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Ulenburg bei Löhne

Geschichte:

Die Ursprünge des Adelssitzes Ulenburg liegen in einem Meierhof der Familie von Quernheim zu Beck (s. Beck). Der Besitz dürfte anfänglich kein Herforder Lehen, sondern Eigengut der Familie von Quernheim gewesen sein. Abwegig ist Schneiders Hinweis, Ulenburg sei eine 1299 erwähnte, im Kirchspiel Wadersloh gelegene Besitzung (unter Bezugnahme auf Westfälisches Urkundenbuch Nr. 2541). Von Borries zitiert das Jahr 1299 beim Umbau der Toreinfahrt 1902.
Als das Gut Beck um 1438 geteilt wurde, erhielt ein Zweig der Familie den Meierhof und befestigte ihn um die Mitte des 15. Jhs. als Wasserburg. Die Befestigung entstand etwa zeitgleich mit den Häusern Behme (s. Oberbehme), bei Kirchlengern - einem anderen Sitz der Familie -, und Ovelgönne in Eidinghausen (Kr. Minden-Lübbecke). Die zum Gut gehörigen Hofstätten lagen vor allem in den Bauerschaften Mennighüffen und Grimminghausen, vereinzelt in Bischofshagen und Löhne.
1469 befehdete Edelherr Bernhard VII. zur Lippe zusammen mit Herford, Lemgo und der Unterstützung Schaumburgs erfolgreich das feste Schloss Ulenburg und nahm es am 29. August ein. Die gefangenen Eigentümer, Knappe (nach Preuß Ritter) Baldewin (Balduin) von Quernheim und seine Brüder mussten Urfehde leisten. Balduin erhielt die Ulenburg im Folgejahr zusammen mit seinen Brüdern Henrich, Flörken und Hilmar als herfordisches und lippisches Lehen zurück. 1478 und 1484 befand sich Ulenburg in Besitz Hilmars von Quernheim. Sein gleichnamiger Enkel war Obrist in Diensten Dänemarks und Drost unterschiedlicher Fürsten und ließ die Burg ab 1568 zum Schloss ausbauen.
Hilmar war in zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen verstrickt, wie etwa in einen Streit mit seinem Vetter Jasper von Quernheim um Haus Beck, eine Besitzung, die häufig in den Ulenburger Akten erscheint. Folgenreicher war Hilmars Konflikt um die vom Bistum Minden beanspruchten Hoheitsrechte, in dem ihn sein Lebensherr Simon VI. zur Lippe bald unterstützte, etwa um die Holzgrafschaft in der Schedermark (Schieder Mark, 1578). Der Bischof erklärte, die Ulenburg sei von altersher kein Adelssitz gewesen, sondern ein Ulenhof genannter Meierhof, der erst vor 70 bis 80 Jahren befestigt worden sei. Demnach stünden ihm die adeligen Gerechtigkeiten nicht zu. Hilmar hielt entgegen, die Ulenburg habe niemals Ulenhof geheißen und sei von jeher ein mit Wällen und Gräben umzogener Edelhof gewesen. Nach seinem Tode (gest. 2. März 1581) setzte sich der Streit zwischen Minden und Lippe fort. Bereits einen Tag vor seinem Ableben erhoben Hilmars Schwestern Anna und Clara beim Grafen zur Lippe Anspruch auf die Ulenburg. Am 3. März 1581 besetzte sie der Bischof von Minden und ließ in der Umgegend 200 Hakenschützen Stellung beziehen. Er versuchte das Gut samt dem von Herford lehnsrührigen Zubehör einzuziehen und einen Verwalter einzusetzen. Simon VI. beanspruchte die Ulenburg als heimgefallenes Lehen, verhandelte u.a. über ihr Mobiliar mit den Quernheimschen Erben und schloss mit ihnen im Mai 1593 einen Vertrag über den Allodialnachlass. Nach mehreren kaiserlichen Mandaten gab der Bischof von Minden die Ulenburg im November 1593 heraus, doch war der Konflikt nicht beendet, da ihr Zustand Simon nicht zufrieden stellte. In einem Fortsetzungsprozess (bis 1607) vernahm eine kaiserliche Kommission zahlreiche Zeugen und stellte umfangreiche Einnahmenverzeichnisse des Gutes auf. Eine Lohnliste der Leute und Soldaten auf der Ulenburg datiert 1593, Verzeichnisse über die Wirtschaft des Gutes liegen für 1594, über Einnahmen und Ausgaben für 1596 vor.
