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Gnandstein

Geschichte:

Die Anfänge der imposanten Burg Gnandstein reichen bis ins Hochmittelalter zurück. Ungeachtet der Tatsache, dass sich die genauen Umstände der Burggründung aufgrund der lückenhaften urkundlichen Überlieferung bislang nicht ermitteln lassen, ist die Anlage nach archäologischen Befunden sehr wahrscheinlich um 1200 entstanden. Als Initiator der Burggründung kommt Markgraf Dietrich der Bedränge von Meißen (1198-1221) in Betracht. Vermutlich waren es die Herren von Schladebach, die im Auftrag ihres Herren Burg Gnandstein errichteten. In den Schriftquellen findet sich erst für das Jahr 1228 ein indirekter Hinweis auf die Burg. In einer Urkunde werden die Brüder Heinrich und Konrad aufgeführt, die sich nach Gnandstein benennen. Burg Gnandstein gehörte zu jenen Anlagen die im Zuge der Ostkolonisation angelegt wurden. Sie diente u. a. der Sicherung zweier im Wyhratal verlaufender Straßen: Es handelt sich um eine Verkehrsverbindung von Leipzig nach Chemnitz sowie einer Straße von Naumburg nach Böhmen. 1327 gelangte Burg Gnandstein in die Verfügungsgewalt der Burggrafen von Leisnig, die möglicherweise den Burggrafen von Altenburg nachfolgen. 1409 wurde schließlich die später in den Grafenstand erhobene, aus dem Niederadel stammende Familie von Einsiedel mit Burg und Herrschaft Gnandstein belehnt, in deren Besitz die Burg bis zur Enteignung 1945 verblieb. 1947 erfolgte die Eröffnung des Landkreismuseums Borna auf Burg Gnandstein und 1992 erfolgte die Übernahme der Anlage in Landeseigentum des Freistaates Sachsen. (Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Die recht komplizierte bauliche Entwicklung der in Spornlage errichteten Höhenburg Gnandstein konnte im Zusammenhang einer grundlegenden bauhistorischen und archäologischen Untersuchung weitgehend geklärt werden.
Grundsätzlich ist zwischen mehreren Bauphasen zu unterscheiden: Der vermutlich kurz vor oder um 1200 entstandenen Gründungsanlage gehören große Teile der annähernd rechteckigen Ringmauer der Oberburg an. Zu den herausragenden archäologischen Funden aus dem Areal der Oberburg zählt u. a. ein zerbrochenes Palmettenwürfelkapitell, das einer Gruppe von Palmetten-Ringband-Kapitellen zuzuordnen ist, die in Mitteldeutschland häufig auftreten und u. a. in der Stiftskirche von Wechselburg zu finden sind.
Der frei hinter der Ringmauer stehende runde Bergfrieds sowie Teile einer vorgelegten Zwingeranlage und der im Süden der Ringmauer feldseitig vorgelegte Saalbau datieren in die Zeit um 1230/40. Insbesondere die Zwingermauer mit einem archäologisch nachweisbaren quadratischen Flankenturm verdient aufgrund ihrer frühen Datierung besondere Aufmerksamkeit. 1386 wurde der Saalbau um ein Geschoss aufgestockt und zur gleichen Zeit erhöhte man die Ringmauer an der Ost- und an der Nordseite. Der Einbau einer Türmerstube in den Bergfried ist aufgrund dendrochronologischer Untersuchungen in den Zeitraum zwischen 1406 und 1410 zu setzen. Auslöser für die baulichen Aktivitäten könnte der Besitzerwechsel der Burg gewesen sein. Spätestens 1409 gelangte Gnandstein an die Herren von Einsiedel. Um 1470 erfolgte, wie die Ergebnisse einer dendrochronologischen Untersuchung der Balkendecke nahelegen, ein Um- bzw. Neubau des Torhauses.
Für die spätgotische Kemenate, einen viergeschossigen Wohnbau im Bereich der Oberburg liegt ebenfalls eine dendrochronologische Datierung vor, die einen Um- bzw. Ausbau in die Zeit um bzw. kurz nach 1463 nahelegt. In den spätgotischen Bau integriert wurde ein romanischer Wohnturm aus dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts. Der hochmittelalterliche Bau liegt an den Südwestecke der Kemenate und bildete den südöstlichen Abschluss der Oberburg. Die Südwand des Wohnturms erreicht noch eine Höhe von 13 bzw. 14 Meter. Im Zuge der Bauuntersuchung wurde ein spätromanisches Rundbogenfenster freigelegt. Eine zweite gotische Bauperiode der Kemenate datiert in die Jahre 1386/87. Weitere Sanierungen des Baus erfolgten im 16. und 17. Jahrhundert. Unter Abraham von Einsieel (1683-1744) erhielt die Kemenate in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts neue rechteckige Fenster.
