EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Sparrenburg

Geschichte:

Die Sparrenburg ist erstmals 1256 als Ausstellungsort einer Urkunde greifbar. Der spitzovale Turmgrundriss ist Anhaltspunkt für eine Datierung in die Zeit um oder kurz vor 1250. Angesichts der Umkreisung des späteren Amtes Sparrenberg durch Burganlagen der benachbarten lippischen Edelherren um 1200 (Enger, Falkenberg, Löwenburg, Rheda, siehe jeweils dort) dürfte es in der erste Hälfte des 13. Jhs. eine Vorgängeranlage auf dem Sparrenberg gegeben haben. Ihre seit dem 18. Jh. vorgeschlagene Gleichsetzung mit der im 15. Jh. erwähnten Löwenburg (siehe dort), ist nicht überzeugend. Neben den anderen ravensbergischen Landesburgen Ravensberg, Limberg und Vlotho (siehe jeweils dort) war die Sparrenburg im 13. Jh. Wohnsitz der Grafen von Ravensberg-Bielefeld und rückte mit der günstigen Entwicklung der neu gegründeten Stadt Bielefeld (1214) und der Fundation des ihr zu Füßen gelegenen Residenzstiftes St. Marien 1293 zunächst stärker in den Mittelpunkt, wenngleich die Burg Ravensberg eine bedeutende Stellung behielt, wovon anhand der überlieferten Mehrzahl der dort ausgestellten Urkunden auszugehen ist. Nach dem Tode Ottos IV. 1338 war die Sparrenburg Witwensitz. Mit dem Erlöschen der Dynastie 1346 fiel sie an Jülich-Berg und war fortan mit Unterbrechungen Sitz des obersten Amtmanns bzw. Statthalters als Vertreter des Landesherrn. 1389-1428 diente sie erneut den Söhnen Herzog Wilhelms I. von Berg als Residenz. Nach dem Tode Wilhelms IV. 1511 wurde dessen Schwiegersohn, Jungherzog Johann III. von Kleve-Mark, Herr über Jülich-Berg und Ravensberg. Er reiste 1535 nach Bielefeld und führte eine Visitation der Grafschaft durch, um eine umfassende Revision der ravensbergischen Landesverwaltung einzuleiten. In diesem Zusammenhang ordnete er auch an, die Sparrenburg zu einer starken Landesfestung auszubauen. In anderen Landesteilen begannen entsprechende Ausbauten verschiedener Burgen und Städte erst ab 1538. Nach dem Tode des ohne Nachkommen verstorbenen Herzogs Johann Wilhelm 1609 erhoben neben Sachsen auch Brandenburg und Pfalz-Neuburg Anspruch auf den großen Territorienkomplex, wobei Sachsen sich nicht durchsetzen konnte. In der Grafschaft Ravensberg setzten die letztgenannten Häuser 1610 mit Graf Otto von Oye (+ 1621) einen gemeinsamen Drosten ein, der auf der Sparrenburg residierte. Vorsorglich hatte Brandenburg bereits 1615 den Sparrenberg durch niederländische Truppen besetzen lassen, die unter Oyes Nachfolger 1622/23 die Festung um vorgelagerte Wälle und Schanzen erweiterten. 1623 dürfte Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel auf der Sparrenburg Station gemacht haben, denn er musste bei seiner Flucht vor den Truppen Tillys einige Wagen zurücklassen, die sich am Sparrenberg festgefahren hatten. Die niederländische Besatzung blieb dabei anscheinend auf der Festung. Im November 1623 übergab sie den Sparrenberg nach einer 14-tägigen Belagerung an eine kaiserlich-spanische Besatzung, die bis 1631 blieb. Eine brandenburgisch-niederländische Belagerung mit Beteiligung ravensbergischer Bauern 1626 war erfoglos geblieben. 1636 lagen erneut kaiserliche Truppen unter Dietrich von Velen auf der Festung, im Folgejahr nahmen die Hessen den Sparrenberg ein.1639 folgte eine ligistische Besatzung. 1647 nahm Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg nach den Bestimmungen des Düsseldorfer Vertrages die Grafschaft in Besitz und ließ sich auf dem Sparrenberg huldigen. Er residierte wiederholt mit Frau und Hofstaat auf der Festung, zwei seiner Kinder kamen hier zur Welt. 1757 als Magazin und Signalstation einer alliierten Observationsarmee u.a. mit preußischen und englischen Streitkräften unter dem Herzog von Cumberland gebraucht, hatte die Festung nach dieser Episode ihre militärische Bedeutung verloren. 1743-1877 diente sie als Gefängnis, 1879 verkaufte sie der preußische Staat an die Stadt, in deren Besitz sie sich bis heute befindet. (Andreas Kamm)