Vier Brüder von Quernheim zu Beck versuchten 1594 erfolglos nachzuweisen, Urenkel des ersten lippischen Lehnsträgers Baldewin von Quernheim zu sein. Ihre Ansprüche wurden ebenso abgewiesen, wie diejenigen von Hilmars Schwester Lucie, verheiratete von Haxthausen. 1600 erhielten die Erben von Quernheim gegen Verzicht auf alles Mobiliar 6.000 Reichstaler.
1602 (Henke / Schütte geben irrtümlich 1605 an) gelangte die Ulenburg über Philipp zur Lippe-Alverdissen, dem Ulenburg 1613 zugefallen war, zunächst pfand- bzw. pachtweise an den lippischen Offizier und Drosten Philipp von Wrede, er kaufte den Besitz 1627 für 28.000 Taler. Einreden derer von Quernheim wegen des Verkaufs sind in einer Akte von 1620/50 dokumentiert.
1608 hatte es mit dem Besitzer des benachbarten Hauses Beck dreimal bewaffnete Konflikte gegeben. Ion Wrede erwarb 1660 ein Erbbegräbnis in der Kirche zu Mennighüffen. Zu Gut Ulenburg zählten 1680/82 insgesamt 73 Hofstätten, die Besitzgröße betrug damals 325,84 ha.
Nach dem Konkurs derer von Wrede übernahm Lippe-Brake kurzzeitig die Herrschaft (um 1708 bis 1711). Anscheinend behielt man die damals inventarisierten Unterlagen und brachte sie dann ins Archiv nach Haus Brake. Hierunter befinden sich auch die Akten und zahlreiche Rechnungsbücher seit dem ausgehenden 16. Jh. bis in die Zeit derer von Wrede und ihres Konkurses. Von der Ulenburg aus wurden auch die älteren lippischen Rechte in der Dünner Mark verwaltet, etwa das dortige Holzgericht, das ebenfalls mit dem Bistum Minden umstritten war.
König Friedrich I. in Preußen intervenierte um 1709 zugunsten derer von Haxthausen wegen ihrer Ansprüche auf die Ulenburg.
1711 erwarb Henriette von Ledebur zu Königsbrück geborene von Ittersum, Witwe Hermanns von Ledebur den Adelssitz. 1717 war ihr Sohn Heinrich Adolf von Ledebur (gest. 1725) Besitzer. Seine Witwe Magdalene von Nagel verwaltete das Gut bis 1750, danach erhielt es ihr Schwiegersohn, der Magdeburger Domkapitular Werner Heinrich Christoph von Wulffen, Erbherr auf Pitzul (1763 und 1771 als Besitzer nachgewiesen). Er verpachtete Beck und Ulenburg für 5.200 Taler. Nach seinem Konkurs 1783 kam Ulenburg 1786 an den Osnabrücker Geheimrat Reichsfreiherr Georg Werner August Diederich von Mönster (Münster), 1791 kaufte Geheimrat Franz Christian von Borries zu Eckendorf die Anlage. Das Schloss war 1816-1832 Dienstsitz der Amtmänner von Mennighüffen. Zum Amt gehörten die Gemeinden Mennighüffen, Obernbeck, Schnathorst, Hüllhorst, Oberbauerschaft und Quernheim. 1849 kaufte der russische Geheime Staatsrat Fürst Telemach Handjery das Schloss. Er verkaufte es 1865 wieder an die Familie von Borries. 1927 erwarb die Heil- und Pflegeanstalt Wittekindshof Bad Oeynhausen-Volmerdingsen die Besitzung und nutzte sie - 1944 bis Kriegsende hatten Nationalsozialisten das Schloss beschlagnahmt - bis 2008 als Einrichtung zur Betreuung geistig Behinderter. Ein Teil der Ländereien ging durch Kauf an die Familie Esser. Seit 2008 steht die Ulenburg zum Verkauf. (Andreas Kamm)

Bauentwicklung:

Die baulichen Ursprünge der Ulenburg liegen nach der Darstellung Hilmars von Quernheim (gest 1581) in einem durch Graben und Wall befestigten Greftenhof.
