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Niedermühlen

Geschichte:

Graf Otto IV. von Ravensberg verpfändete 1316 die Einkünfte der zum Gut gehörigen Niedermühle (molendinum inferius) an Gerhard von Dono. Erster namentlich bekannter Besitzer der Wasserburg war der Pfandherr und Amtmann der Grafschaft Ravensberg Lambert von Bewessen. Am früheren Eckturm befand sich eine auf ihn bezügliche Bauinschrift (1442). 1475 begründete von Bewessen am Ostrand der Bielefelder Feldmark das Siechenhaus St. Antonius mit einer Kapelle und traf eine Verfügung, wonach sein gesamter Besitz nach seinem Tode an die Herzöge von Jülich-Berg fallen sollte. Wenig später scheint die Familie erloschen zu sein. 1504 und 1517 war der jülichsche Küchenmeister Sweder von Steinhaus mit Niedermühlen belehnt. Nach dem Tode seines Enkels Gerhard 1610 verblieb das Gut im Besitz seiner unverheirateten Schwester Anna bis zu deren Tode 1624. Damals separierten die gemeinsam regierenden Landesherren das Gut in einen brandenburgischen und neuburgischen Teil. Ersterer kam in Besitz des Geheimsekretärs Jacob Müller, die andere Hälfte erhielt der neuburgische Rat und Kämmerer Bertram von Scheid genannt Welschepfennig, der ihn 1636 an Müller verkaufte. Dessen Nachfolger und Bruder Reinhard wurde 1639 noch von Brandenburg und Pfalz-Neuburg belehnt.1647 kaufte er die Anlage seinen beiden Lehnsherren ab und wandelte sie in ein Allod um. Reinhards Tochter brachte Niedermühlen an den Arzt Dr. Adolf Dreckmeyer, der 1692 Besitzer war. Eine direkte Nachfahrin heiratete 1816 den Hallenser Landrat August Ferdinand Conrad zur Hellen (1790-1860), der so in den Besitz Niedermühlens kam, doch erst als Pensionär 1855 auf das Gut zog. Seine fünf Kinder verkauften es erbteilungshalber 1889 an den Bielefelder Kaufmann August Welscher. Die zum Gut gehörigen Ländereien waren bereits seit den 1870er Jahren parzelliert worden. 1919 erwarb es die Stadt Bielefeld Niedermühlen im Kauf. Sie ließ spätestens 1933 Eckturm, Toranlage und das nordöstlich anschließende Gebäude abreißen und richtete im südlichen Zweiflügelbau eine Polizeischule ein. Anstelle des nördlichen Flügels ließ sie einen Neubau für ein Jugendheim errichten (heute JZ Kamp). (Andreas Kamm)

Bauentwicklung:

Zur Baugeschichte des Hauses Niedermühlen liefern Wappensteine und Bauinschriften die wichtigsten Hinweise. Demnach gehörte die Bausubstanz teilweise dem 15. Jh. an, worüber eine am einstigen Eckturm vorhandene Bauinschrift Aufschluss gab: "Lambert von Bewessen tor muelen amptma(nn) der Herschop to Ravensberche un hovemester", im Zentrum der Steintafel stand das schräggestellte behelmte Wappen der Bewessens mit einem Hifthorn, die Helmzier zeigte das Horn mit einem Zweig besteckt, darunter "Anno d(omi)ni MCCCCXLII". An welcher Ecke der Turm stand, ist offen. Das Tor lag mittig an der Ostseite der Burginsel. An ihm befanden sich zwei nebeneinander angeordnete Wappensteine in aufrechten Renaissance-Schilden: Steinhaus (zu Halle) mit abgerissenem zugekehrtem Löwenkopf mit offenem Rachen und als Helmzier auf einer Säule einen in eine Kugel gesteckten Zweig. Das Wappen von Langen zeigte eine schräggestellte Schafschere und auf dem bewulsteten Helm einen Flug. Um 1700 waren die Steine zusammen oberhalb des Torbogens, zuletzt vertauscht an dessen Nordostseite angebracht. Die Wappen beziehen sich auf Gerhard von Steinhaus, der 1547-1577 Besitzer von Niedermühlen war und seine Ehefrau Anna von Langen. 1718 entstand an der Südostecke der Burginsel ein neuer zweiflügeliger Wohnbau. Wie die Jahreszahl 1830 über dem Toreingang zum Südflügel zeigt, fanden damals bauliche Veränderungen (Einbau eines neuen Portals, evtl Erneuerung der Fensteröffnungen?) statt. Im Innern des Hauses gab die Jahreszahl 1830 über einen Umbau Aufschluss. Die unweit des Gutes gelegene Niedermühle, die dem Rittersitz den Namen gab, brannte 1888 ab. Mit der Errichtung eines Jugendheims um 1933 fiel mit Ausnahme des Wohnbaus von 1718 und einer Gartenmauer alle historische Bausubstanz, wie auch die Gräfte spätestens damals vollständig verschwand. (Andreas Kamm)

Baubeschreibung:

Mit dem 1718 erbauten zweigeschossigen und zweiflügeligen Wohnflügel mit Satteldach, unter dessen Dach heute Privatwohnungen eingerichtet sind, steht heute nur noch die frühere südöstliche Eckbebauung der einstigen Burginsel. Die Ostfassade zieren Maueranker in Form der Jahreszahl 1718. Anstelle der nordöstlichen Bebauung befindet sich das nach 1919 als Jugendheim errichtete spätere Jugendzentrum Kamp, der Innenhof westlich dahinter dient als Parkplatz. An der Südwestecke der einstigen Burginsel und im Bereich der südlich vorgelagerten Gräfte entstanden nach 1933 ein Wohnhaus und Rasenflächen, die nordwestliche Ecke kam zum Grundstück des 1929 errichteten Helmholtz-Gymnasiums. Einige Meter vor der westlichen Giebelseite des Wohnbaus verläuft eine ältere, etwa kniehohe Gartenmauer aus Bruchstein mit Sandsteindeckplatten in Nord-Südrichtung (18./19. Jh.?). (Andreas Kamm)

Arch-Untersuchung/Funde:

Die Wappensteine des 16. Jhs. im Historischen Museum.