilungsvertrag von 1343 erwähnte "Hainpforte", die den erzbischöflich kölnischen von dem gräfliche nassauischen Teil der Burg schied. Die Toranlage wurde in nachmittelalterlicher Zeit vermauert. Das Grafenhaus präsentiert sich dem heutigen Besucher als schlichter zweigeschossiger Bau aus verschiefertem Fachwerk mit Mansarddach und lässt keine Rückschlüsse auf den mittelalterlichen Vorgängerbau zu. Die ehemals freie Seite des Innenhofs war ursprünglich ebenfalls mit Gebäuden besetzt. Dort befand sich der in den 1980er Jahren archäologisch nachgewiesene runde Bergfried (Durchmesser etwa 10 m), der in den Ringmauerverlauf eingebunden war. Der vor die Außenfassade tretende mächtige Pavillonturm in der Nähe des Tores ist eine Zutat der Barockzeit und erhielt eine markante "welsche Haube" mit Laterne. Von den Außenanlagen verdienen neben dem spätmittelalterlichen Torturm zur Burgmannensiedlung, der Hainpforte, an die ein Restaurantneubau angefügt wurde, die an der Westseite zur Stadt hin gelegenen barocken Bastionen (1683), das Torhaus (1607) sowie der als runder Geschützturm mit Aussichtsplattform erhaltene so genannte "Krebs" Beachtung. Innerhalb der äußeren Umwehrung mit spätmittelalterlichen Flankentürmen und dem Geschützturm waren sehr wahrscheinlich Wirtschaftsgebäude der Vorburg platziert. (Jens Friedhoff)

Arch-Untersuchung/Funde:

Ende der 1980er Jahre fand eine archäologische Grabung im Bereich der Kernburg statt, in deren Verlauf man auf die Fundamentreste des runden Bergfrieds stieß.
2012 stieß man bei Ausschachtungsarbeiten auf geringe Reste eines bislang unbekannten Mauerzugs nördlich der Hauptburg. (Jens Friedhoff)