Bauentwicklung:

Zu den ältesten Bauteilen der Sparrenburg zählt die Schildmauer zwischen Vor- und Hauptburg mit eingestelltem Bergfried auf seltenem tropfenförmigem Grundriss (siehe Burg Ravensberg) um 1250. In der Hauptburg, wenige Meter nordwestlich des Turms, befindet sich der 1820 noch 61 m tiefe, teilweise verschüttete Schacht des mittelalterlichen Ziehbrunnens. Wesentliche Teile der mittelalterlichen Burg wurden im Zuge des Umbaues zur Festung ab 1535 abgebrochen, so der größte Teil der anscheinend wie auf der Ravensburg oval angelegten Ringmauer und vielleicht auch der ursprünglichen Toranlage. Auf den ovalen Verlauf weist die Ausrichtung eines Kellers (13./14. Jh.) auf dem Hauptburg-Gelände und die mehrfach abgewinkelte Rückwand des ehemaligen Gefängnisses (heute Restaurant), in der Vorburg. Die Reste des inneren Torhauses (mit Kapelle im Obergeschoss) sind frühestens auf das 14. Jh. zu datieren, ähnliche Formen kommen noch zu Beginn des 16. Jhs. in Westfalen vor, so dass diese Datierung vielleicht auch für Bielefeld anzunehmen ist. 1515 wird von baufälligen Mauern berichtet. 1535 begannen die Arbeiten zu einem großzügig angelegten Festungsbau, um das weit vom Niederrhein entlegene Territorium und den einzigen Weserzugang der vereinigten Herzogtümer zu sichern, ein Auslöser dürfte in den militärischen Auseinandersetzungen um das Wiedertäuferreich in Münster zu sehen sein, dessen rondellierte Befestigung der Rückeroberung der Stadt unter der Leitung des ravensbergischen Statthalters, Graf Wirich von Dhaun zu Limburg und Falkenstein, monatelang Widerstand geleistet hatte. Der Bergsporn wurde mit 15-20 m hohen Wallmauern ummantelt, an den Eckpunkten entstanden vier kasemattierte Rondelle mit bis zu 19 m Durchmesser (Windmühlen-, Kiekstatt,- Schuster- und Marienrondell). Für 1538 ist der Abschluss der "beiden anderen" Rondelle vorgesehen, wonach zwei, sicher Windmühlen- und Kiekstattrondell, im Wesentlichen fertiggestellt gewesen sein müssten.
Das heutige kastellähnliche Erscheinungsbild der Festung ist ein Ergebnis wiederholter Umbauten. Windmühlen- und Kiekstattrondell, beide ähnlich konstruiert, waren der Burg anfangs einzeln vorgelagert. Ersteres war über eine gedeckte zweigeschossige Brücke, letzteres über einen kasemattierten Damm mit darüber befindlichem Fahrweg mit der Hauptburg verbunden. Ausgehend von den Schussrichtungen der Geschützöffnungen dürfte das Windmühlenrondell das ältere der beiden sein. Die getreppten Scharten des Windmühlenrondells und die kalottenförmig gerundete Brustwehr weisen baulich in die Zeit um 1530. Spätestens seit Mitte des Jhs. dürfte die bis heute sichtbare geschlossene Kastellform angestrebt worden sein. 1545 wurden die Arbeiten mit der Absicht wieder aufgenommen, den Bau alsbald zu beenden. Hinweise auf laufende Bautätigkeit sind für 1546, 1549 und 1554 überliefert. Am Kiekstattrondell befand sich bis in die 1850er Jahre ein Wappenstein mit den Jahreszahlen 1538 und 1556 (zuletzt am Brückentorhaus). Mehrere Steine an den Rondellen trugen die Jahreszahl 1554 (so 1730 beschrieben).