Ob die Anlage ursprünglich auf einer oder zwei Inseln lag, ist nicht mitgeteilt. Die spätmittelalterliche Wasserburg dürfte in der Zeit um 1450, infolge einer Teilung des Besitzes Beck um 1438 entstanden sein. Die Gräfte dürfte verändert worden sein, als Hilmar von Quernheim 1568-70 das repräsentative Renaissanceschloss errichten ließ, das abgesehen von den Anbauten außen intakt erhalten blieb. Die nur aus dem Jahre 1570, zum Ende der Baumaßnahmen hin erhaltenen Baurechnungen liefern detaillierte Hinweise zum Baufortschritt und ausführenden Meistern.
Bis 1570 entstand der zweigeschossige Haupt-oder Ostflügel, mit hohem Sockel, Pfeilergiebeln mit Viertelkreisaufsätzen an den Schmalseiten und den unteren beiden Geschossen des rückwärtigen Treppenturms. Der Baukörper ruht südlich auf einem großen zweischiffigen Vorratskeller mit acht Kreuzgratgewölben. Unter der Tordurchfahrt liegt ein Raum mit Holzdecke, ganz im Norden befindet sich ein kleinerer Keller (Weinkeller?) mit vier Kreuzgewölben um einen Mittelpfeiler.
Der etwas aufwändigere Hauptgiebel des Schlosses an der südlichen Stirnseite, "am Platze", ist ein Werk des Herforder Baumeisters Johann Korffmacher. Das für ihn verwendete Steinmaterial kam aus dem Steinbruch Salzuflen und war bis Ende Juli 1570 fertig bearbeitet. Korffmacher errichtete den Giebel vom 9.-18. August 1570.
Die Steine des Erkers für den Saal an der Hauptfront des Schlosses bearbeitete Meister Gerdt im Dezember 1569 im Steinbruch und verbaute sie im Oktober/November 1570. Nach Gaul könnte er 1588 auch am Schloss Barntrup (s. Barntrup) tätig gewesen sein. Er führte sämtliche Steinmetzarbeiten aus, Gesimse, Portale, Fenster und Wendelsteine. Die ursprünglichen Fensteröffnungen des Schlosses blieben großenteils erhalten. Meister Evert aus Bielefeld fertigte den unteren Teil des Küchenschornsteins mit Rauchfang in fünf Wochen, ein Meister Erich errichtete den oberen Teil in zwei Tagen. Die Baurechnung enthält auch Hinweise auf Dachdecker-, Wandverkleidungs- und Verglasungsarbeiten. Die Fenster fertigte etwa ein Meister Blasius aus Lügde. An Räumlichkeiten werden 1570 zwei Stuben, eine Stube "boven dem Hause", des Bischofs Gemach, die Küche und der Raum über der Küche genannt.
Im Zuge der Besitznahme 1593 stellten lippische Kommissare fest, das Haus sei baufällig, von Fenstern ganz entblößt, Inventare und Papiere waren verschleppt. An Korn sei nur noch ungedroschener Hafer und Roggen vorhanden und es mangele an Viktualien, Salz, Schmalz, Fisch und Fleisch. Sie zählten an Viehbestand 39 Rinder, 27 Schweine und 7 Schafe. Ein 1593 geschlossener Vergleich sah vor, den Quernheimschen Erben die zu erweisenden Baukosten zu erstatten.
Als es 1608 zu Konflikten mit den Besitzern von Haus Beck kam, wurden Bordelle mit Brustwehren und Schanzkörbe des Hauses Ulenburg erwähnt.
In einer Akte zum Verkauf der Anlage an die von Wrede von 1620/50 liegen Aufstellungen über Baukosten vor, ein kalendarisches Verzeichnis von 1640/42 beziffert Baukosten u.a. an den Mühlen.
