Geschichte:
Ein Dorf "gutingi" wird erstmals 953 in den Quellen erwähnt. Die Stadt Göttingen ist vermutlich zwischen 1160 und 1170 durch Heinrich den Löwen gegründet worden, über die Verleihung der Stadtrechte existiert keine schriftliche Überlieferung. Die Stadt erscheint 1202 bei der welfischen Güterteilung als ein Zentralort, ohne dass sich daraus Näheres über die Gestalt der welfischen Präsenz vor Ort erkennen ließe. Die Burg war aber wahrscheinlich von Anfang an Bestandteil dieser planvollen Stadtgründung. Sie wurde dennoch erst 1298 erstmals ausdrücklich erwähnt, in den Urkunden erscheint sie auch unter den Namen Bolruz, Balrus oder Ballerhus. Nachdem 1286 das Fürstentum Braunschweig in die Linien Wolfenbüttel, Göttingen und Grubenhagen aufgeteilt wurde, muss sie die Funktion einer Nebenresidenz besessen haben. Nach der Wiedervereinigung des welfischen Erbes unter Herzog Otto 1318 verlor sie vorübergehend an Bedeutung, wurde aber 1345 Sitz des Fürstentums Göttingen. Eine Fehde zwischen der Stadt und Herzog Otto I. von Braunschweig-Lüneburg führte dazu, dass die Burg am 28. April 1387 von den Göttinger Bürgern zerstört wurde. Da sich der Konflikt für Göttingen erfolgreich gestaltete und die Stadt ein hohes Maß an Autonomie gegenüber den Herzögen gewann, wurde die Burg nicht wieder aufgebaut. (Stefan Eismann)
Bauentwicklung:
Eine Besiedelung der Kernburg und die Existenz des Doppelgrabens zwischen Haupt- und Vorburg ist für die Zeit um 1200 nachgewiesen. Um 1250 wurde der bis dahin mind. 2-3 m in die Burgfläche hineinragende Stadtwall abgetragen und durch eine Mauer ersetzt. In diesem Zug ist auch der Teil des Doppelgrabens an der Hauptburg verfüllt worden. Erst danach ist das erste, massive Steingebäude auf der Hauptburg nachgewiesen, vermutlich wurde es wie der Bergfried um 1300 errichtet. Auf diesen ersten Bau folgten noch zwei weitere Bauphasen.
1344 wird eine Kemenate des Herzogs erwähnt. Zwischen 1367 und 1370 wurde der Befestigungsring um Göttingen erweitert, die Burg befand sich seitdem nicht mehr in der äußersten Nordostecke der Stadt.
Um 1400 muss der äußere Graben der Vorburg zugefüllt worden sein, da er damals von einem Gebäude überbaut wurde. (Stefan Eismann)
Baubeschreibung:
Die Burg lag in der Nordostecke der Stadtbefestigung und war durch einen Burggraben von der Stadt getrennt. Um 1800 waren nach einer Zeichnung noch Reste der Burg vorhanden.
Die Ausgrabungen ergaben eine Aufteilung in Haupt- und Vorburg, die durch einen Doppelgraben von insg. 21,5 m Breite und 5,60 m Tiefe voneinander getrennt waren. Auf der Innenseite der Gräben wurden weder Spuren einer Mauer noch eines Walls aufgefunden. Das rechteckige Hauptburgareal umfasste eine Fläche von ca. 38 x 26 m Größe. Von der Innenbebauung wurden die Ausbruchgruben eines runden Bergfrieds von 7,5 m Durchmesser im Zentrum und Steinfundamentreste von drei übereinander liegenden Gebäudephasen erfasst. In der westlich gelegenen Vorburg zeugten nur wenige Spuren von der ehemaligen Bebauung. Ihr westliches Ende wurde bei den Ausgrabungen nicht erfasst, die genaue Ausdehnung ist somit unbekannt. Ein auf der Innenseite des Befestigungsgrabens entlanglaufender zweiter Graben, der in der Vergangenheit als zusätzlicher Befestigungsgraben oder Fundamentgraben einer Mauer interpretiert wurde, kann nach neuerer Forschung nicht mehr eindeutig der Befestigung zugewiesen werden; auch ist der parallele Verlauf zum Befestigungsgraben nicht gesichert. (Stefan Eismann)
Arch-Untersuchung/Funde:
Ausgrabung 1982-1984 und 1989/90 durch die Göttinger Stadtarchäologie. Eine zum Burgenbau gehörende Planierschicht erbrachte Funde von der Mitte des 11. Jhs. bis in die Zeit um 1200, was die These einer Entstehung im Zuge der Stadtgründung erhärtet. Ein Vorgängerbau wurde nicht festgestellt. (Stefan Eismann)