1556 kam der Baumeister Alessandro Pasqualini (+ 1559) nach Bielefeld, um in den nächsten drei Jahren die Westecke der Festung durch eine vorgelagerte kasemattierte Bastion ("Scherpentiner") zu verstärken. Kurz zuvor muss die südwestliche Wallmauer, 1556 "Neuwe Mueren" genannt, erneuert worden sein (sie wurde vorgezogen und verschwenkt); 1565 zeigt die älteste bekannte Ansicht die Festung mit den vier Rodellen. 1573 erfolgten geringfügige Instandsetzungen, 1578 ergeht die Anweisung, die noch unbedeckten Rondelle und Bögen (Kasemattengänge) mit Erde zu versehen und die Arbeiten am "Notbau", an Ross- und Pulvermühle, Küchenwerk und Hausgerät fortzusetzen. Rechnungen, Bau- und Verwaltungsakten nennen im 16. Jh. an Bauten und Räumen noch Gefangenenturm, Backhaus, die Kammer des Landrentschreibers, eine "Monnekekammeren" und einen Pferdestall. Aus dieser Zeit stammen auch die Reste eines 40 x 15,4 langen Gebäudes (als Zeughaus angesprochen) an der nordwestlichen Festungsschmalseite mit fünf durch Außentore erschlossenen Räumen und einem Abort an der Ostecke und das zweigeschossige Brückentorhaus (geringer Rest erhalten). 1584 sind Schäden an "Notbau", Dach, Türen, Fenstern und Fensterrahmen überliefert. 1622/23 kam an der Südwestseite ein Ravelin hinzu (Abriss 1631, Wiederherstellung 1639), 1644 folgt der Bau einer neuen Schanze vor dem Burgtor. Eine vom Großen Kurfürsten beauftragte Spezifikation der Gemächer nennt 1647 insgesamt 71 Räume.Der Große Kurfürst ließ die Festung 1648-1651 instandsetzen und erweitern (neue Außenwerke und Marketenderhaus, neues Turmdach). 1662 entstand ein Archivanbau, gleichzeitig wurden zuvor unterbrochene Arbeiten am Festungsbau wieder aufgenommen.1668-70 wurde die reformierte Schlosskirche mit besonderen Sitzen für das Kurfürstenpaar errichtet. Die Innenausstattung (Altar, Kanzel, Treppen, Empore) führte der Bielefelder Bildschnitzer Bernd Christoph Hattenkerl aus. 1694 stürzte das Dach des Zeughauses ein. 1743 wurden alle baufälligen Gebäude abgerissen, die verbliebenen instandgesetzt, das Back- und Brauhaus zum Gefängnis eingerichtet. 1751 zerstörte eine Explosion das Magazin. Seit 1765 diente die Festung als Steinbruch, ab 1774 liegen Akten über ihre planmäßige Schleifung (v.a. der Verblendmauern) durch Domänenpächter Tiemann vor. 1805 entstand ein neues Magazin, etwa gleichzeitig ein neues Pulverhaus. 1820 wurde das Gefängnisdach erneuert sowie Mauerwerk am Orillon des Scherpentiners instandgesetzt. Eine Steinbrücke hatte inzwischen die Zugbrücke abgelöst, in der Vorburg befand sich damals ein Invalidenhaus. 1842 entstand über der Turmruine ein neuer, schmalerer Aussichtsturm, das Gefängnis wurde aufgestockt, rückwärtig neu verblendet. und durch einen Turmanbau erweitert. Um 1850 ersetzte ein Zinnenband das verfallene Ober- und Dachgeschoss des Brückentorhauses. Etwa in dieser Zeit erhielt das Schildmauerportal hauptburgseitig eine neue Verblendung. Nachdem ein Brand 1877 das Gefängnis zerstört hatte, bekam es 1886/87(?) als Museum und Lokal eine neue Funktion und Innenaufteilung; die Fassade wurde insbesondere durch Spitzbogenfenster bereichert. 1944 wurde der Bau durch einen Luftangriff bis auf die Umfassungsmauern, das Brückentorhaus bis auf wenige Reste zerstört. Magazin und Pulverhaus, den Akten nach nur geringfügig beschädigt, wurden in der Nachkriegszeit abgetragen. Zwischen 1952 und 1996 ließ die Stadt in mehreren Bauphasen die Ende des 18. Jh.s abgetragenen Verblendmauern von Wällen, Rondellen und Bastion wiederherstellen. 2007 bis 2010 fanden auf dem Festungsgelände flächendeckende Entwässerungsarbeiten zur Sicherung der Wallmauern statt (Flächendrainage). (Andreas Kamm)

