EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Hinterhaus I

Geschichte:

Die Burg ist urspr. Zentrum der Hft. Spitz und ab 1242 im Lehensbesitz der bayer. Herzöge. Die 1. Erwähnung erfolgt 1243 in einer Niederaltaicher Aufzeichnung als "castrum in monte". Die Kuenringer besitzen als Lehensträger der bayer. Herzöge die beiden Spitzer Burgen Hinterhaus und Niederhaus. 1355 gelangt Hinterhaus an die Hrn. v. Wallsee, 1385 an die Maissauer. 1409 wird die Burg zerstört, jedoch wieder aufgebaut und gelangt vor 1440 an die Hrn. v. Neidegg. 1463 wird die Burg abermals, diesmal vergeblich belagert, 1491 aber durch ungarische Truppen eingenommen. 1504 fallen die bayer. Besitzungen an den österr. Landesfürsten. Nach dem Ende der bayer. Hft. unbewohnt, wird die Burg bereits um 1500 als "Burgstall" bezeichnet. 1507 gelangt sie als freies Eigen an Eitelfritz v. Zollern, 1518 an Bernhard Kirchberger. In die 1. H. d. 16. Jhs. ist die Neubefestigung der Anlage, eine Reaktion auf die ersten Türkeneinfälle, zu setzen. 1590 gelangt der Besitz an Frh. Matthias Teufel, im selben Jahr an Hans Georg v. Kuefstein. 1620 wird die Burg zerstört und vermutlich nicht mehr instandgesetzt. Ab 1646 im Besitz der Geyer v. Osterburg, ab 1667 im Besitz der Abensperg-Traun. Von 1674 bis zur Grundentlastung im Besitz der Dietrichstein. In den Franzosenkriegen 1805 und 1809 kommt es zu neuerlichen Zerstörungen des Baues. 1871 kommt die Anlage an den Wiener Bürgerspitalfonds, 1918 an den Kriegsgeschädigtenfonds und später an die Österr. Bundesforste. Seit 1970 ist die Ruine im Besitz der MG Spitz, seit 1977 wird sie vom Spitzer Verkehrsverein betreut.
(G.R.)

Bauentwicklung:

Die erste Bauphase der Burg der 1. H. d. 13. Jhs. korrespondiert gut mit den urkundlichen Erstnennungen im Besitz der Kuenringer als Lehensträger der bayerischen Herzöge. Die vorbastionären Ausbauten der 1. H. d. 16. Jhs. lassen sich hingegen keiner historisch überlieferten Besitzerfamilie zuordnen.

Baubeschreibung:

Der Topographie folgend entstand eine regelmäßig-langgestreckte Burganlage von ca. 75 m Länge und max. 20 m Breite. Die terrassenförmige Anordnung ist durch den von SW nach NO absteigenden Felssporn bedingt. Auf der zentralen, höchsten Terrasse situiert ist die kastellförmige Hauptburg von ca. 30 x 16 m mit dem eingebundenen, quadratischen Bergfried an der bergseitigen, westl. Ecke. Der durchschnittlich 7,20 m Seitenlänge messende Turm wird ab dem 1. Obergeschoß durch Stiegenläufe in der Mauerstärke erschlossen. An der nördl. und südl. Turmecke sind im Putz die Anstellzonen des nur eckumgreifenden Berings erkennbar. Die urspr. Toranlage ist neben dem Turm im bergseitigen SW-Bering rekonstruierbar, wo Hinweise auf einen frühen Torbau erkennbar sind. Die Kastellform und die Struktur des Mauerwerks (lagerhaftes, grobblockiges Bruchsteinmauerwerk) datieren die Bauteile korrespondierend in die Zeit der 1. Nennung der Burg, in das 2. V. d. 13. Jhs. Eine komplexe, mehrphasige Gebäudegruppe verbaut mit 2 Flügel den nördl. Hofbereich. Die Gebäude des 14. - 16. Jhs. integrieren mit dem Bering verzahnte Teile des hochmittelalterlichen Palas des 13. Jhs. In einem Raum nordöstl. des Bergfrieds liegt der tiefe, heute gesicherte Brunnen- bzw. Zisternenschacht.
Ab dem späten Mittelalter erfolgen weitläufige Erweiterungen. Entlang der SO-Seite der Hochburg entstand vermutlich bereits im 14. Jh. eine kleine, 3-teilige Zwingeranlage mit der jüngeren, an diese Seite verlegten Zugangssituation. In Folgebauphasen kommt es zur Einbeziehung der talseitigen, tieferen Terrassen durch die großräumige nordöstl. Vorburg. Die geplant-regelmäßige, vorbastionäre Befestigung besitzt 2 flankierfähige, für Feuerwaffen konzipierte Rundtürme an der nordöstl. Torseite und einen kleinen Wirtschaftsbau auf der nördl. Felsterrasse. Dieser Ausbau ist mglw. als Folge einer der Kriegshandlungen des 15. Jhs. entstanden und in die 2. H. d. 15. Jhs. zu datieren. Etwas später erfolgt an der Bergseite die Überbauung des Halsgrabens durch eine regelmäßige, kleine Zwingeranlage, die analog zur Talseite, 2 schlanke flankierfähige Rundtürme besitzt. Im Gegensatz zur funktionellen NO-Vorburg ist die bergseitige Anlage bereits durch traditionell gestaltete Wehrelemente der frühen Renaissance bestimmt. Spezielle Detailformen, wie die nur noch bedingt verwendbaren Zierzinnen, Trichterscharten für Handfeuerwaffen und die schlanke überhöhende Form der Rundtürme datieren diesen Ausbau in die 1. H. d. 16. Jhs., als Reaktion auf die ersten Türkeneinfälle. Div. Terrassen und Mauerzüge am Anstieg, nordöstl. der Burg gehen auf später stark veränderte und durch Weinbauterrassen überbaute Vorwerke des Mittelalters zurück.
(G.R.)