Im 15. Jahrhundert dürften ein halbrund vor die hochmittelalterliche Zwingermauer tretender Turm an der Ostseite sowie vergleichbare halbrunde Schalentürme an der Nord- und Südseite der Unterburg entstanden sein. Eine erste partielle Bebauung des Areals der Unterburg wird man in das 13. Jahrhundert setzen. Der großzügige Ausbau, der bis zum heutigen Tage das Erscheinungsbild der Unterburg bestimmt erfolgte jedoch Mitte bzw. im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts. Für eine Datierung ins 15. Jahrhunderts spricht z.B. der Baubefund einer Schlüsselscharte im Unterteil des Rundturms am Nordflügel. Eine hofseitige hölzerne Galerie am Nordflügel wurde 1812 wegen Baufälligkeit abgebrochen.
Weitere bauliche Veränderungen erfuhr die Burg Gnandstein vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Das Torhaus erhielt 1583 ein weiteres Obergeschoss. Nach der Besetzung der Burg durch die Schweden 1632 sowie einem Brand durch Blitzschlag im Jahr 1646 erhielten die Gebäude der Burg 1646 bis 1651 neue Dachstühle.
Der spätgotische Wendeltreppenturm an der Hoffront des Südflügels wurde in eine sich im Untergeschoss in Rundbogenarkaden öffnende barocke Fassade eingebunden. Weitere Datierungshilfen für die Barockisierung von Teilen der Anlage bieten die dendrochronologischen Befunde der Deckenbalken des Kaisersaales (1720) sowie die Wandmalereien. Die wohl eher bescheidenen baulichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts beschränken sich auf den bereits erwähnten Abbruch einer hofseitigen Holzgalerie des Nordflügels. 1910/11 erfolgte die Erneuerung bzw. Ergänzung der Plattform des runden Bergfrieds sowie des Zinnenkranzes. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Die imposante, zu den bedeutendsten mittelalterlichen Burgen des Freistaat Sachsens zählende Höhenburg Grandstein erhebt sich auf einem mäßig hohen über dem gleichnamigen Ort gelegenen Bergsporn. Der Grundriss der sich in eine Oberburg und eine Unterburg gliedernden Anlage beschreibt ein unregelmäßiges Rechteck. Im Osten befindet sich die Oberburg, deren Baubestand in die Gründungszeit der Burg um 1200 zurückreicht. Nach Westen schließt sich die weitläufige Unterburg an. Der Zugang erfolgte von Osten durch ein im Spätmittelalter entstandenes mehrgeschossiges Torhaus, das sich südlich an den spätromanischen Saalbau anlehnt. Bei dem Saalbau handelt es sich um einen mehrgeschossigen Bau, dessen oberes Stockwerk erst im späten 14. Jahrhundert aufgesetzt wurde. Besondere Aufmerksamkeit verdienen zwei dreiteilige Fenstergruppen an der Südfassade des Gebäudes. Dem hochmittelalterlichen Gründungsbau gehört die an der Ostseite im stumpfen Winkel gebrochene Ringmauer der Oberburg an, die abgerundete Ecken aufweist. Die 1386/87 sowie 1463 um- und ausgebaute Kemenate, ein viergeschossiger Wohnbau an der Südwestecke der Hauptburg, weist als Vorgängerbau einen spätromanischen Wohnturm auf, dessen Mauerwerk sich noch bis zu einer Höhe von 13 bzw. 14 m erhalten hat.
Hinter der an der Ostseite als Schildmauer ausgebildeten Ringmauer befindet sich der runde 30 m hohe Bergfried mit einem ursprünglichen Eingang in 7,75 m Höhe. An der östlichen Angriffsseite ist der Ringmauer eine bereits 1230-40 entstandene Zwingermauer vorgelagert, die an der Nordseite eine Fortsetzung findet. Im Westen wird der schmale Hof der Oberburg von dem so genannten Kemenatenbau begrenzt. Der längsrechteckige Hof der Unterburg umgeben an der Nord- und Südflügel sowie an der Westseite ein niedriger Gebäudetrakt, der heute eine Gaststätte beherbergt. Die Hoffassaden der dreigeschossigen Gebäude im Norden und Süden des Hofes wurden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts barock umgetaltet, wobei der spätgotische polygonale Wendeltreppenturm des Südflügels ummantelt wurde. Die Innenräume zeichnen sich z.T. durch bemerkenswerte Details ihrer Innenausstattung aus. Das Erdgeschoss des Saalbaus beherbergt eine ehemalige Burgküche mit großem Rauchfang. Der im ersten Obergeschoss befindliche große Saal weist u. a. vor den Triforienfenstern Sitznischen auf. Im Nordtrakt der Unterburg befindet sich die um 1500 entstandene Kapelle. Sie besteht aus einem längsrechteckigen Raum mit aufwendigem spätgotischem Gewölbe. In den Sakralraum integriert wurde die halbrunde Öffnung des spätmittelalterlichen Halbrundturms der nördlichen Ringmauer. Zu der hochwertigen Ausstattung der Burgkapelle gehören u. a. die aufwendigen Altäre, die 1501 von Heinrich von Einsiedel gestiftet wurden. (Jens Friedhoff)

Arch-Untersuchung/Funde:

Umfangreiche archäologische und bauhistorische Untersuchungen an der Burg Gnandstein erfolgten in den Jahren 1990-1992 sowie nach 2000.