Baubeschreibung:

Von der mittelalterlichen Höhenburg sind im Aufgehenden die Schildmauer und die beiden baulich mit ihr verbundenen unteren Turmgeschosse mit dem originalen Hocheingang erhalten. Das Sockelgeschoss, 1549 als Verlies belegt, besitzt ein Kuppelgewölbe und zwei schmale Luftkanäle. Der maximale Durchmesser des Turms beträgt rund 12,34 m, seine Wandstärke 2,96 bis 4,10 m. Die Schildmauer zählt zu den frühen Beispielen ihre Art und teilte die Anlage vermutlich ungefähr mittig in Haupt- und Vorburg. Nach jüngsten Beobachtungen dürfte der mittelalterliche Grundriss wie bei der Ravensburg (siehe dort) oval gewesen sein. Außer einem mittelalterlichen Keller westlich des Schildmauertores konnten 2009 Fundamente eines Brunnenhauses nachgewiesen werden. Wie eine 2008 durchgeführte Messung ergab, ist der Brunnen bis auf eine Tiefe von 42 m verschüttet. Seit dem 16. Jh. umschließt der Festungsbau die mittelalterliche Burg, ummantelt mit ihr auch den Bergsporn. Das kastellartige, im Grundriss rechteckig angelegte Festungsquadrum wird gebildet aus vier Langwällen mit kasemattierten, bis zu 20 m hohen Rondellen. Mit Ausnahme des Windmühlenrondells liegen sie jeweils an den Eckpunkten. Ein weitverzweigtes Kasemattensystem verbindet und erschließt die näher zusammen stehenden Rondelle paarweise. Die zusammen mehrere hundert Meter langen Gewölbegänge und Räumlichkeiten sind überregional von architekturgeschichtlicher Bedeutung und zu wesentlichen Teilen erhalten geblieben. Das südöstliche Gangsystem mit seiner wehr- und versorgungstechnischen Ausstattung ist öffentlich zugänglich (u.a. Geschützstände, Toranlage mit Kommunikationsöffnung, Pulverkammern, Backstube, Zisternen- und Verteileranlage, Wandschränke; in den Kasemattensystemen Eckquaderung, Sockelgesims, Gerüstlöcher, Steinmetz- und Versatzzeichen, Portaleinfassungen, Treppenanlagen). Die westlich vorgelagerte 28 m hohe kasemattierte Bastion mit Kontermine ist vom etwa fünf Meter höher gelegenen Festungsgelände über Treppen durch eine Poterne zu erreichen. Das Brückenwerk ist seit Geländenivellierungen im 19. Jh. in seiner ursprünglichen Form nicht mehr erkennbar. In einer längeren Mauer weiter südöstlich dürfte vermutlich der Rest eines dem Brückenwerk vorgelagerten Teilwerks von 1644 zu sehen sein, das 1820 noch in seinen Umrissen zu erkennen war. 2007 bis 2010 fanden archäololgische Untersuchungen statt, die neben zahlreichen anderen großflächigen Befunden die Fundamente eines großen renaissancezeitlichen Gebäudes und auf dem Kiekstattrondell eine nahezu unversehrte Rondell-Plattform zu Tage förderten. (Andreas Kamm)

Arch-Untersuchung/Funde:

Lesefund eines verzierten Messergriffs aus Knochen; Fragmente von Ofenkacheln des 16. Jh.s, Kanonenkugeln, Glas, Irdenware (2007-2010).