1652/60 entstanden der Nordflügel, der Turm an der Nordecke und die Zwerchhäuser, der Treppenturm wurde verändert (um ein Geschoss erhöht?). Mehrere Fensteröffnungen wurden erneuert, etwa die rautenförmigen Fenster des Turmes durch einfache Rechteckfenster ersetzt. Über dem Portal an der Hofseite, rechts vom Treppenturm lautet eine Inschrift: "OCVLVS DOMINI SAGINAT EQVVM / ANNO QVO MARS CADAT PAX FLOREAT" (Chronostichion 1660). Daneben stehen die Wappen derer von Wrede und von Ledebur. Bis 1902 saßen gleiche Wappensteine auch an der Toreinfahrt. Eine Akte von 1708/16 enthält Inventare der Ulenburg.
Fürst Handjery ließ die Ulenburg 1852/54 umbauen, der Turm erhielt ein weiteres Geschoss mit doppelten Rundfenstern. Handjery ließ den Saal als Rittersaal neu gestalten. 1902/12 nahmen die von Borries weitere Umbauten vor. Damals entstand die Steinbogenbrücke und der Einfahrtsbogen der Tordurchfahrt. Der Treppenturm und der Eckturm auf der Nordseite wurden um ein Geschoss erhöht, die Hofseite verändert und die Anbauten an der südlichen Giebelseite errichtet. Das Alter des Arkadenanbaus mit Durchfahrt auf der Hofseite scheint ungewiss (nach Gaul zwischen 1652 und 1912). An Nebengebäuden auf der Burginsel nennt Gaul den Reisigenstall und landwirtschaftliche Nutzbauten. 1962 wurde der Erker restauriert.
(Andreas Kamm)

Baubeschreibung:

Die etwa quadratische Burginsel, umgeben von einer breiten Gräfte, misst rund 7000 m². In ihrer Nordostecke steht das Schloss, ein staatlicher sandsteingegliederter Putzbau in Renaissanceformen. Der Hauptflügel misst etwa 50 x 16 m und ist zweigeschossig angelegt, mit hohem Sockel, Pfeilergiebeln mit Viertelkreisaufsätzen an den Schmalseiten. Die unteren beiden Geschosse des rückwärtigen Treppenturms sind ursprünglich. Der Baukörper des Hauptflügels ruht südlich auf einem großen zweischiffigen Vorratskeller mit zusammen acht Kreuzgratgewölben. Unter der Tordurchfahrt liegt ein Raum mit Holzdecke, ganz im Norden befindet sich ein kleinerer Keller (Weinkeller?) mit vier Kreuzgewölben um einen Mittelpfeiler. Die ursprünglichen Fenster des Schlosses sind großenteils erhalten, so an der feldseitigen Hauptfront und südlichen Giebelseite. Manche wurden 1652/60 verändert. Die originalen Fensterpaare zeigen spätgotische Profile. An den Giebelseiten waren einst je zwei, an den Langseiten je acht Fensterpaare angeordnet. Der Erker des Saales aus Bückeburger Sandstein ruht auf fünf profilierten Kragsteinen, die äußeren sind seitlich mit Beschlagwerkdekor, frontal mit einem Löwenkopf geschmückt. Ein kannelierter Pilaster teilt die Fensterzone mittig, die übrigen vier weisen Beschlagwerkdekor auf. Über der Fensterzone läuft ein Wappenfries mit vier Vollwappen. Der Erker endet oben in einem Dreiecksgiebel mit einer Fächerrosette.
Das Sandsteinmaterial des Schlossbaus von 1570 stammt überwiegend aus dem Steinbruch Vierenberge bei Salzuflen, vereinzelt auch aus den Steinbrüchen Obernkirchen und Bückeburg.
Der kleinere Nordflügel und der nördliche Eckturm stammen zusammen mit den Zwerchhäusern am Hauptflügel aus der Bauperiode von 1652/60.
Der Rittersaal hat eine Kassettendecke von 1852/54, die darüber befindliche Dachkonstruktion besteht aus einem doppelten Sprengwerk, im Übrigen aus einem doppelten Kehlbalkendach. Der Turm erhielt damals ein weiteres Geschoss mit neoromanischen Doppelfenstern. Sein oberstes Geschoss geht auf die Zeit 1902/112 zurück. Damals wurden die Hofseite verändert und die Anbauten an der südlichen Giebelseite errichtet. Das Alter des Arkadenanbaus mit Durchfahrt auf der Hofseite scheint ungewiss (nach Gaul zwischen 1652 und 1912). (Andreas Kamm)