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Vlassrath

Geschichte:

Die Frühzeit von Haus Vlassrath wird indirekt aus der Existenz einer Mühle an der Niers abgeleitet, die von 1320 bis 1349 als ein Lehen der Abtei Siegburg in den Händen des Wolter von Vossum in den Archivalien nachweisbar ist. Aus der Nennung der Mühle wird auf das Vorhandensein eines dazugehörigen Adelssitzes geschlossen. Über den Sohn des Wolter, Sander von Vossum, erster Amtmann im geldrischen Amt Straelen, gelangte Vlassrath an die Familie von Oirsbeck. Engelbert von Oirsbeck und seine Frau versprachen in einer Urkunde von 1390, dem Herzog von Geldern aus ihrem Haus Vlassrath mit Vorburg keinen Schaden zuzufügen. Damit liegt die urkundliche Erstnennung für das Haus vor. Bis dato uneingeschränkter Besitz derer von Oirsbeck wird Vlassrath ab 1432 Bestandteil des Amtes Straelen. 1441 folgt Engelbert von Brempt, wie die Vorbesitzer auch Amtmann zu Straelen. Seine Nachkommen, die die Amtmannfunktion in Straelen weiter ausübten, starben 1642 im Mannesstamme aus. Die besondere Stellung von Haus Vlassrath ist auch am eigenen Lehenshof zu erkennen, der 29 Lehen umfasste (Mühlen, Höfe, Ländereien). Der letzte Spross, Wilhelm Engelbert war im Alter von 14 Jahren der Pest erlegen. Im Verlauf des 17. Jh. bis zum Beginn des 18. Jh. sind wiederholte Besitzerwechsel zu konstatieren. Seit 1747 gehörte Vlassrath den Grafen von Varo auf dem Haus Caen. Ihnen folgten im 19. Jh. die Freiherrn Geyr von Schweppenburg, die das Haus Vlassrath heute noch besitzen und pflegen. (J. Wroblewski)

Bauentwicklung:

Gem. Katasterkarten des 19. Jh. war das leicht trapezförmige Burgareal
(ca. 62x35m) von Wassergräben eingefasst (heute nur noch Bodensenken). Auf dem Gelände war die Hauptburg in der Westecke positioniert. Die Zweiteiligkeit der Anlage ist heute nicht mehr nachvollziehbar, war aber sicher vorhanden. Die Vorburg ist im Bereich der neuzeitlichen Stallungen im Vorfeld des Haupthauses zu suchen. Durch Bauspuren im aufgehenden Mauerwerk und punktuelle archäologische Sondagen am ehem. Zugangsbereich ist die Baugestalt und Baugenese von Vlassrath gut nachvollziehbar. Den Rahmen für die weitere bauliche Entwicklung steckte eine rechteckige, 1,5-1,8m mächtige Ringmauer ab. Auf der Ostecke stand ein 9x10m großer Turm, der 1796 abgebrochen wurde. Seitlich daneben, auf der Südostseite befand sich das Torhaus, von dem eine vorgeschobene Torwangenmauer ausgegraben wurden. Gegen die Hofseite der Ringmauer setzte man ein hakenförmiges Wohnhaus, welches die Südwest- und Nordwestseite ganz einnahm. Im 15. Jh., wurde das heutige Haus mit den Blendbögen auf der Nordwestseite in den Altbestand hineingebaut. Viellleicht wurde es noch vor 1460 errichtet. In diesem Jahr verschrieb Engelbert von Brempt seiner Frau das Nießbrauchrecht an Vlassrath. Nach den Zerstörungen 1607 wurde bis 1612 das Haupthaus wiederhergestellt. Markantes Zeugnis außen ist u.a. der erhaltene geschweifte Giebel, desweiteren der Prunkkamin von 1613 im Saal des Hauses. (J. Wroblewski)

Baubeschreibung:

Von der auf rechteckigem Grundriss erbauten Hauptburg ist nur noch der Nordwestflügel mit Satteldach erhalten, der auf der Ringmauer des 14. Jh. aufsitzt. Diese ist als Wandscheibe noch auf der Südwestseite und dann über Eck in einem kurzen Abbruchstück auf der Südostseite erhalten. Auf der Südwestseite zeugen von dem hofseitig angelehnten, jetzt verschwundenen Wohnbau noch Kragsteine eines Aborterkers. Weiter sind im Mauerwerk Ausbesserungen in Sandsteinquadern sowie eingemauerte Siegburger Steinzeugkannen unklarer Funktion zu erkennen. An der Hofseite heute an Stelle des verschwundenen Wohnbaues ein neuzeitliches Fachwerkgebäude. Der beeindruckende Nordwestflügel ersetzt einen älteren Vorgängerflügel an gleicher Stelle, vielleicht noch vor 1460 errichtet. Auf der Hofseite gotische Blendarkaden, im Hausinneren im nördlichen Keller ein sechsjochiges Kreuzrippengewölbe. Ebenfalls noch dem 15. Jh. gehören die Fenster über dem Hauseingang sowie das rechts darüber positionierte gemauerte Kreuzstockfenster des Obergeschosses an. Der Flügel ist nach den Beschädigungen von 1607 bis 1612 wieder instandgesetzt worden. Die übrigen Kreuzstockfenster des Obergeschosses mit farbigen Schlagläden entstammen dieser Zeit, weiter der geschweifte Südwestgiebel mit über Eck gestellten Fialen sowie eine Stuckdecke im Saal des Hauses. In diesem befindet sich der Prunkkamin, hergestellt für Johann von Brempft im Jahr 1613 und dessen Gemahlin Johanna Berge zu Trips, deren Wappen das Gestaltungszentrum des Kamins bilden und die von weiteren Familienwappen begleitet sind. Darüber drei Relieffelder mit Szenen aus dem Waffenstillstand zwischen den niederländischen Generalstaaten und Spanien im Jahr 1609. Den Abschluss bildet eine Christus Salvator Figur in der Mitte, eingefasst von der Gottesmutter mit Kind zur linken und dem hl. Johannes zur rechten. Seitlich dieser Figuren je ein Medaillon. Das Haus wurde von den Eigentümern von 1995 bis 2005 behutsam restauriert und steht u.a. für Veranstaltungen und Übernachtungen offen. (J. Wroblewski)

Arch-Untersuchung/Funde:

1978 wurden im ehem. Eingangsbereich der Hauptburg zwei Suchschnitte eröffnet, die neben dem Mauerwerk des Torhauses die Ecksituation des Turmes zu Tage förderten. Über Bauspuren im aufgehenden Mauerwerk ließ sich der ausschnitthafte Befund schlüssig interpretieren (s. Bauentwicklung). Weiter wurde die Hofpflasterung aus faustgroßen Kieseln in einer Lehmstickung gefunden. (J.W.)