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Verden, Alte Burg

Geschichte:

Eine archivalische Überlieferung zur Errichtung, zum Bauherrn und zur Nutzung der Wallanlage der 'Alten Burg‘ in Verden fehlt.
Generell wird in der historischen Forschung eine Militärstation Karls d. Gr. in Verden angenommen, da er während seiner Herrschaft dort zweimal weilte: 782 bei der Hinrichtung von angeblich 4500 Sachsen bei Verden (ad locum, ubi Alara confluit in Wisora) (MGH SS rer. Germ. 6, S. 62) und am 12. August 810, als er in Verden urkundete (MGH DD Kar. I, Nr. 210). Allerdings handelt es sich bei letzter Urkunde um eine Fälschung des 12. Jhs., in der es aber Hinweise auf ein echtes Formular gibt. Ferner berichten die Reichsannalen von einem castrum am Fluss Aller, die nahebei in die Weser fließt (Congregatis tandem copiis, quanta potuit celeritate ad Alaram fluvium contendit castrisque iuxta confluentum eius, quo Wisurae regis praestolatur eventum) (MGH SS rer. Germ. 6, S. 131). Die genaue Verortung der Militärstation ist hingegen umstritten, ein Teil der Forschung lokalisiert sie beim Dom (siehe Verden, Domimmunität), die andere bei der 'Alten Burg‘. Gesicherte karolingische Befunde oder Funde fehlen allerdings bislang für beide Standorte. Für die 'Alte Burg‘ ist allein durch ein einziges C14-Datum eine Nutzung im 10./11. Jh. gesichert; eine ältere Nutzung aber nicht kategorisch auszuschließen.
Die Anlage war in der Landschaft so markant, dass sie seit dem frühen Spätmittelalter in den Quellen auftaucht und seitdem über ihre Funktion gerätselt wird. Schon Anfang des 14. Jhs. wird sie, ihrer ursprünglichen Funktion bereits beraubt, als Landschaftsmarkierung genutzt: das Statutenbuch des Andreasstifts benutzt mehrfach die 'olde borch‘ und einmal den 'wal der alden borch‘ als Standortbeschreibung von Besitzungen. 1368 wird als Lagebezeichnung antiquum castrum benutzt. 1398/99 schrieb der Verdener Bischof Dietrich von Nieheim in seinem Werk über die Taten Karls des Großen von einem stark befestigtem castrum, das von Karl erobert und zum Bischofssitz umgewandelt wurde. Der Chronist Johann Renner meinte um 1580, dass es sich um die Reste des Heerlagers Karls des Großen handelte.
Die These, bei der 'Alten Burg‘ handele es sich um eine sächsische Volks- und Fluchtburg, wird heute nicht mehr vertreten. Favorisiert wird eine Rolle als Militärstation bzw. befestigter Vorposten für die Kriegszüge Karls d. Gr. gegen die Sachsen. D. Schünemann bringt sie aufgrund des C14-Datums in Verbindung mit den sogenannten Heinrichsburgen, die zur Zeit König Heinrichs I. zum Schutz gegen die Ungarn errichtet wurden, oder mit einer Befestigung zum Schutz vor den Wikingerüberfällen im 9. und 10. Jh. B. U. Hucker warf jüngst eine neue These auf. Er ist der Meinung, dass die Ortsbezeichnungen 'Dytmers berch‘ und 'Markgrevenberge‘ aus dem Statutenbuch des St. Andreasstift vom Anfang des 14. Jhs. und eine Nennung vom 'Dithmersberg‘ von 1451 sich auf die 'Alte Burg‘ beziehen und sich bezüglich des Personennamens Thietmar und der Markgrafenfunktion auf die Billunger beziehen müssten, die bis zu ihrem Aussterben 1106 die erstmals 1075/76 bezeugte Vogtei über das Verdener Hochstift wahrnahmen. Nach ihm war die 'Alte Burg‘ der Sitz der Billunger in Verden und unter ihnen kam es zu einer erneuten (Teil-?) Befestigung der Burg.
(M. Jansen)

Bauentwicklung:

Aufgrund mangelnder Datierungshinweise durch geringes, wenig aussagekräftiges Fundmaterial und ein einziges C14-Datum ist die Bauentwicklung der 'Alten Burg‘ nur ansatzweise zu fassen und wirft mehr Fragen als Antworten auf. Der Ausgräber D. Schünemann schloss eine Mehrphasigkeit nicht aus. Ein Grabenprofil aus dem Jahr 1983 deutet eine Zweiphasigkeit an. Datierungen anhand der Konstruktion sind ebenfalls unscharf und lassen eine Errichtung zwischen dem 9. und 11. Jh. zu.
Phase 1: Prähistorische Besiedlung
Neolithische und bronzezeitliche Keramikfragmente sowie Flintartefakte verweisen auf eine Vorgängerbebauung; in welchem Zusammenhang diese zu den Wallanlagen stehen könnte, ist bislang nicht eindeutig geklärt.
Phase 2: Sächsische Besiedlung?
Einziges Indiz hierfür ist eine Abfallgrube innerhalb der Wallanlage, die Fundmaterial der 1. Hälfte bis Mitte des 8. Jhs. beinhaltete. Umstritten ist, ob sie die Burganlage oder eine Vorgängersiedlung datiert.
Phase 3: Karolingische Befestigung?
Belege für einen karolingischen Bau der Wallanlage liegen bislang nicht vor. Allein die historischen Zusammenhänge (Hinrichtung von 4500 Sachsen, die Einrichtung eines Bischofssitzes durch Karl d. Gr., die Nennung eines castrum) veranlassen die Historiker, eine karolingische Militärstation bei Verden zu vermuten, deren Standort sowohl beim Bischofssitz als auch bei der 'Alten Burg‘ angenommen wird (siehe oben). Eindeutige Belege gibt es dafür bislang aber an beiden Standorten nicht.
Phase 4: Befestigung des 10./11. Jhs.
Aus der Kieshinterschüttung wurden 8 Hölzer freigelegt, von denen ein C14-Datum von 970 +/- 75 Jahre gewonnen werden konnte. Es ist das einzig harte Indiz für den Nutzungszeitraum der Anlage. Die Grabungergebnisse gaben Hinweise, dass es sich bei der Kiesschüttung möglicherweise um eine Ausbesserungsphase handeln könnte.
Phase 5: Vor dem 14. Jh. fällt die Burganlage wüst.

1816 Einplanierung des Walls zur Gewinnung von Ackerland.
1846 Beim Bau des Bahndamms wurde mehr als die östliche Hälfte der Wallanlage 7 bis 8 m tief abgegraben.
(M. Jansen)

Baubeschreibung:

Die Burganlage liegt auf einem Geestabhang, der im Süden und Osten zur Allerniederung 12 bis 15 m steil abfiel. Im Westen und Norden wurde sie von einem halbkreisförmigen Wall abgeriegelt, während nach Süden und Osten die Steilhänge wohl als natürliche bzw. künstlich nachbearbeitete Hindernisse dienten. Die Burg wies einen Durchmesser von etwa 215 x 170 m auf und umfasste eine Innenfläche von ca. 2,4 Hektar.
Der Wall hatte eine Breite von 16 m, seine Front bestand aus knapp 3 m breiten Rasenplaggen mit einem Lehmkern, dahinter schloss eine 12,5 m breite Kieshinterschüttung an, die von einer 1,2 m breiten Rasensodenmauer als Rückfront abgeschlossen wurde. Vor der Wallfront lag eine leicht abschüssige, 7 m breite und 1 m in den Boden eingetiefte Berme, die in einen 14 m breiten und 4,20 m tiefen Spitzgraben mündete. Nach Berechnungen des Grabenaushubs wird von einer ursprünglichen Wallhöhe von knapp 4 m ausgegangen.
Auf der Wallinnenseite deutet eine treppenförmige Steinpflasterung auf einen Wallaufgang. Ein Durchlass wird aufgrund von älteren Planen auf der Nordostseite vermutet. Ansonsten fehlen jegliche Hinweise auf eine Innenbebauung sowie auf eine Vorburg.
(M. Jansen)

Arch-Untersuchung/Funde:

1959 Ausgrabung durch D. Schünemann und W. Schöttler sowie A. Genrich vom Landesmuseum Hannover.
1960 Begehung der Wallinnenfläche durch D. Schünemann.
1983 Grabung und Baubeobachtung, die auf eine Zweiphasigkeit des Grabens deuten könnten.
(M. Jansen)